Vatikanstadt - Mittwoch, 28. Mai 2025, 16:00 Uhr.
Am vergangenen Sonntag hat Papst Leo XIV. sich erstmals öffentlich an die chinesischen Katholiken gerichtet. Leo ist der erste Papst, der – natürlich vor seiner Wahl am 8. Mai – bereits das kommunistisch regierte Land besucht hat. Er bat am Sonntag um Gebete für die Katholiken in China, damit sie in Gemeinschaft mit dem Heiligen Stuhl leben können, wie Euronews berichtete.
In seiner Ansprache vom Fenster des Apostolischen Palastes aus vor rund 35.000 Gläubigen erinnerte der Pontifex an den am 24. Mai begangenen Weltgebetstag für die Kirche in China. Dieser Gebetstag wurde ursprünglich von Papst Benedikt XVI. ins Leben gerufen, um die gespaltenen katholischen Gemeinden in China zu vereinen.
Papst Leo XIV. stellte fest, dass am Festtag „in den Kirchen und Heiligtümern in China und in der ganzen Welt Gebete zu Gott gesandt wurden als Zeichen der Sorge und Zuneigung für die chinesischen Katholiken und ihre Gemeinschaft mit der Weltkirche“.
Er betete dafür, dass die Katholiken in China und anderswo „die Gnade erhalten mögen, starke und freudige Zeugen des Evangeliums zu sein, auch inmitten von Prüfungen, um stets Frieden und Harmonie zu fördern“.
Als erster amerikanischer Papst der Geschichte steht Papst Leo XIV. vor der schwierigen Aufgabe, die Beziehungen zwischen dem Vatikan und China zu navigieren, die vor über 70 Jahren offiziell abgebrochen wurden.
Kardinal Stephen Chow von Hongkong berichtete in einem Video-Interview mit der Wochenzeitschrift seiner Diözese, dass Robert Francis Prevost OSA, wie der Pontifex mit bürgerlichem Namen heißt, „China mehr als einmal besucht und die chinesische Kultur und Wirklichkeit kennengelernt“ habe.
„Ich glaube, er wird gerne die Richtung fortsetzen, die Papst Franziskus eingeschlagen hat“, äußerte Chow seine Erwartung bezüglich Leos künftiger China-Politik. Der Kardinal vertraue darauf, dass der Pontifex „die Multikulturalität Asiens berücksichtigen“ werde.
Human Rights Watch hat den neuen Papst bereits aufgefordert, eine dringende Überprüfung des 2018 geschlossenen Abkommens zwischen dem Vatikan und China zu veranlassen.
Die Menschenrechtsorganisation kritisierte, dass die chinesische Regierung weiterhin Geistliche installiere, die auf der Linie der Kommunistischen Partei agieren. Daher forderte sie Leo XIV. auf, die Freilassung mehrerer inhaftierter katholischer Geistlicher zu erwirken.
Auch der frühere Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen SDB, warf laut Domradio dem Vatikan bereits 2015 Naivität gegenüber der chinesischen Diktatur vor.
2018 sprach er von einem „unglaublichen Verrat“ des Vatikans an den sogenannten Untergrundchristen, die nicht mit der chinesischen Regierung kooperieren, sondern der Kirche treu bleiben, und kritisierte, Papst und Vatikan schädigten durch das Abkommen mit dem Regime in Peking ihre moralische Autorität. Zen wurde 2022 sogar verhaftet und beschuldigt, mit ausländischen Kräften zusammenzuarbeiten.
Das China-Abkommen: Ein umstrittener Kompromiss
Das provisorische Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China über die Ernennung von Bischöfen wurde am 22. September 2018 unterzeichnet.
Diese Vereinbarung beendete einen seit den 1950er Jahren schwelenden Konflikt über die Frage, wer katholische Bischöfe in China ernennen darf. Bis heute wurde der vollständige Text des Abkommens nie veröffentlicht und blieb geheim.
Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.
Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.
Nach Angaben des Heiligen Stuhls ermöglicht die Vereinbarung, dass Gläubige „Bischöfe haben, die sowohl in Einheit mit Rom stehen, als auch von den chinesischen Autoritäten anerkannt werden“.
Unter dem Abkommen schlägt Peking künftige Bischöfe vor, während der Papst ein Vetorecht über diese Ernennungen besitzt. Der damalige Vatikansprecher Greg Burke betonte 2018, es handle sich nicht um ein politisches, sondern ein pastorales Abkommen. Das genaue Verfahren zur Bischofsernennung ist der Öffentlichkeit nicht bekannt.
Die Vereinbarung wurde bereits dreimal verlängert – 2020 und 2022 jeweils um zwei Jahre, im Oktober 2024 dann um vier Jahre. Diese Verlängerung um eine doppelt so lange Zeitspanne gilt als Signal für eine Verstetigung der Beziehungen.
Seit Inkrafttreten des Abkommens wurden etwa zehn Bischöfe ernannt und geweiht, und Peking erkannte offiziell die öffentliche Rolle mehrerer zuvor nicht anerkannter Bischöfe an.
Ein positives Ergebnis war beispielsweise die offizielle Anerkennung des 95-jährigen Untergrundbischofs Melchior Shi Hongzhen als Leiter des Bistums Tianjin durch die chinesische Regierung im August 2024.
Allerdings hält sich die chinesische Seite nicht immer an die Vereinbarung. Im November 2022 warf der Vatikan der chinesischen Regierung vor, die Bestimmungen des Abkommens zu verletzen.
Während der Sedisvakanz nach dem Tod von Papst Franziskus im April 2025 „wählte“ die Diözese Xinxiang den Priester Li Janlin zum Bischof, ohne dass der Heilige Stuhl diese Ernennung anerkennen oder ratifizieren konnte, da noch kein neuer Papst gewählt war.
Die gespaltene katholische Kirche in China
Die katholische Kirche in China existiert seit Jahrzehnten in einer Spaltung. Laut amtlichen Angaben gehören etwa sechs Millionen Katholiken in China der staatlich unterstützten Chinesischen Katholisch-Patriotischen Vereinigung an. Diese erkennt die Autorität des Vatikans nicht an.
Schätzungsweise weitere sechs Millionen stehen demgegenüber loyal zum Papst und zählen zur sogenannten Untergrundkirche.
Die Chinesische Katholisch-Patriotische Vereinigung darf seit 1957 bzw. seit dem Ende der Kulturrevolution mit staatlicher Erlaubnis aktiv sein. Sie steht unter starkem Einfluss der Kommunistischen Partei und ist Teil des Einheitsfrontsystems.
Gegen die Mitglieder der Untergrundkirche kommt es dagegen regelmäßig zu staatlichen Sanktionen. Priester und Bischöfe werden verhaftet oder verhört. Die Untergrundkatholiken sind Repressalien und Verfolgung durch die Regierung ausgesetzt.
Seit Anfang 2010 haben die Repressionen gegen Christen wieder zugenommen. In der Provinz Henan und anderen Provinzen wurden Kreuze von Kirchendächern abmontiert, Minderjährigen wurde der Zutritt zu Gotteshäusern verboten und katholische Kindergärten sollen geschlossen werden. Sicherheitskräfte stürmten Messen, um Kinder aus dem Gottesdienst zu zerren, und die Behörden verboten den Online-Verkauf von Bibeln.