Welche Konsequenzen müssen Christen aus dem Fall Jana Highholder an der Uni Tübingen ziehen?

Ludwig Brühl von ADF International
Screenshot von YouTube

CNA Deutsch sprach mit Ludwig Brühl, dem Kommunikationschef der Rechtshilfe-Organisation ADF International, über den linken Protest an der Universität Tübingen gegen die christliche Influencerin Jana Highholder und über die Methoden, christliche Referenten zu canceln.

Warum haben gerade linke bis linksextreme Gruppen eine starke Abneigung, bis hin zum Hass gegen gläubige Christen, die versuchen, christliche Moral zu leben?

Das frage ich diese Menschen auch immer, wenn ich sie treffe. Grundsätzlich treffen hier offenbar komplett verschiedene Weltanschauungen aufeinander. Der Unterschied liegt in dem Verständnis von Freiheit. Christliche Moral ist der Versuch, durch Tugend und Selbstdisziplin freier zu werden, zu einer echten Freiheit zu gelangen, die einen für das Gute befähigt. Das heißt an sich selber zu arbeiten und schlechte Dinge abzulegen, die uns auf dem Weg der Freiheit zurückhalten.

Die „linke“ Idee von Freiheit ist es, von jeglichen (moralischen) Beschränkungen unabhängig zu sein. Freiheit ist hier die komplette Abwesenheit von Orientierung, Grenzen und objektiven Zielen bis hin zur kompletten Sinnlosigkeit. Aber wie Ratzinger einmal treffend beschrieben hat: Nach der Relativierung von absoluten Gütern kommt die Absolutierung des Relativen. Das ist einer der Gründe für den absolutistischen Fanatismus, der sich so oft gegen Christen richtet.

Den Veranstaltern der Hochschultage wird unter anderem „Fundamentalismus“ vorgeworfen – ein Framing, das immer häufiger zu hören ist. Was ist die Ursache und das Ziel dieses Framings?

Die Idee eines Frame (Rahmen) ist es, Menschen in ein bestimmtes Licht zu rücken und kommunikativ in einem dem Sprecher genehmen Bildausschnitt „einzusperren“. Die Ironie besteht darin, dass Gesprächsverweigerung, fundamentalistische Ideologie und Gewaltandrohung gerade auf Seiten der Cancel Culture Mobs zu finden sind.

Entspanntheit und Humor sind wahrscheinlich die beste Möglichkeit für Christen, auf ein so absurdes Framing zu reagieren, das eher eine Selbstbeschreibung ist als alles andere. Nur sollten wir aufpassen, das Framing der Gegner nicht zu wiederholen, oder uns sogar im vorauseilenden Gehorsam von Begriffen zu distanzieren, über die wir nicht die Deutungshoheit haben.

Außerdem versuchen die Organisatoren der Gegendemonstration, eine Verbindung zu „rechtsextremistischen Positionen“ zu konstruieren. Stimmt dieser Vorwurf?

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Medial gilt seit einiger Zeit „Rechts sells“ statt „Sex sells“. Die wahllose Zuschreibung von politisch wenig schmeichelhaften Attributen sollte keinen Christen mehr schrecken. Unsere Berufung ist es, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein, nicht tiefe Weihwassergräben um unsere Elfenbeintürme zu bauen. Dafür werden Christen angegriffen – heute genauso wie früher. Die Aufgabe, Verantwortung zu übernehmen, für sich selbst, die Familie und das eigene Volk, wird dadurch nur noch spannender.

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Die beiden Hochschulgruppen KHG und ESG verstehen den christlichen Glauben als „ein stetiges Hinterfragen, eine Pluralität von Haltungen und Meinungen“. Warum aber werden Menschen, die z. B. das christliche Lebensrecht verteidigen, von dieser „Pluralität“ ausgeschlossen?

Christentum ist Beziehung mit Gott, der Mensch geworden ist, eine spannende Reise und ein klares Verfolgen von großen Idealen. Kein „stetiges Hinterfragen“ in Stuhl- und Arbeitskreisen mit ewiggestrig langweiligen Strukturdiskussionen. Christentum ist da authentisch und interessant, wo es Orientierung, Klarheit und überwältigende Schönheit bietet.

Aber KHG- und ESG-Funktionäre sind Vertreter der modernen Linken, die, durch Herbert Marcuse geprägt, Diskursverweigerung zum eigenen Programm macht. Die selektive Toleranz hat also Programm und ist auch der Ursprung dieser absolutistischen Cancel Culture.

Wie kann man sich als gläubiger Christ am besten gegen diese Meinungsmache wehren?

Wir brauchen mutiges Bekenntnis. Die Antwort muss sein, die Wahrheit in Liebe zu sagen. ADF International hat die Mission, das Recht aller Menschen zu verteidigen, die Wahrheit zu leben und zu sagen. Die Grundrechte, die das schützen, sind wie Muskeln: Man muss sie benutzen, um sie zu stärken. Neben gesunden Familien ist Gemeinschaft die beste Waffe gegen Entmutigung und Verbitterung. Erneuerung wird aus Sinngemeinschaften kommen.

Und zuletzt wehrt man sich am besten gegen Meinungsmache, in dem man Meinungen macht. Soll heißen, wir brauchen Menschen, die medial aktiv über ihren Glauben reden, und ihre Liebe zu Jesus und den Mitmenschen zeigen. Die Welt, und die GenZ vor allem, braucht glaubensstarke Antworten auf die politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit.

Was sollte man als Student, aber vielleicht auch im Berufsleben aus juristischer Sicht über die Meinungsfreiheit von Christen wissen?

Christliche Überzeugungen sind von der Meinungs- und der religiösen Freiheit geschützt. Es lohnt sich zuversichtlich seine Haltungen zu vertreten. Sollte man Probleme bekommen, ist es gut bei unseren Rechtsexperten von ADF International nachzufragen, aber gleichzeitig immer professionell und freundlich zu bleiben.

Auch wenn das Bekenntnis und der Diskurs rechtlich stark geschützt ist, gibt es viele Zensurversuche. Dagegen vorzugehen, mit Gelassenheit und auf der Basis von fundiertem Wissen ist ein wichtiger Dienst an unserer Gesellschaft. Der Rechtsweg, oder auch ein nachdrückliches Schreiben eines Anwalts, kann manchmal Wunder bewirken.