13. Mai 2022
Erzbischof Samuel J. Aquila, Erzbischof von Denver, hat sich erneut kritisch zum „Synodalen Weg“ in Deutschland geäußert – und es ist der Initiative „Neuer Anfang“ zu danken, dass eine autorisierte Übersetzung des Schreibens auch in deutscher Sprache vorliegt. Jeder interessierte Katholik ist eingeladen, diese Stellungnahme nachzulesen – und sich sodann mit dem Statement von Bischof Dr. Georg Bätzing hierzu zu beschäftigen. Wie so oft werden die synodalen Beratungen anscheinend in Deutschland im Ausland falsch verstanden, denn etliche Unterzeichner des Offenen Briefes seien „über den wirklichen Diskussionsprozess des Synodalen Weges ausgesprochen uninformiert“ gewesen. Bestimmt, das gilt garantiert auch für fast alle Kritiker des Synodalen Weges in Deutschland und vermutlich sogar für die meisten Unterstützer desselben. Ich beobachte, dass viele Befürworter dieser regionalen kirchenpolitischen Diskursveranstaltung über die Konstitutionen und Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils nur bedingt informiert sind und sich vielleicht deswegen auf konzilswidrige Abwege begeben.
Bischof Bätzing äußert sich gegenüber Erzbischof Aquila weiter: „Aufgrund von intensiven Gesprächen mit Betroffenen und intensiven wissenschaftlichen Studien zum Geschehen des Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen durch Kleriker in unserem Land mussten wir schmerzlich akzeptieren, dass es mehrdimensionale systemische Faktoren in der Katholischen Kirche sind, die Missbrauch begünstigen. Diese aufzudecken und nach allen Kräften zu überwinden, das ist der Ausgangspunkt des Synodalen Weges in Deutschland, und er schlägt sich in den vier vorrangig zu bearbeitenden Themenfeldern nieder.“ Die Rede von „mehrdimensionalen systemischen Faktoren“ ist ausgesprochen nebulös – oder verstehen Sie, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, warum grausamen Straftaten von Einzelnen „mehrdimensionale systemische Faktoren“ zugrunde liegen sollen? Bätzing schreibt weiter: „Dagegen ist Ihre Argumentation, Bischöfe haben Fehler im Umgang mit Missbrauch gemacht, und anstatt die Verantwortung dafür zu übernehmen, wollen sie nun in Deutschland die kirchliche Lehre grundlegend infrage stellen, ist aus meiner bescheidenen Erkenntnis erschreckend einlinig und wird leider der komplexen Realität der Missbrauch begünstigenden Strukturen in der Katholischen Kirche bei weitem nicht gerecht. Unsere Kirche braucht Veränderung, um treu ihre Sendung wahrzunehmen und das kostbare Evangelium von Jesus Christus zu den Menschen unserer Zeit zu tragen. Und die drängende Veränderung schließt auch die Notwendigkeit ein, die kirchliche Lehre weiterzuentwickeln. Dies ist meine Überzeugung.“ Wenn die Analyse von Erzbischof Aquila „erschreckend einlinig“ sein soll, ist auf der anderen Seite die Argumentation von Bischof Bätzing möglicherweise in sich zu komplex, um von einfach gläubigen Katholiken sachgerecht verstanden zu werden. Hat etwa die weltweit verbindlich gültige Lehre der Kirche den Missbrauchsskandal in der Kirchenprovinz Deutschland systemisch, systematisch oder sonst irgendwie begünstigt? Aus meiner unmaßgeblichen Sicht gibt es keinen geeigneteren Schutz der Würde der menschlichen Person als die verbindlich gültige Morallehre der katholischen Kirche – denken wir nur an die Enzyklika „Humanae vitae“ des heiligen Pauls VI. oder an das Apostolische Schreiben „Familiaris consortio“ des heiligen Johannes Pauls II.
Es folgt ein weiterer Hinweis an den Erzbischof von Denver: „Wenn ich nun nicht mehr weiter in die schriftliche Diskussion mit Ihnen einsteigen kann, so mache ich doch darauf aufmerksam, dass unsere Synodalversammlungen auch künftig medienöffentlich sind und gestreamt werden, also von allen mitverfolgt werden können.“ Wer hinreichend überschüssige Lebenszeit hat, der wird sicher am Bildschirm mit dabei sein.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.
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