Bischof Algermissen: Müsste man Hirntod-Konzept „als sicheres Todeszeichen“ aufgegeben?

Bischof Heinz-Josef Algermissen
Bistum Fulda

Heinz Josef Algermissen, der ehemalige Bischof von Fulda, hat die Frage in den Raum gestellt: „Müsste das Hirntod-Konzept als sicheres Todeszeichen nicht aufgegeben werden?“ In einem Leserbrief an die katholische Wochenzeitung „Die Tagespost“ (aktuelle Ausgabe) ging er auf das Hirntod-Kriterium und die neuesten Entwicklungen auf diesem Gebiet ein.

Neurologische Forschungen, so Algermissen, „legen nahe, dem Gehirn nicht jene Integrationsfunktion für den Gesamtorganismus zuzusprechen, die es erst plausibel machte, Menschen beim unumkehrbaren Verlust aller Hirnfunktionen tatsächlich für tot zu erklären“.

Während Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 erklärte, „dass das heute angewandte Kriterium zur Feststellung des Todes, nämlich das völlige und endgültige Aussetzen jeder Hirntätigkeit, nicht im Gegensatz zu den wesentlichen Elementen einer vernunftgemäßen Anthropologie steht, wenn es exakt Anwendung findet“, sehen manche Beobachter dies anders.

Der Philosoph und Lebensrechtler Josef Seifert etwa sagte im vergangenen Jahr, für ihn stehe die Seele, die nicht auf die Funktionen des Gehirns reduziert werden könne, im Mittelpunkt des Menschseins. Die Organentnahme bei Hirntoten sei eine Praxis, die dringend überdacht werden müsse, sowohl aus philosophischen als auch aus ethischen Gründen. Er warnte davor, den Menschen nur als Mittel zum Zweck zu sehen und ihm seine grundlegende Würde abzusprechen.

Algermissen erläuterte nun: „Der hirntote Mensch befindet sich in einem durch externe, intensivmedizinische Maßnahmen angehaltenen Transitus. Er wird am Abschluss seines schon begonnenen Sterbens gehindert. Dieser durch die Möglichkeiten der Intensivmedizin künstlich erzeugte Zustand weist sowohl Merkmale des Lebens wie Temperaturregelung und Reflexbewegungen als auch Merkmale des Todes auf, was die Bestimmung seines ontologischen wie moralischen Status so schwierig macht.“

Vor diesem Hintergrund stellten sich die Fragen: „Handelt es sich also wirklich um einen Leichnam, der lediglich noch so aussieht wie ein lebendiger Mensch? Oder handelt es sich bei einem Hirntoten nicht vielmehr um einen bloß Todgeweihten?“

„Wenn wir ehrlich wahrnehmen, dass Organe Sterbenden bei Terminaldiagnose Hirntod entnommen werden, nicht erst nach Eintritt des Todes, für den der Hirntod als sicheres Zeichen nicht mehr taugt, zeigt sich umso deutlicher, was Organspende eigentlich ist: ein Geschenk jenseits aller Selbstverständlichkeit, eine ‚hochherzige Gabe‘ (Papst Johannes Paul II.), die man niemandem abverlangen, höchstens bewundern kann“, so Algermissen.

„Eine Organtransplantation ist nicht vergleichbar mit einer Reparatur, bei der ein defektes Teil ausgetauscht wird“, stellte er klar. „Ein Mensch hat nicht nur einen Leib, sondern er ist dieser geistdurchwirkte Leib. Über solche Fragen zu sprechen, fordert die Wahrhaftigkeit.“

Mehr in Deutschland - Österreich - Schweiz

Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.

Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.