Vatikan weist Bischöfe der Weltkirche an, bei Missbrauchsvorwürfen Anzeige zu erstatten

Petrus mit dem Schlüssel
ewaniek / Pixabay (CC0)

Die Glaubenskongregation des Vatikans hat die Bischöfe der Katholischen Kirche angewiesen, Vorwürfe sexuellen Missbrauchs gegen Minderjährige zu untersuchen, selbst wenn diese unbegründet scheinen – und daran erinnert, dass sie riskieren, ihr Amt zu verlieren, wenn sie diese ignorieren oder vertuschen.

Auch in Ländern, wo keine Pflicht zu einer solchen Anzeige besteht, muss ein Missbrauchsverdacht den staatlichen Behörden gemeldet werden, betont die Behörde in einem heute veröffentlichen Leitfaden.

Nicht Regelwerk, sondern Instrument

Im Mai vergangenen Jahres hatte der Vatikan bereits die Meldepflicht für Missbrauch in allen Bistümern der Kirche bis zum Jahr 2020 eingeführt, sowie eine klare juristische Einordnung sexueller Gewalt gegen Seminaristen oder Ordensfrauen durch Kardinäle, Bischöfe und andere Amtsträger. Das am heutigen Donnerstag vorgelegte Handbuch soll nun ein Instrument sein: Es soll helfen, die Vorschriften in Vos estis Lux Mundi umzusetzen.

Kardinal Luis Ladaria, der Präfekt der Glaubenskongregation, erklärte dazu am 16. Juli, dass mit dem neuen Handbuch also keine neuen Gesetze oder Regelwerke aufgestellt worden sind, sondern deren Umsetzung konkret den Bischöfen und anderen Verantwortlichen erklärt werde, wenn es um sogenannte Delicta Graviora geht – also schwere Straftaten: Von deren Meldung bis zur endgültigen Klärung aller Vorwürfe.

"Zwischen diesen beiden Extremen gibt es Zeiten zu beachten, Schritte zu unternehmen, Kommunikation zu aktivieren, Entscheidungen zu treffen", so Ladaria. Wie? Das erkläre das nun von der Kongregation vorgestellte Handbuch den Verantwortlichen.

Im Mittelpunkt des Handbuchs, das in neun Abschnitten auf über 30 Seiten den Prälaten der Weltkirche als Vademecum dienen soll, steht der Schutz von Opfern sexueller Gewalt durch Kleriker. So wird auch ein rechtes Maß an Diskretion angemahnt, um diese zu schützen.

Ob und wie sich das Handbuch bewährt: Das wird sich daran messen müssen, ob und wie es auch angewandt wird. 

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Vos Estix Lux Mundi

Das im Mai vergangenen Jahres in Kraft gesetzte Regelwerk gegen Missbrauch geht auch gegen einen weiteren schweren Missbrauch von Autorität vor, der im Zuge der Kirchenkrise als weltweites Problem publik wurde: Die systematische Vertuschung sexueller Gewalt.

Papst Franziskus hat die Laufzeit der Regeln von Vos estis erst einmal auf drei Jahre beschränkt, um diese gegebenfalls zu korrigieren oder nachzubessern. Sie traten mit Wirkung zum 1. Juni 2019 in Kraft.

"Ihr seid das Licht der Welt", wie das Schreiben in deutscher Übersetzung heißt, stellt den Schutz Minderjähriger sowie aller Schutzbedürftiger in den Mittelpunkt. Dazu gehören auch Personen, die direkt der Autorität eines kirchlichen Vorgesetzten unterstellt sind, etwa Seminaristen und junge Priester.

"Die Verbrechen sexuellen Missbrauchs beleidigen unseren Herrn, verursachen physische, psychische und spirituelle Schäden bei den Opfern und verletzten die Gemeinschaft der Gläubigen", heißt es im Vorwort des Schreibens. 

Um sexuelles Fehlverhalten zu beenden sei "eine ständige und tiefe Umkehr der Herzen" erforderlich, die jedoch auch "durch konkrete und wirksame Handlungen bezeugt sind", fährt das Schreiben im Wortlaut fort.

Der Anwendungsbereich des Motu Proprio bezieht sich sowohl auf Straftaten gegen das Sechste Gebot - zu denen sexuelle Gewalt und Missbrauch in allen Formen gehört, bis hin zum Besitz oder der Verbreitung kinderpornografischer Bilder - sowie der Verdeckung und Vertuschung solcher Verbrechen.

Jeder Geistliche ist verpflichtet, schwerwiegende Verdachtsfälle oder Vorwürfe sexueller Gewalt umgehend zu melden. Dabei muss der Schutz der meldenden Person gewährleistet sein. Betroffenen und ihren Familien wird neben dem Schutz der Privatsphäre umfangreiche Hilfe, Unterstützung und Annahme zugesagt. 

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Was das Verfahren betrifft, so wird bei Vorwürfen gegen einen Bischof der jeweils zuständige Erzbischof der Metropolie ermitteln - in Abstimmung mit dem Vatikan. 

Gleichzeitig änderte sich auch 2019 weder das bereits im Kirchenrecht festgeschriebene Strafmaß für solche Verbrechen - noch die Unschuldsvermutung für Verdächtige. Diese sind bei formell eingeleiteten Verfahren auch zwingend zu informieren.

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