Stadtrat von Würzburg beschließt Umbenennung von Kardinal-Faulhaber-Platz

Kardinal Michael Faulhaber
gemeinfrei

Der Stadtrat von Würzburg hat beschlossen, den Kardinal-Faulhaber-Platz im Stadtzentrum umzubenennen. Hintergrund ist die Ansicht mancher Beobachter – sowie der Mehrheit des Stadtrats –, Kardinal Michael Faulhaber habe als Erzbischof von München und Freising dem nationalsozialistischen Regime nicht entschieden und öffentlich widersprochen.

Ortsbischof Franz Jung gab zu Protokoll: „Ich bedauere die Entscheidung des Würzburger Stadtrats, den Kardinal-Faulhaber-Platz umzubenennen, und halte sie für falsch. Zu Recht wurde die Würdigung Faulhabers an diesem prominenten Ort in den zurückliegenden Monaten intensiv und fachkundig diskutiert. Die Klärung der hier aufgeworfenen Fragen auf wissenschaftlicher Basis ist meines Erachtens der richtige Weg.“

„Umso bedauerlicher ist die Änderung des Verfahrens zur Entscheidungsfindung im laufenden Prozess“, so der Würzburger Bischof weiter. „Das einstimmige Votum ausgewiesener Experten wurde so nivelliert und letztlich für irrelevant erklärt. Dieser politische Umgang mit historischer Wissenschaft ist ausgerechnet in einer Universitätsstadt sehr fragwürdig.“

Im Juni hatten vier Experten über eine mögliche Umbenennung des Platzes diskutiert, sich aber letztlich einstimmig dagegen ausgesprochen.

Dazu hätte es eine aktive Verwicklung von Faulhaber mit dem Hitler-Regime gebraucht, was aber nicht der Fall gewesen sei, berichtete der Bayerische Rundfunk über den Konsens der Fachleute. „Dass er auch kein Held war – darüber zu urteilen, fehle die moralische Legitimation. Und wenn man mit diesem Maßstab messen wollte, brachte es Geschichtsprofessor Andreas Wirsching auf den Punkt, dann müsse man Straßen und Plätze künftig wohl am besten durchnummerieren.“

Bischof Jung betonte unterdessen: „Beim Umgang mit der eigenen Geschichte sind kritische Urteile über Personen und ihr Handeln berechtigt und notwendig. Durch sie stellen wir fest, dass Menschen in ihren Entscheidungen nicht immer die richtigen Prioritäten setzen. Ebenso sollte der kritische Blick auf die eigene Geschichte vor allzu großer Selbstsicherheit beim Handeln in der Gegenwart bewahren. Insofern sind Urteile über die Vergangenheit möglich – aber immer nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände.“

„Das Bistum Würzburg wird Kardinal Michael Faulhaber als einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der katholischen Kirche in Deutschland im 20. Jahrhundert auch weiterhin ein ehrendes Gedenken bewahren“, stellte Jung klar.

Kardinal Faulhaber verfasste den Entwurf für die Enzyklika „Mit brennender Sorge“, mit der Papst Pius XI. im Jahr 1937 die Ideologie des Nationalsozialismus verurteilte. Der für Deutschland zuständige Nuntius Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., war ebenfalls an der Erstellung der Enzyklika beteiligt.

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Letzte Aktualisierung am 21. Oktober 2022 um 19:11 Uhr.

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