Rom - Sonntag, 31. Juli 2016, 23:30 Uhr.
Papst Franziskus hat auf seiner Rückreise vom Weltjugendtag in Krakau nach Rom wieder Fragen der mitreisenden Journalisten beantwortet. Dabei ging es nicht nur um den islamistischen Terror, dem zuletzt auch ein Priester in Frankreich zum Opfer fiel, sondern auch die Verdachtsvorwürfe gegen Kardinal George Pell durch den australischen Rundfunksender ABC, sowie die dramatische Lage in Venezuela.
Im Fall Pell erst sprechen, wenn Justiz gesprochen hat
In Antwort auf die Frage nach Vorwürfen des Verdachtes sexuellen Missbrauchs gegen Kardinal George Pell sagte der Papst:
"Die ersten Informationen darüber, die ich erhielt, waren verwirrend: Dass es vor 40 Jahren geschehen sein soll und die Polizei zuerst nichts unternommen habe. Es war verwirrend. Dann gingen weitere Anschuldigungen an die Justiz. Und nun ist es ein Fall für die Justiz. Man sollte nicht vor deren Urteil selber urteilen, nicht wahr? Es wäre nicht gut, wenn ich ein Urteil für oder wider Kardinal Pell sprechen würde, dann wäre das nicht gut, denn ich würde dem Richter vorgreifen. Es stimmt, es gibt Zweifel, und es gibt das klare Rechtsprinzip: In dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten, nicht wahr? Aber nun müssen wir abwarten, was die Justiz entscheidet und keine Vorverurteilung selber tun, oder eine Art Medienjustiz verüben lassen...denn das bringt nichts".
Weiter warnte Franziskus vor der Vorverurteilung aufgrund von Gerüchten. Er werde erst sprechen, wenn auch die Justiz gesprochen habe.
"Islam nicht mit Gewalt gleichsetzen"
Mit Blick auf den Fall des in Frankreich durch Anhänger des Islamischen Staates ermordeten Priesters Jacques Hamel wurde der Papst gefragt, warum er selber nie den Islam erwähne, wenn er über Terror spreche.
Der Pontifex antwortete, er spreche nicht gerne über islamische Gewalt, denn wenn er die Zeitung lese, dann sehe er Gewalt "hier in Italien: Einer tötet seine Freundin, einer seine Schwiegermutter...das sind getaufte Katholiken! Gewalttätige Katholiken!" Der Papst sagte weiter:
Wenn ich über islamische Gewalt sprechen will, dann muss ich auch über katholische Gewalt sprechen. Nicht alle Muslime sind gewalttätig, und nicht alle Katholiken sind gewalttätig. Es ist wie bei einem Obst-Salat...es gibt alles, es gibt Gewalttäter in allen Religionen. Eines ist wahr. Ich denke, dass es in fast allen Religionsgruppen eine kleine fundamentalistische Gruppe gibt. Die haben wir auch.
Es sei auch nicht richtig, den Islam mit Gewalt gleichzusetzen, so Franziskus: "Das ist nicht recht und nicht wahr". Er habe ein langes Gespräch mit dem Imam von Al Azhar in Ägypten geführt – und dabei sei es um das gemeinsame Anliegen des Friedens gegangen. Der Nuntius eines afrikanischen Landes habe ihm erzählt, dass in seiner Hauptstadt viele Menschen durch die Pforte der Barmherzigkeit kämen, und manche – Katholiken – gingen zum Beichtstuhl und die große Mehrheit ströme zum Altar Unserer lieben Frau": Es seien Muslime. Dabei handle es sich "um Brüder, die am Jubiläumsjahr teihaben wollen", so Franziskus gegenüber den Journalisten an Bord des Fliegers.
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"Selbst ich frage mich, wie viele jungen Menschen wir Europäer ohne Ideale gelassen haben", die dann, zudem arbeitslos, etwa in Drogen oder in fundamentalistische Gruppen abrutschten.
Man könne über den sogenannten Islamischen Staat (IS) reden, fuhr der Pontifex fort. Dies sei eine fundamentalistische Gruppe. Doch glaube er nicht, dass der Islam terroristisch sei.
"Terrorismus ist überall: Denken Sie an den Stammes-Terror mancher afrikanischer Länder", sagte der Papst weiter. Terrorismus entstehe, wenn im Mittelpunkt der Wirtschaft der Geldgötze stehe und nicht der Mensch. Das sei der grundlegende Terror gegen die Menschheit, so Franziskus. "Denkt darüber nach".
Polen, Türkei, Venezuela
Natürlich widmete sich der Papst der Frage polnischer Journalisten über Krakau und den Weltjugendtag. "Krakau ist so schön", sagte Franziskus, und die Güte der Polen, die er schon als Kind gekannt habe, die habe er auch wieder hier vorgefunden. Er höre gerne den jungen Menschen zu, so der Papst weiter. Junge Menschen seien kreativ und unruhig; doch es gehe auch darum, einen Dialog mit der Generation der Großeltern zu pflegen, und voneinander zu lernen. Dumme Dinge sage schließlich jeder einmal.
Die Lage in der Türkei nach dem gescheiterten Coup war Thema der zweiten Antwort des Papstes. In Anspielung auf seine Verwendung des Begriffs "Völkermord" mit Blick auf die Verbrechen gegen die Armenier und andere Christen durch Türken im Osmanischen Reich sagte der Papst, dass es zwar die Tugend der Klugheit gebe, er aber auch den Preis der Wahrheit kenne. Die aktuelle Situation beobachte er sehr genau und lasse sich beraten.
Kurz scherzte der Papst danach über einen Stolperer in Krakau, bei dem er – mitsamt dem Weihrauchfass – gestürzt war. Er habe den Blick auf die Muttergottes gerichtet gehabt, und sei gestolpert, doch sei ihm nichts zugestossen, erklärte er, um sich dann zur Krise in Venezuela zu äußern: Er habe bereits vor zwei Jahren ein äußerst positives Treffen mit Präsident Maduro gehabt. Er hoffe auf die Arbeit der Vermittlungsgruppe. Möglicherweise könne der Heilige Stuhl dieser Beitreten, so Franziskus.
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EIn Gespräch über "Krieg und Frieden: Die Päpste und der Islam" https://t.co/EgCimxe9yM #ICYMI pic.twitter.com/MkFdTSNofq