Westeuropas größte Wallfahrt: 14.000 Katholiken pilgern von Paris nach Chartres

Junge Pilger bei der Pfingstwallfahrt nach Chartres
Junge Pilger bei der Pfingstwallfahrt nach Chartres
Pia Schäfer / CNA Deutsch
Pilger auf dem Weg nach Chartres
Pilger auf dem Weg nach Chartres
Pia Schäfer / CNA Deutsch
Anbetung des Allerheiligsten Sakraments bei der Wallfahrt nach Chartres am 9. Juni 2019.
Anbetung des Allerheiligsten Sakraments bei der Wallfahrt nach Chartres am 9. Juni 2019.
Benjamin Crockett / EWTN
Pilger aus deutschsprachigen Landen auf dem Weg nach Chartres
Pilger aus deutschsprachigen Landen auf dem Weg nach Chartres
Sabine Wimmer / CNA Deutsch

Sie sangen, sie beteten, sie wanderten und feierten drei Tage lange über Pfingsten: Mehr als 14.000 Katholiken sind am vergangenen Wochenende die gut 100 Kilometer von Paris zur Kathedrale von Chartres gelaufen.

Die alljährliche Pfingstwallfahrt durch die französische Landschaft zieht Katholiken aus aller Welt an. Vom 8. bis 10. Juni pilgerten dieses Jahr die Gläubigen, beteten den Rosenkranz, sangen und tauschten sich untereinander aus.

Angehalten wird nur für die heilige Messe, für Mahlzeiten und das Nachtlager. Selbst Beichte und Katechesen finden oft im Gehen statt.

"Jedes Jahr ist es ein großer Moment, denn wir können unsere Arbeit hinter uns lassen, Paris hinter uns lassen, alles hinter uns lassen, um uns auf unseren Glauben und unser Gebet zu konzentrieren. Ich denke, es ist der geistliche Gipfelpunkt unseres Jahres", sagte die 31-jährige Pariserin Raphaëlle de Feydeau gegenüber CNA.

Feydeau ist in den letzten dreißig Jahren jedes Jahr mit ihrer Familie am Pfingstwochenende die gut 100 Kilometer gepilgert. Als sie noch ein Kleinkind war, trug ihre Mutter Sybil sie. Auch in diesem Jahr war sie dabei.

Gegenüber CNA erklärt sie, was sie jedes Jahr wieder an der Wallfahrt schätzt, bei der sie "manchmal still sind und manchmal singen. Wir beten, und wir haben Zeit, miteinander zu sprechen".

"Es ist ein guter Ort, um Christus zu begegnen, um sein Leben zu betrachten und zu entscheiden, was ich besser machen könnte… Was will Gott, dass ich aus meinem Leben mache?"

Die Tradition der Wallfahrt von Unserer Lieben Frau von Paris zur Kathedrale von Chartres geht auf das 12. Jahrhundert zurück. Damals war die Strecke eine Etappe des Jakobswegs. Die Kathedrale von Chartres, zwischen 1194 und 1220 erbaut, ist seit Jahrhunderten ein wichtiger Wallfahrtsort. Zu ihrem Kirchenschatz gehört eine Reliquie des Schleiers der Jungfrau Maria.

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Heute ist die Pfingstwallfahrt von Chartres die größte ihrer Art in Westeuropa, sowohl was die Teilnehmerzahl betrifft als auch die zurückgelegte Entfernung.

Die Eröffnungsmesse der Wallfahrt, die traditionell in Notre-Dame de Paris stattfindet, wurde in diesem Jahr in die zweitgrößte Kirche von Paris, San Sulpice, verlegt – noch ist der Dom Unserer Lieben Frau von Paris durch den Großbrand zu beschädigt, als dass dort öffentlich Eucharistie gefeiert werden könnte.

Die familienfreundliche Wallfahrt ist für Pilger jeder Generation angelegt. Es gibt verschiedene Altersgruppen und eine Gruppe für Familien mit Kindern unter 6 Jahren.

Viele der Pilger waren auch in diesem Jahr mit ihrer Jugendgruppe oder den katholischen Pfadfindern gekommen. Bayerische Flaggen und deutsche, Fahnen aus der Schweiz und Österreich waren zu sehen. Viele Gruppen trugen Kreuze und Darstellungen ihrer Schutzpatrone und Lieblingsheiligen, oder einfach Abzeichen ihrer Gebetsanliegen.

Eine 16-jährige Pilgerin aus Irland pilgerte mit einer irischen Flagge, die mit dem Abdruck von Babyfüßen versehen war: Sie  widmete ihre Wallfahrt dieses Jahr -- nachdem in Irland die Abtreibung legalisiert worden ist – dem ungeborenen Leben. Ein verlobtes Paar aus Portugal ging gemeinsam auf die Pilgerreise, um seine Beziehung der Muttergottes zu weihen. Eine Delegation aus Neuseeland trug das Banner eines französischen Heiligen, Peter Chanel, der als Missionar in Ozeanien wirkte und als Märtyrer für den Glauben starb.

Auch Katholiken aus Syrien, Irak, Libanon und anderen Ländern des Nahen Ostens waren dabei: Sie liefen mit einer Gruppe der französischen Organisation SOS Chrétiens d'Orient. Die humanitäre Gruppe organisierte auch zeitgleich zwei Pilgerfahrten für Katholiken im Irak und in Syrien am Pfingstwochenende - aus Solidarität mit der Wallfahrt nach Chartres.

Der 26-jährige syrische Majd Kassouha sagte, dass sein Gebetsanliegen der Wallfahrt der Frieden sei.

"Ich habe für den Frieden gebetet, besonders in Syrien und auf der ganzen Welt, weil ich nicht will, dass andere Menschen das erleben, was ich gelebt habe, was meine Erfahrungen ausmacht", sagte Kassouha gegenüber CNA. Er und seine Familie waren während des gesamten Bürgerkriegs in Aleppo. Er sei Zeuge des Todes vieler seiner Freunde und Familie geworden.

"Wir müssen beten.... wir können nichts tun, ohne zu beten. Wir sind so schwach. Das ist meine Erfahrung", sagte der melkitische Katholik zu CNA. "Wir brauchen diese Zeit, um über unser Leben nachzudenken und zu meditieren."

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Hinter den Pilgergruppen waren während der drei Tage immer wieder die Priester zu sehen, die viele Beichten der überwiegend jungen Teilnehmer hörten.

Jede Gruppe hatte einen eigenen Kaplan, der während des Pilgerns auch Betrachtungen und Katechesen hielt. Thema waren die Heiligen, die Soziallehre der Kirche und das diesjährige offizielle Thema: "Der Friede Christi durch das Reich Christi".

Seit 1983 wird die Pfingstwallfahrt von Notre-Dame de Chrétienté organisiert, die derzeit von dem Laienchristen Jean des Tauriers sowie Pater Alexis Garnier von der Priesterbruderschaft St. Peter geleitet wird. Viele Patres der Petrusbruderschaft waren die geistlichen Begleiter der Gruppen aus aller Welt.

Nicht nur die Pilger werden spirituell gestärkt: Da mittlerweile viele Menschen entlang der Pilgerwege der fröhlichen Wallfahrt zuschauen, haben die Organisatoren in diesem Jahr ein "Evangelisierungsteam" eingerichtet, um mit neugierigen Zuschauern ins Gespräch zu kommen, so der Vizepräsident von , Hervé Rolland.

"Jedes Jahr fragen uns Leute, ob sie spontan mitgehen können", sagte Rolland gegenüber CNA. "Vor zwei Jahren gab es eine Dame, die vom Anblick der Kinder auf Wallfahrt erschüttert wurde.... sie fragte: ‚Darf ich euch folgen?‘ Das tat sie auch, und sechs Monate später bat sie darum, getauft zu werden."

Natürlich sei die Wallfahrt auch für viele der jungen Teilnehmer eine Gelegenheit, über ihre Berufung nachzudenken und zu beten.

Drei offizielle Messen wurden auf der Wallfahrt gefeiert – alle in der überlieferten Form des Römischen Ritus – aber auch viele private Messen wurden gelesen. Zu Pfingsten wurde eine Feldmesse auf halber Strecke unter freiem Himmel gefeiert.

Die Abschlussmesse wurde im Dom von Chartres von Erzbischof André-Joseph Léonard gefeiert, dem emeritierten Erzbischof von Mechelen-Brussel.

"Ich möchte den Pilgern etwas sagen: Die katholische Kirche, egal was jemand sagt, bleibt die schönste multinationale Unternehmung der Welt, es ist eine Multinationale des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Selbst wenn wir schwierige Zeiten durchmachen, müssen wir immer das Glaubensbekenntnis mit Überzeugung sagen: Ich glaube an die eine heilige, katholische und apostolische Kirche. Wir müssen daran denken, dass sie heilig ist", sagte Erzbischof Léonard gegenüber EWTN.

"In den überall schwierigen Zeiten wie den unseren, vor allem in Ländern wie Frankreich oder in meinem Land, Belgien, herrscht nach der Serie von Skandalen, mit denen wir konfrontiert waren, große Verwirrung. Die Menschen brauchen auf jeden Fall verbindlichen Klartext. Ich denke, dass eine Initiative wie die Pilgerreise von Chartres den Menschen hilft, im Glauben und in der Hoffnung zu wachsen und stärker zu werden."

Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original.

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