Papst Franziskus erinnert an den "ungehorsamen" Diplomaten, der tausende Juden rettete

Heiliger Vater erinnert an den "Tag des Gewissens", der auf Aristides de Sousa Mendes zurückgeht

Aristides de Sousa Mendes mit seiner Frau
Yad Vashem

Am Ende der Generalaudienz diese Woche hat Papst Franziskus an den "Tag des Gewissensfreiheit" erinnert.

Dieser Tag, wie Papst Franziskus erklärte, erinnert an das "Zeugnis des portugiesischen Diplomaten Aristides de Sousa Mendes, der vor achtzig Jahren beschlossen hat, der Stimme des Gewissens zu folgen" – und das Leben tausender Juden und anderer Verfolgter rettete.

Es war der 17. Juni 1940. Sousa Mendes bekam eine Gewissenskrise, die ihn dazu brachte, seiner Regierung gegenüber ungehorsam zu sein und Menschen, die zu tausenden vor den Nazis flohen, Visa zu erteilen. Unter jenen, die gerettet wurden, befand sich auch Salvador Dalì und Otto von Habsburg.

"Möge immer und überall die Gewissensfreiheit respektiert werden; und möge jeder Christ mit rechtem, vom Wort Gottes erleuchtem Gewissen ein Zeugnis der Kohärenz geben", so Papst Franziskus.

Wer aber war dieser Aristides de Sousa Mendes? Er wurde 1885 im portugiesischen Dorf Cabanas de Viriato geboren und starb 1954 in Lissabon. 1940 wurde er unter Salazar zum Generalkonsul von Bordeaux ernannt. Viele Juden suchten das Konsulat von Bordeaux auf, um Frankreich verlassen und nach Portugal fliehen zu können.

Sousa Mendes befand sich nun in einem Dilemma: sollte er den Befehlen der Regierung gehorchen, die verboten hatte, den Juden Visa auszustellen - oder sollte er seinem Gewissen folgen und die Visa erteilen, die es ihnen ermöglichten, dem Vormarsch der Nazis zu entkommen?

Sousa Mendes wählte die Stimme seines Gewissens, opferte seine Karriere unter dem portugiesischen Diktator Antonio de Oliveira Salazar und beendete sein Leben in Armut.

Am vergangenen 9. Juni hat Portugal seinen ungehorsamen Diplomaten eine öffentliche Würdigung zuteil werden lassen: das Parlament beschloss, im nationalen Pantheon ein Monument mit seinem Namen zu errichten.

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Zurück ins Jahr 1940: Am 14. Juni hatten die Nazi-Truppen Paris eingenommen und alle möglichen Flüchtlinge - vor allen Juden - drängten nach Bordeaux, in der Hoffnung, die Grenze nach Spanien überqueren und so der nationalsozialistischen Verfolung entgehen zu können.

Der portugiesische und gut katholische Konsul war Freund des Rabbiners der Stadt, Jacob Kruger, der selbst schon aus Belgien geflohen war. Sousa Mendes bot dem Rabbiner sicheres Geleit zur spanischen Grenze an. Kruger jedoch lehnte das Angebot ab und erklärte, er werde all die vielen anderen jüdischen Flüchtlinge, die sich in Bordeaux befanden, nicht im Stich lassen. Das löste eine “moralische Krise" in Sousa Mendes aus.

In einem Brief vom 13. Juni 1940 schrieb er, er sei mit den Nerven am Ende, da die Situation schrecklich, die Befehle der Regierung aber klar seien. Man weiss nicht, was dann geschah - aber vier Tage später, am 17. Juni 1940, zeigte Sousa Mendes eine gänzlich andere Entschlossenheit. Er entschied, allen - "ungeachtet der Nationalität, Rasse oder Religion" - ein Visum zu erteilen.

Niemand weiss genau, wie viele Visa ausgestellt wurden, aber Schätzungen gehen von 10.000 bis 30.000 aus. Die Sousa Mendes Foundation hat 3800 Personen identifiziert, die Visa erhalten haben, die der Konsul unterzeichnet hatte – teilweise sogar noch auf der Straße, auf der Menschenschlangen sich zum Grenzübergang in Hendaye bewegten.

Dieses Verhalten zog die Reaktion des Aussenministers von Lissabon nach sich, der befahl, die Initiative zu beenden. Die spanischen Behörden erklärten, alle Visa seien ungültig. Aber tausende Menschen hatten bereits das Baskenland erreicht. Darunter auch, wie bereist erwähnt, der Künstler Salvador Dalì, der Regisseur King Vidor, Mitglieder der Familie Rotschild, sowie der Großteil der zukünftigen belgischen Exilregierung.

Sousa Mendes wurde nach Lissabon bestellt; dort berichtete er über die Initiative und wurde wegen seines Ungehorsams aus dem Diplomatenamt entlassen, seine Pension wurde gestrichen. Er musste aufgrund der darauf folgenden schwierigen finanziellen Situation sein Haus verkaufen, die Kinder - er hatte vierzehn - mussten auswandern, um anderswo ihr Glück zu suchen.

Heute aber sind viele dankbar für jene Gewissenskrise, die Sousa Mendes am 17. Juni 1940 dazu gebracht hatte, tausenden Menschen das Leben zu retten.

Papst Franziskus erwähnte in der Generalaudienz auch auch den heiligen Albert Chmielowski (mit bürgerlichem Namen Adam Hilary Bernard Chmielowski, 1845 – 1916), einem polnischen Franziskaner, der nach einem turbulenten Leben, in dem er auch politisch aktiv, Rebell und Maler gewesen war, seine Berufung entdeckte. Er wurde bekannt für seinen Einsatz zugunsten der Armen und Obdachlosen, so dass man ihn auch den „polnischen Poverello“ nannte.

Der Papst lud ein: "Folgen wir ihm in der Nächstenliebe und bringen wir den Kranken, den vom Leben Besiegten, den Armen, den Bedürftigen und vor allem den Obdachlosen Hilfe."

Der Wendung im Leben Chmielowskis ereignete sich 1880, als er sich dem Jesuitenorden anschloss, den er aber wegen Depressionen wieder verließ, dann Franziskaner wurde und sich in Krakau niederließ, wo er sich immer mehr der Sorge für die Armen und Obdachlosen widmete. Er vertrat die Ansicht, Almosen seien keine echte Lösung für das Problem der Armut, sondern wären eine Ad-hoc-Lösung, die vor allem das Gewissen der Reichen beruhige.

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