Erzbischof Paglia spricht auf Konferenz die Kontroverse um Institut Johannes Paul II. an

Monsignore Vincenzo Paglia
Daniel Ibáñez / CNA

Der italienische Erzbischof Vincenzo Paglia, Großkanzler des von einer schweren Kontroverse erschütterten Päpstlichen Institutes Johannes Paul II für Ehe- und Familienwissenschaften, hat sich indirekt zur Krise der Hochschule geäußert und dabei auf den Willen von Papst Franziskus berufen.

Paglia sprach am 3. September an der Loyola Marymount Universität in Kalifornien auf einer Konferenz. 

In den vergangenen Monaten haben Studenten, Absolventen und Professoren des Instituts – darunter der Vizepräsident der Hochschule – die neuen Statuten kritisiert, die unter anderem festlegen, dass die Entwicklung des Lehrplans und die Einstellung neuer Lehrer unter der absoluten Kontrolle von Paglia stehen. Zudem sollten zentrale Lehrstühle des Instituts kurzerhand abgeschafft werden – und die Professoren, darunter renommierte Akademiker wie Livio Melina und Pater José Noriega, entlassen werden.

Die Vorgehensweise wie die Statuten selbst lösten internationale Kritik aus: Auch ehemalige Professoren und Wissenschaftler anderer Hochschulen protestierten öffentlich dagegen. Neben der Gefährdung der Identität des Instituts sei das Vorgehen unvereinbar mit dem europäischen Universitätswesen, so die Gelehrten in mehreren Stellungnahmen und Offenen Briefen. Auch Papst Franziskus, der Paglia als Kanzler eingesetzt hatte, wurde zur Intervention gebeten.

Ende Juli teilte Vizepräsident Granados mit, dass Papst Franziskus mit dem Motu Proprio Summa Familiae Cura aus dem Jahr 2017 den Wunsch geäußert habe, "das Institut zu erweitern und zu fördern, wie uns Monsignore Sequeri ( der aktuelle Präsident des Institutes) von Anfang an gesagt hatte."

Tatsächlich sei das Gegenteil passiert.

In seinem Vortrag am 3. September verwies Erzbischof Paglia auf einen Brief von Papst Franziskus vom Januar diesen Jahres an die Päpstliche Akademie für das Leben, die ihr 25-jähriges Bestehen feierte.

Diese Akademie steht ebenfalls unter dem Vorsitz Paglias.

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Paglia erklärte, in seinem Brief unter dem Titel Humana communitas (Menschliche Gemeinschaft) "wollte der Heilige Vater uns eine theologisch solide und liebevolle Grundlage für die Arbeit der Akademie geben, die uns erlaubt, verantwortlich zu handeln und die Sorgen und Zweifel zu überwinden, die durch die erneuerte Struktur der Akademie entstanden sind. Und ich muss hinzufügen, durch die ihrer Schwesterneinrichtung, dem Päpstlichen Institut Johannes Paul II.

"Meine heutige Botschaft lautet also, dass wir – um die Mission zu verstehen, die der Heilige Vater der Akademie und dem Institut gegeben hat – begreifen müssen: Da Wissenschaft und Technologie zum Allgemeinwohl des Menschen und zur Erfüllung von Gottes Heilsplan beitragen und unsere Mitglieder und Programme weiterhin Lösungen für spezifische soziale Sorgen anbieten werden, müssen wir umfassender arbeiten, hinarbeiten auf das Verständnis und die Wertschätzung des Lebens selbst, das den größte Ausdruck der Liebe, die Gott ist, darstellt", so Paglia wörtlich.

An einer anderen Stelle seines Vortrags sagte der Erzbischof: "Wir müssen klarstellen, was der Papst von der Akademie und vom Institut will: Ihr Betrachtungsfeld erweitern, ohne sich auf besondere Situationen ethischer, sozialer oder rechtlicher Konflikte zu beschränken, eine Anthropologie zu formulieren, die die praktischen und theoretischen Voraussetzungen schafft für ein 'Verhalten in Übereinstimmung mit der Würde des Menschen', und sich zu versichern, dass sie die nötigen Werkzeuge besitzt, um die Theorie und Praxis von Wissenschaft und Technologie im Umgang mit dem Leben, seiner Bedeutung und seinem Wert kritisch zu untersuchen."

Im letzten Teil seines Vortrags schließlich berief sich Paglia noch einmal auf den Papst: Man müsse sich daran erinnern, was Franziskus "von der Akademie zu tun verlangt habe". Deshalb "müssen wir mit Weisheit und Mut das Gebiet der Bioethik betreten, damit wir das Erbe unseres Glaubens mit einer Rationalität verstehen können, die des Menschen würdig ist."

Paglia weiter: "Aus diesem Grund werden die Akademie und das Institut, ohne die Tradition und die Errungenschaften ihrer Gründer in irgendeiner Weise zu verlassen, am Dialog mit allen teilnehmen, damit die Entwicklung und Nutzung der außergewöhnlichen Ressourcen, von denen der Papst spricht, auf die Förderung der Würde der Person und der menschlichen Familie ausgerichtet werden, im Lichte der göttlichen und leidenschaftlichen Liebe, die ihm das Sein geschenkt hat und ihn sicher nach Hause führen will", endete er.

Professoren schlagen Lösung vor

Vier Professoren des Institutes Johannes Paul II, darunter dessen Vizepräsident, unterbreiteten indessen einen Vorschlag, um die "schwierige Situation" zu überwinden, in der sich die Studieneinrichtung befindet, und so das hohe akademische Niveau und die internationale Reputation zu sichern.

Der Vorschlag wurde von den Professoren Pater Juan José Pérez-Soba, Stephan Kampowski, Sr. Alexandra Diriart und Pater José Granados, dem Vizepräsident des Instituts, in einem Brief vom 27. August an Erzbischof Paglia übergeben.

Das Schreiben liegt CNA vor.

Der Vorschlag besteht darin, den Lehrstuhl für Fundamentalmoral von Professor Livio Melina, dem ehemaligen Präsidenten des Institutes, beizubehalten, und zudem Pater José Noriega weiter zu beschäftigen.

Die Experten schlagen auch vor, einen zweiten Lehrstuhl für Moraltheologie zu schaffen, nämlich für begleitende theologische Moral, um an diesem den pastoralen Inhalt des Schreibens Amoris Laetitia von Papst Franziskus zu studieren.

Das Schreiben Amoris Laetitia hat Erzbischof Paglia als die "Magna Charta" des Institutes bezeichnet.

In ihrem Brief bekräftigen die Professoren, dass ihre "Überraschung groß war, als wir sahen, dass – mit der Approbation der neuen Statuten – die tatsächliche Interpretation des Motu Proprio Summa Familiae Cura, mit dem Papst Franziskus 2017 die Neugründung des Instituts einleitete, letztendlich im Gegensatz zu dem stand, was uns stets gesagt worden war."

"Wir konnten beobachten, dass das Motu Proprio als rechtliche Entschuldigung dafür benutzt wurde, Änderungen innerhalb des Instituts vorzunehmen, ohne den in einer akademischen Einrichtung üblichen Schritt des Dialogs mit dem Lehrkörper zu achten. Auf diese Weise wurden wir zweier ordentlicher Professoren an unseren Lehrstühlen beraubt – etwas Unerhörtes in der Welt der Universität", beklagten sie.

Ob und wie Paglia auf den Kompromissvorschlag der Professoren eingehen wird, ist noch unklar.

Übersetzt von Susanne Finner und redigiert aus dem spanischen Original bei ACI Prensa, der Schwesteragentur von CNA Deutsch in spanischer Sprache.

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