Christian Solidarity International: Syrien zeigt, welche Folgen „falsche Politik des Westens“ hat

Pfarrer Peter Fuchs
privat

Christen in aller Welt sind nicht nur körperlicher Gewalt wie Ermordung, Vergewaltigung, Verletzung oder Vertreibung ausgesetzt, sondern werden auch mit politischen und rechtlichen Mitteln daran gehindert, ihre Religion zu leben. Diese Situation bildet den Hintergrund für das Gespräch von CNA Deutsch mit dem Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity International (CSI) in Deutschland, Pfarrer Peter Fuchs.

Welche Projekte von CSI liegen Ihnen besonders am Herzen?

Christian Solidarity International hat es sich zur Aufgabe gemacht, Christen aus allen Formen ungerechter Gefangenschaft zu befreien. Persönlich liegen mir daher unsere Befreiungsaktionen für christliche Sklaven im Sudan besonders am Herzen. Man könnte sagen, dass CSI im Sudan das Werk des heiligen Bischofs Daniel Comboni (1831–1881) fortführt, des großen Kämpfers gegen den Sklavenhandel und für die Würde des Menschen. Besonders freut mich, dass viele zwangsislamisierte Sklaven nach der Befreiung aus jahrelangem Leid mit Begeisterung zum christlichen Glauben zurückfinden. Bestimmt ist uns hier die Patronin des Sudan, die heilige Josefine Bakhita, die ja selbst über 20 Jahre lang das Martyrium der Sklaverei durchstehen musste, mächtige Fürsprecherin. Als Josefine 1947 in Italien als Ordensfrau starb, zeigte sich, wie stark sie vom Übel der Sklaverei geprägt wurde. Noch im Todeskampf rief sie aus: „Bitte löst die Ketten, sie sind so schwer!“

Sehr wichtig ist mir auch unser langjähriger Einsatz für die Menschen in Syrien, der Wiege des Christentums. Das Beispiel Syrien zeigt, wie eine falsche Politik des Westens zum Untergang eines ganzen Landes beiträgt. Die gegen Syrien gerichteten Sanktionen von USA und EU führen zu einer dramatischen Verelendung der syrischen Zivilgesellschaft und sind derzeit eine der wichtigsten Fluchtursachen. Die christliche Minderheit – konstitutiver Teil der syrischen Gesellschaft – ist besonders stark von der Migrationsdynamik betroffen. Manche gehen davon aus, dass aufgrund der Abwanderung in 30 Jahren kein Christ mehr in Syrien leben wird. Deshalb setzt sich CSI als christliche Menschenrechtsorganisation für die sofortige Aufhebung der Wirtschaftssanktionen ein. Die Diplomatie des Heiligen Stuhls tut dies übrigens auch.

Was ist die aktuelle Lage der Christenverfolgung in Europa und im Westen durch säkulare Intoleranz? Was führte dazu, dass so etwas im einst katholischen Europa möglich ist?

Wir alle stellen im Alltagsleben zunehmend fest, dass machtvolle Akteure in unseren westlichen Gesellschaften nicht nur christliche Symbole und christliche Feste unterdrücken oder uminterpretieren. Auch das christliche Menschenbild bekämpfen sie. Ich erinnere nur an den Fall der finnischen Parlamentarierin und ehemaligen Innenministerin Päivi Räsänen, die sich seit Jahren wegen angeblicher „Hassrede“ vor Gerichtstribunalen verantworten muss, weil sie Bibelverse zitiert und gemeinsam mit dem lutherischen Bischof Juhana Pohjola eine Broschüre zur christlichen Sicht auf Ehe und Familie herausgegeben hatte.

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Ich meine, dass wir die Hintergründe dieser säkularen Intoleranz, wie Sie es nennen, geistlich verstehen müssen. Die Mächte der Lüge können die Wahrheit nicht ertragen und bekämpfen sie. Christus kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf, so lesen wir im Prolog des Johannesevangeliums. Die Mächte der Finsternis hassen das Licht. Und je mehr das einstmals christliche Europa sich der christusfeindlichen Finsternis zuwendet, umso stärker werden die Kämpfe gegen alles Christliche werden.

In Pakistan gibt es die sogenannten Blasphemiegesetze, mit denen Christen angeklagt werden. In Nigeria wird ein offener Dschihad gegen Christen geführt. Wurzeln diese Verfolgungen im theologischen Islam selbst?

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Tatsächlich sind in der islamischen Rechtstradition Apostasie, Häresie, Unglaube und Blasphemie nicht unabhängig voneinander zu betrachten, sie sind untrennbar. Schon die Bezeugung der Gottessohnschaft Jesu gilt islamischen Rechtsgelehrten als Blasphemie. Man kann also sagen, dass die Blasphemiegesetze in Pakistan – die übrigens auch regelmäßig zu Opfern unter Muslimen führen – und die blutige Verfolgung von Christen in Nigeria einer einzigen religiösen Tradition entspringen. Dabei sehen wir in Nigeria am Beispiel der verheerenden Gewalt der Fulani-Nomaden gegen Christen, wie sich die religiöse Ideologie des Dschihad mit ganz konkreten wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen verbindet. Leider scheinen viele Beobachter im Westen nur die wirtschaftliche Komponente der täglichen Gewalt im Zentrum Nigerias zu erkennen. Sie stellen den Terror der Fulani gegen christliche Bauern als Folge des Klimawandels und einen Kampf um Ressourcen dar. Die religiöse Dimension aufgrund der im Volk der Fulani tief verwurzelten Idee des Dschihad kann oder will der durchschnittliche westliche Beobachter nicht erkennen.

Wie halten die verfolgten Christen diese schlimmen Situationen durch?

Immer wieder bin ich begeistert und zugleich beschämt vom Zeugnis der verfolgten Christen. In allem Leid verlieren sie ihr Gottvertrauen nicht. Und sie bleiben im schweren Alltag Salz der Erde und Licht der Welt. Gott begleitet die verfolgte Kirche durch seine sorgende Hand. Von manchen Christen erfuhr ich, dass Gott sie in Verfolgungssituationen auf wunderbare Weise bewahrt und gerettet habe.

Ergreifend ist auch, was derzeit in Syrien geschieht. Obwohl die Christen während des Krieges massiv unter dem Terror der Islamisten gelitten hatten, helfen sie heute ihren muslimischen Landsleuten durch humanitäre Programme ganz selbstverständlich. Dieses gute Beispiel, die zur Versöhnung ausgestreckte Hand, führt dazu, dass nicht wenige Muslime sich dem Christentum zuwenden.