Präventions-Experte Zollner fordert Entscheidung über Zukunft von Kardinal Woelki

Pater Hans Zollner SJ
screenshot / YouTube / EWTN

Über den offiziell weiter ungeklärten Umgang mit dem Rücktrittsangebot von Kardinal Rainer Maria Woelki sagte Pater Hans Zollner SJ: „Es ist eine Frage der Transparenz und Fairness gegenüber allen Beteiligten, dass überhaupt eine Entscheidung getroffen wird.“ Zollner ist ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Prävention und Aufarbeitung von Missbrauch.

Man solle sich nicht ständig in einem „Graubereich“ bewegen, ergänzte er gegenüber der taz, „das nämlich vermittelt den Eindruck der Verweigerung von Verantwortungsübernahme auf allen Seiten“.

So forderte der Jesuit, ein ehemaliges Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission, eine zügige Entscheidung über die Zukunft des Kölner Erzbischofs – eine Entscheidung, die letztlich dem Papst obliege.

Im Jahr 2021 bestätigte Papst Franziskus Kardinal Rainer Maria Woelki noch im Amt als Kölner Erzbischof. Zuvor hatte es eine Apostolische Visitation gegeben, die nach einem Missbrauchsgutachten folgte, das Woelki entlastete. Die Visitation sollte mögliche Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen untersuchen.

Allerdings fand der Vatikan keine Hinweise auf rechtswidriges Verhalten Woelkis. Er lobte dessen Aufklärungswillen, kritisierte jedoch gravierende Kommunikationsfehler, die eine Vertrauenskrise im Erzbistum ausgelöst hatten.

Trotz offizieller Entlastung sah sich Woelki weiterhin massiver Kritik ausgesetzt – von Medien, kirchlichen Gruppen und einzelnen Bischöfen. Ein Mitglied des Betroffenenbeirats berichtete, der Kardinal habe zwischenzeitlich über Rücktritt nachgedacht, sich dann aber entschieden, den Weg der Aufarbeitung weiterzugehen.

2022 reichte Woelki dann sein Rücktrittsgesuch bei Papst Franziskus ein. Franziskus reagierte jedoch nie, weder durch Annahme noch durch Ablehnung. 

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Zollner äußerte sich auch zu möglichen Erwartungen an den neuen Papst: „Ich glaube, dass er auf jeden Fall das weiterführen wird, was Franziskus in diesem Bereich getan hat.“

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In diesem Zusammenhang erinnerte er daran, dass Franziskus „im vatikanischen Bischofsministerium drei Frauen als Beraterinnen etabliert“ habe – „gegen den Widerstand von etlichen Leuten in der Behörde, die ja ausschließlich über Männer bestimmt“.

Hinsichtlich der seelsorglichen Begleitung homosexueller Menschen und solcher, die sich allgemein als LGBT bezeichnen, erwarte er Kontinuität: „Ich glaube auch, dass Leo das weiterführen wird, was Franziskus mit Blick auf queere Personen vorgelebt hat. Das heißt freundliche Zuwendung und pastorale Nähe.“ Lehramtliche oder moraltheologische Veränderungen seien hingegen schwer einzuschätzen: „Dazu kenne ich seine Positionen zu wenig.“

In Bezug auf die strukturelle Bekämpfung sexualisierter Gewalt in der Kirche hält Zollner organisatorische Reformen für dringlich. Die Präsenz von Frauen in kirchlichen Leitungsfunktionen könne zwar das Miteinander verändern, doch reiche das nicht aus, um Missbrauch effektiv vorzubeugen: „Aber mehr Frauen in derselben, überkommenen Struktur würden an den Risikofaktoren meines Erachtens nichts ändern.“

Vielmehr gehe es um tragfähige Kontrollsysteme und klare Verantwortlichkeiten: „Da müssen wir wirklich tiefer ansetzen. Da müssen wir schauen, wie zum Beispiel Kontrollmechanismen funktionieren, wie Supervision geht, welche Fortbildungsmaßnahmen verbindlich eingeführt werden und wie nachhaltig Rechenschaftspflicht abgelegt werden muss.“

Auch die Päpstliche Kommission zum Schutz von Minderjährigen müsse sich grundlegend neu aufstellen. Zollner erklärte: „Ich glaube, dass sich die Struktur und Aufgabenstellung der Kommission ändern muss.“

Seit seiner eigenen Rückzugsentscheidung 2023 sei inhaltlich „nichts wirklich Grundlegendes passiert“. Dass Kardinal Seán O’Malley OFMCap weiterhin Vorsitzender der Kommission sei, obwohl er als Erzbischof von Boston aus Altersgründen zurückgetreten sei, bezeichnete Zollner als Ausdruck des Reformstaus. „Da ist jetzt zu erwarten, dass sich da etwas strukturell und inhaltlich tut und klärt“, sagte er. Auf die Frage, ob sich auch personell etwas ändern müsse, antwortete er knapp: „Natürlich.“