Was hat es mit den Bildern der Muttergottes in einer U-Bahn-Station im Iran auf sich?

Iranische Flagge
Akbar Nemati / Unsplash

In dieser Woche sind die sozialen Medien mit Bildern überschwemmt worden, die angeblich eine U-Bahn-Station im Iran mit dem Namen „Jungfrau Maria“ zeigen. Die Fotos verbreiteten sich schnell und lösten eine breite Debatte aus zwischen denen, die dies als seltenen Gestus der Offenheit begrüßten, denen, die es als inszenierte Aktion zur Imagepflege des Regimes abtaten, und anderen, die sich einfach fragten: Gibt es das überhaupt?

Laut den im Internet kursierenden Beiträgen befindet sich die Station „Jungfrau Maria“ auf der Linie 6 der Teheraner U-Bahn in der Nähe der armenischen Kathedrale des heiligen Sarkis. Die Bilder zeigen eine Wand mit einem Kunstwerk der Jungfrau Maria neben einer Kirche, vermutlich der Kathedrale selbst.

Für viele Menschen auf der ganzen Welt war die Vorstellung einer nach der Mutter Jesu benannten U-Bahn-Station im Iran eine Überraschung. Andere sahen darin jedoch eine Übereinstimmung mit der schiitischen Kultur, die ebenfalls die Jungfrau Maria verehrt. Einige interpretierten es als einen Versuch, die religiöse Vielfalt des Landes hervorzuheben.

Dennoch waren nicht alle überzeugt. Viele argumentierten, ein solcher Schritt sei nicht mit der bisherigen Haltung der Islamischen Republik gegenüber religiösen Minderheiten vereinbar. Einige behaupteten schnell, die Bilder seien KI-generiert, während andere sie als Propaganda abtaten, die darauf abziele, dem internationalen Publikum ein toleranteres Bild des Regimes zu vermitteln.

Auf dem offiziellen X-Konto der iranischen Botschaft in Jerewan wurde die Station als „ein schönes Zeichen der Koexistenz zwischen Iranern und der armenischen Gemeinschaft“ beschrieben. In Wirklichkeit entspricht diese sogenannte „Koexistenz“ jedoch bei weitem nicht den internationalen Standards für Religionsfreiheit und Menschenrechte.

Das iranische Recht verbietet beispielsweise die Evangelisierung oder die Konversion vom Islam zum Christentum und setzt strenge religiöse und soziale Vorschriften durch. Während des Monats Ramadan ist es niemandem, unabhängig von seiner Glaubenszugehörigkeit, gestattet, in der Öffentlichkeit zu essen, und während des Muharram ist es Anhängern aller Religionen untersagt, Hochzeiten oder Feiern abzuhalten. Darüber hinaus wird die Hijab-Pflicht für Frauen weiterhin streng durchgesetzt, während religiöse Minderheiten weitgehend von staatlichen Beschäftigungsverhältnissen ausgeschlossen sind, sodass sich Gemeinschaften wie die armenischen Christen oft wie Bürger zweiter Klasse fühlen.

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Und selbst wenn die Bilder echt sind und die U-Bahn-Station eine symbolische Geste gegenüber Christen, insbesondere armenischen Christen, darstellt, erinnert sie doch an eine härtere Realität: Christen im Iran sind aufgrund ihres Glaubens weiterhin Verhaftungen, Folter und Inhaftierungen ausgesetzt.

Im Februar 2024 verurteilte ein iranischer Richter Hakop Gochumyan zu einer Gefängnisstrafe, weil er sich an sogenannten „illegalen christlichen Aktivitäten” beteiligt hatte. Laut dem Jahresbericht 2024 von Article18, einer in London ansässigen gemeinnützigen Organisation, die sich für verfolgte iranische Christen einsetzt, wurden im Jahr 2023 insgesamt 166 Gläubige verhaftet – ein Drittel davon lediglich, weil sie mehr als ein Exemplar der Bibel besaßen.

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Doch trotz dieses Klimas der Verfolgung wächst das Christentum im Iran weiter. Im Jahr 2021 schätzte Open Doors, dass fast 800.000 Iraner vom Islam zum Christentum konvertiert waren – ein bemerkenswerter Trend, der im Verborgenen und im Schweigen fortbesteht.

Dieser starke Kontrast zwischen Symbol und Substanz, zwischen Image und Realität, deutet darauf hin, dass die Debatte um die sogenannte U-Bahn-Station „Jungfrau Maria“ weit über Fragen der Authentizität hinausgeht. Er unterstreicht, wie das iranische Regime religiöse Symbolik strategisch einsetzt, um seine politische Narrative zu verstärken. Wie viele autoritäre Systeme nutzt Teheran Kultur und Glauben als Waffen, um sein Image im Ausland neu zu gestalten, während es seine Innenpolitik unverändert beibehält.

Übersetzt und redigiert aus dem Original von ACI MENA, der arabischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.