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"Messverbote" – und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit

Kirchentür

Wir bewegen uns in sehr besonderen Zeiten. Niemand bestreitet, dass das Infektionsschutzgesetz §§ 26-31, das seit Wochen diskutiert und breit beachtet wird, mit Art. 1 GG übereinstimmt: Die Würde des Menschen ist unantastbar, das Leben – von Anfang bis Ende – unbedingt schützenswert. Wenn Sie sich juristisch fortbilden möchten, schauen Sie sich diese Paragrafen einmal an. Auch über Gesetze lässt sich auf gewisse Weise meditieren.

Über die gegenwärtig herrschende Corona-Pandemie gibt es in der katholischen Kirche in Deutschland divergierende Einschätzungen und Sichtweisen. In einigen Bundesländern haben Christen den Weg zu den Verwaltungsgerichten gesucht. Wir sind auf dem Weg durch die Karwoche, auf dem Weg zum "Triduum sacrum" – und es wird im Jahr 2020 ganz anders sein als noch am Aschermittwoch erwartet. Besondere Aufmerksamkeit zieht gegenwärtig  das Institut St. Philipp Neri in Berlin auf sich. Die in der Corona-Pandemie beschlossenen Maßnahmen beschränken befristet wesentliche Grundrechte, auch das ist allen bewusst. Wichtig ist, dass bei allen Anordnungen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Wer sich vertieft mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beschäftigen möchte, möge auch diesen – kostenfrei einsehbaren – instruktiven Aufsatz von Prof. Mike Wienbracke lesen. Die gedankliche Anstrengung lohnt sich.

Welche Mittel sind notwendig und berechtigt? Das Bundesverfassungsgericht äußerte sich am 28. März 2006 in einem Urteil – über das staatliche Wettmonopol – wie folgt:

"Ein Mittel ist bereits dann im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt. Dem Gesetzgeber kommt dabei ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Es ist vornehmlich seine Sache, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will."

An dieses Urteil musste ich in den letzten Tagen oft denken. Diesen "Einschätzungs- und Prognosevorrang" möchte ich dem Gesetzgeber unbedingt einräumen. Sind aber alle gegenwärtig bestehenden Maßnahmen hinsichtlich der Feier der Gottesdienste und der Spendung der Sakramente wirklich verhältnismäßig? Ich kenne darauf keine Antwort. Dass ich unter den Einschränkungen persönlich leide, sehe ich als subjektiv schwerwiegend und objektiv unerheblich an. Alle, Kleriker wie Weltchristen, spüren die schwere Last der bestehenden Maßnahmen. Alle hegen die Sehnsucht nach der Teilhabe an den Sakramenten. Für mich steht außer Frage, dass ich den Anordnungen von Staat und Kirche folge – das ist das eine. Zugleich wächst die Sehnsucht nach dem Brot des Lebens. Im Weiteren: Ich bin allen treuen Priestern unendlich dankbar, die jeden Tag die heilige Messe feiern.

Ich denke bei der Geistlichen Kommunion in diesen Tagen an die heilige Theresia vom Kinde Jesus. Benedikt XVI. sagte über die Heilige in der Generalaudienz am 6. April 2011:

"Liebe Freunde, gemeinsam mit der hl. Theresia vom Kinde Jesus sollten auch wir dem Herrn jeden Tag immer wieder sagen können, daß wir aus der Liebe zu ihm und zu den anderen leben und in der Schule der Heiligen lernen wollen, wahrhaft und vollkommen zu lieben. Theresia ist eine der »Kleinen« des Evangeliums, die sich von Gott in die Tiefen seines Geheimnisses führen lassen. Sie ist eine Führerin für alle, besonders für jene, die im Gottesvolk den Dienst der Theologen ausüben. Mit Demut und Liebe, Glauben und Hoffnung dringt Theresia unablässig in das Herz der Heiligen Schrift vor, die das Geheimnis Christi enthält. … Die Eucharistie, vom Evangelium untrennbar, ist für Theresia das Sakrament der göttlichen Liebe, die sich bis zum Äußersten erniedrigt, um uns zu Gott zu erheben. In ihrem letzten Brief schreibt die Heilige über ein Bild, auf dem das Jesuskind in der geweihten Hostie dargestellt ist, diese einfachen Worte: »Ich kann einen Gott, der für mich so klein geworden ist, nicht fürchten! (.…) Ich liebe ihn! Denn er ist nichts als Liebe und Barmherzigkeit!« (LT 266)."

Im Wissen darum, dass ich – wie Benedikt sagt – aus der Liebe zum Herrn und zu unseren Nächsten lebe, fällt es mir persönlich leichter, die gegenwärtig bestehenden Maßnahmen in gläubiger Demut anzunehmen. Und zugleich weiß ich, dass ich immer mehr lernen möchte, "wahrhaft und vollkommen zu lieben". Heilige Theresia vom Kinde Jesus, bitte für uns!

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