Woran der Richter und Märtyrer, der bald ein Seliger sein wird, die Kirche erinnert

Rosario Livatino, der von der Mafia getötete Magistrat, wurde vom Papst als Märtyrer anerkannt – aber auch als Jurist war er Zeuge Christi

Richter, überzeugter Katholik – und Blutzeuge des Glaubens: Rosario Livatinoi (1952-1990)
Wikimedia (CC0)

Er kämpfte gegen Organisierte Kriminalität als Jurist – und als überzeugter Katholik: Der von der Mafia im Jahr 1990 ermordete Richter Rosario Livatino.

Livatino war Vorzeige-Jurist. Er schloss sein Jurastudium mit Auszeichnung ab, war für kurze Zeit stellvertretender Direktor des Standesamtes von Agrigento und belegte 1978 einen der ersten Plätze in einem juristischen Wettbewerb um den Posten des Justizprüfers, schreibt Gianluca Giorgio bei ACI Stampa, die italienische Partner-Agentur von CNA Deutsch.

(Rosario Angelo Livatino. Foto: Sizilianische Bischofskonferenz)

Als Katholik führte ihn sein Glaube zu einer Begegnung mit Christus und zur Suche nach ihm in allen Facetten seiner Existenz: Von den Beziehungen zu seinen Eltern über die zu seinen Kollegen bis hin zu den vielen anderen, denen er auf seinem Weg begegnete.

In seinem Nachlass zeigt sich: Livatino verstand es nicht nur, einen juristisch geschulten, prüfenden Blick aus das tägliche Leben zu werfen. Auffallend an den Reflektionen des sehr jungen Berufstätigen ist seine katholische Grundhaltung: Die Überzeugung, dass das Festhalten am Evangelium nicht nebensächlich und untergeordnet ist, sondern Fundament jeder persönlichen Entscheidung.

Kein Wunder also, dass der spätere Märtyrer auch am Kirchenrecht reges Interesse zeigte – wie ein 1986 veröffentlichter Text zeigt. Überzeugt von der Rolle des Regelwerks in der kirchlichen Organisation, analysierte er das Thema mit Sorgfalt – widmete sich sogar einzelnen kanonischen Fragen und Normen. 

Der Text ist auch insofern bemerkenswert, als er eine eingehende Studie des damals neuen kirchenrechtlichen Gesetzbuchs – Codex Iuris Canonici – darstellt: Der CIC wurde 1983 aktualisiert. 

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Livatino leistete eine erste Einschätzung des neuen CIC, und widmete sich dabei dem grundlegenden Begriff der Gerechtigkeit, verstanden auch als ein basales menschliches Bedürfnis – ein Spiegelbild der Nächstenliebe des Vaters: Es ist eine Ordnung und eine Perspektive des Guten und der Rechtschaffenheit.

Dabei stellt der bald selige Blutzeuge als junger Jurist fest, dass: "Das Kirchenrecht als ein Gesetz vorgeschlagen wird, das ein grundlegendes menschliches Bedürfnis, nämlich das der Gerechtigkeit, verwirklicht und es von der natürlichen auf die übernatürliche Ebene hebt".

So wie das Denken, die Kunst, die Poesie und das tägliche Leben von der Kirche subsumiert werden, schreibt Livatino, so wird auch das Recht von der natürlichen Ebene auf die übernatürliche Ebene "aufgehoben". Das Bedürfnis nach Gerechtigkeit wird auf der übernatürlichen Ebene dank eines Regelwerks übernatürlichen Ursprungs und Charakters subsumiert, das in vielen Teilen analog zum menschlichen und irdischen Recht beschrieben werden kann.

Genau in diese Richtung geht die Apostolische Konstitution Sacrae disciplinae leges, die zur Promulgation des neuen Gesetzbuches erlassen wurde.

Darin schreibt Papst St. Johannes Paul II., dass der Kodex des kanonischen Rechts "in der Tat von der Kirche dringend benötigt" werde.

Die Kirche braucht, betont der Papst, "Normen, Gesetze, damit ihre hierarchische und organische Struktur sichtbar wird; damit die Ausübung der ihr von Gott übertragenen Ämter und Aufgaben, insbesondere die der kirchlichen Gewalt und der Verwaltung der Sakramente, ordnungsgemäß wahrgenommen wird; damit die gegenseitigen Beziehungen der Gläubigen in einer auf Liebe fußenden Gerechtigkeit gestaltet werden, wobei die Rechte der einzelnen gewährleistet und festgesetzt sind; damit schließlich die gemeinsamen Initiativen, die unternommen werden, um das christliche Leben immer vollkommener zu führen, durch die kanonischen Bestimmungen unterstützt, gestärkt und gefördert werden".

Er fordere daher "alle geliebten Söhne und Töchter auf, die gegebenen Normen mit aufrichtigem Herzen und gutem Willen zu beobachten, in der zuversichtlichen Hoffnung, daß der Kirche eine neue Disziplin erblühe und damit auch die Rettung der Seelen unter dem Schutz der seligsten Jungfrau Maria, der Mutter der Kirche, gefördert werde", endet Johannes Paul II. seine Aufruf.

Der Märtyrer und Jurist Livatino ist für viele somit auch ein Zeuge für die Notwendigkeit angewandter Regeln, um Gerechtigkeit walten zu lassen, im Einklang mit dem Recht Gottes: Ernüchternd und mahnend für eine Kirche, die oft ihr eigenes Recht bestenfalls zögerlich anwendet im Interesse vermeintlicher Barmherzigeit. 

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