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Papst Franziskus: "Die Welt braucht starke, junge Menschen und weise, alte Menschen"

Papst Franziskus am 16. März 2022 in Rom.

Papst Franziskus hat bei der heutigen Generalaudienz seine Katechesereihe zum Alter fortgesetzt. Dabei rief er die alten Menschen dazu auf, "Propheten gegen die Verderbnis" zu sein. Die Figur des Noah aus dem Alten Testament sei dafür ein gutes Beispiel, da er nicht gepredigt oder geklagt habe, sondern sich um "die Zukunft der Generation" kümmerte, die in Gefahr ist.

Papst Franziskus hatte seine Katechesereihe über das Alter unter dem Titel "Gnade der Zeit" am 23. Februar gestartet (CNA Deutsch hat berichtet).

Am Ende der Generalaudienz betete der Pontifex erneut um Frieden in der Ukraine.

Die Verlockung der "radikalen Lösung"

Die biblische Erzählung von Noah und der Arche zeige, so der Papst, dass Gott so verbittert war über die weit verbreitete Schlechtigkeit der Menschen der damaligen Zeit, dass er dachte, er hätte einen Fehler gemacht, als er sie erschuf, und deshalb beschloss, sie zu beseitigen. Diese "radikale Lösung" könne paradoxerweise sogar "eine barmherzige Wendung" haben, sagte der Papst. "Keine Menschen mehr, keine Geschichte mehr, kein Urteil, keine Verurteilung mehr. Und viele mögliche Opfer von Verderbnis, Gewalt und Ungerechtigkeit würden dafür für immer verschont bleiben." Wörtlich:

"Denken wir nicht manchmal – überwältigt von einem Gefühl der Ohnmacht gegenüber dem Bösen oder demoralisiert durch die 'Untergangspropheten' –, dass es besser gewesen wäre, nicht geboren zu sein? Sollten wir bestimmten neueren Theorien Glauben schenken, die die menschliche Spezies als evolutionären Schaden für das Leben auf unserem Planeten anprangern? Alles negativ, nicht wahr?"

Die Menschheit sei gegensätzlichen Strömungen ausgesetzt, fuhr der Pontifex fort. "Auf der einen Seite haben wir den Optimismus der ewigen Jugend, angefacht durch den außerordentlichen Fortschritt der Technologie, der uns eine Zukunft voller Maschinen malt, die effizienter und intelligenter sind als wir, die unsere Krankheiten heilen und die besten Lösungen finden werden, damit wir nicht sterben", erklärte Papst Franziskus. "Andererseits scheint sich unsere Vorstellungskraft zunehmend auf die Darstellung einer letzten Katastrophe zu konzentrieren, die uns auslöschen wird, das, was zum Beispiel mit einem eventuellen Atomkrieg passieren würde."

Wenn Verderbnis zur Normalität wird

Der Pontifex verglich die Situation des Noah mit den Worten Jesu, der im Lukasevangelium über die Endzeit sagte:

"Wie es in den Tagen Noahs war, so wird es auch in den Tagen des Menschensohns sein: Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, bis zu dem Tag, an dem Noah in die Arche ging und die Flut kam und sie alle tötete". (Lk 17,26-27).

Essen und Trinken sowie das Heiraten seien zwar "ganz normale Dinge und scheinen keine Beispiele für Verderbnis zu sein", betont der Papst. Die Verderbnis liege vielmehr darin, dass der Mensch, wenn er sich darauf beschränkt, das Leben zu genießen, "sogar die Wahrnehmung der Verderbnis verliert, was seine Würde abstumpft und seinen Sinn vergiftet". Der Pontifex sagte wörtlich:

"Die Güter des Lebens werden konsumiert und genossen, ohne Rücksicht auf die geistige Qualität des Lebens, ohne Rücksicht auf den Lebensraum des gemeinsamen Hauses. Ohne Rücksicht auf die Schwierigkeiten und Entmutigung, unter der viele leiden, noch auf das Böse, das die Gemeinschaft vergiftet. Solange das normale Leben mit 'Wohlbefinden' gefüllt werden kann, wollen wir nicht darüber nachdenken, was es leer macht von Gerechtigkeit und Liebe."

"Die Sorglosigkeit, die sich nur der Selbstfürsorge zuwendet", so Papst Franziskus weiter, könne Verderbnis zur Normalität werden lassen. "Die Verderbnis macht sich diese gottlose Sorglosigkeit zunutze: Sie weicht unsere Abwehrkräfte auf, stumpft unser Gewissen ab und macht uns – wenn auch unwissentlich – zu Komplizen."

Papst Franziskus an die Alten: "Ihr habt die Verantwortung, die Verderbnis anzuklagen"

Alte Menschen seien aufgrund ihrer Erfahrung jedich in der Lage, diese "Täuschungen" zu durchschauen, sagte der Papst. "Die besondere Sensibilität der älteren Menschen für die Pflege, die Gedanken und die Zuneigung, die uns zu Menschen machen, sollte für viele wieder zur Berufung werden." Noah sei dafür ein gutes Beispiel: Er predige nicht, klage nicht, mache keine Vorwürfe, "sondern er kümmert sich um die Zukunft der Generation, die in Gefahr ist".

Dagegen sei es "hässlich, wenn alte Menschen nicht reif geworden sind und wenn sie im Alter immer noch dieselben korrupten Verhaltensweisen haben wie früher (...). Sollten wir in unserem Alter nicht fährig sein, Propheten gegen die Verderbnis zu sein?"

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Mit einem besonderen Appell wandte sich der Pontifex am Ende seiner Katechese direkt an die Menschen "in einem gewissen Alter", wie er sich leicht schmunzelnd korrigierte, nachdem er zunächst von "alten Menschen" gesprochen hatte:

"Und wir, Frauen und Männer in einem gewissen Alter, vergessen wir nicht die Möglichkeit der Weisheit: Vergessen wir nicht andere darauf hinzuweisen, dass dieser Weg der Verderbnis der falsche ist. Am Ende unseres Lebens sollen wir einen gute und nicht eine böse Botschaft verbreiten. Ich appelliere heute an alle Personen, die ein gewisses Alter erreicht haben: Passt auf! Ihr habt die Verantwortung, die Verderbnis anzuklagen, in der unsere Welt lebt, in einer Welt voller Relativismus, in der alles egal ist. Die Welt braucht starke junge, Menschen, die vorangehen, und weise, alte Menschen."

Gebet für die Ukraine

Erneut erinnerte Papst Franziskus an das Leid der Menschen in der kriegsgebeutelten Ukraine. In seinem Grußwort an die polnischsprachigen Pilger dankte der Pontifex dafür, dass in ganz Polen am kommenden Wochenende alle Pfarreien dazu aufgerufen haben, für den Papst zu beten. "Betet besonders auch für den Frieden in der Ukraine", ergänzte Franziskus seinen Dank.

Am Ende der Generalaudienz betete er gemeinsam mit allen Pilgern das Gebet eines italienischen Bischofs, das Gott um Vergebung und um Frieden bittet.

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