Über Monate hindurch haben wir neukatholischen Mutmaßungen und nebulösen Reden zuhören müssen, geäußert von einzelnen Diözesanbischöfen, manchen Professoren und regional aktiven Protestgruppen mit breiter medialer Resonanz. So viele von uns hätten sich am liebsten die Ohren verstopft.

Bunte Aktionen, wie der Kirchenstreik von "Maria 2.0", reichten weit über die Karnevalszeit hinaus. Nein, das alles war überhaupt nicht lustig, und so vielen, die treu, unbeirrt und dankbar ihr "Credo" sprechen, war das alles einfach nur noch lästig. So vielen Schwestern und Brüdern im Glauben, Jung und Alt, hat das auch bitter wehgetan. Und wir, Sie und ich, und auch so viele Suchende, hatten und haben nicht das geringste Bedürfnis nach einem kirchenpolitischen Meinungstheater. Wir wünschen uns auch weder eine neue Morallehre noch eine neue deutschkatholische Kirche. Auch Papst Franziskus hat das alles aufmerksam vernommen und auch die leisen Seufzer der treuen Katholiken bemerkt. Franziskus kennt unsere einzig wichtige, tiefe innere Sehnsucht: Nichts wünschen wir mehr als die Begegnung mit dem lebendigen Gott. Der einzige "synodale Weg", den wir wirklich existenziell nötig haben, ist der Weg zu Gott. Wir bedürfen der Gemeinschaft mit den Schwestern und Brüdern im Glauben in aller Welt. Wir bedürfen der Gemeinschaft mit den Heiligen, die unsere Weggefährten sind im Wir der Kirche, die immer heilig war, ist und bleibt – und stets größer ist als die Sünder, die in ihr ein Obdach finden dürfen. Wäre die Kirche nicht Gottes Zelt auf Erden, nicht Sein Eigentum, sondern bloß unser selbstgebautes Haus, dann könnte diese Institution beliebig umgebaut, umgemodelt oder einfach auch abgerissen werden. Die Kirche war, ist und bleibt aber die Stiftung Jesu Christi – und darum ist sie heilig.

Am 29. Juni feiert die Weltkirche, zu der auch die römisch-katholische Kirche in Deutschland gehört, das Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus. Die beiden waren Märtyrer, also Blutzeugen, die für ihren Glauben verfolgt und hingerichtet wurden – und lebten sie heute, so hätten sie zu geschmeidigen Talkshowgästen nicht getaugt.

Wir erinnern uns: Am Ende der Frühjahrskonferenz der deutschen Bischöfe in Lingen hatte Kardinal Marx angekündigt, dass am Ende des beschlossenen synodalen Weges der Kirche hierzulande vielleicht ein "Brief nach Rom" geschickt werden könne. Und nun? Wir dürfen aufatmen und erfreut sagen: Wie gut, dass wir unseren lieben, gütigen und klugen Papst Franziskus haben. Er hat uns geschrieben. Jeder Katholik in Deutschland hat von ihm Post bekommen, wir alle. Meine ganz persönliche Empfangsbestätigung lautet, orientiert an den Worten einer Liedstrophe aus Franz Schuberts "Deutscher Messe": "Nur danken kann ich, mehr doch nicht."

Papst Franziskus ermutigt und bestärkt uns. Er ist dankbar für die Glaubenszeugnisse der einfach gläubigen Christen. Die hiesigen Diskurse über die "DNA der Kirche" beendet er mit der Autorität des Dieners der Diener Christi: "Mit dem Hintergrund und der Zentralität der Evangelisierung und dem Sensus Ecclesiae als bestimmende Elemente unserer kirchlichen DNA beansprucht die Synodalität bewusst eine Art und Weise des Kirche-Seins anzunehmen, bei dem «das Ganze mehr ist als der Teile und es ist auch mehr als ihre einfache Summe.»" Der Papst nimmt die Sorgen in der Kirche vor Ort ernst. Gerade deswegen widerspricht er jedem kirchlichen Regionalismus. Er korrigiert hochmütige Selbstgewissheiten und warnt vor ortskirchlichem Eigensinn: "So oft eine kirchliche Gemeinschaft versucht hat, alleine aus ihren Problemen herauszukommen und lediglich auf die eigenen Kräfte, die eigenen Methoden und die eigene Intelligenz vertraute, endete das darin, die Übel, die man überwinden wollte, noch zu vermehren und aufrechtzuerhalten."

Nicht auf uns selbst sollen wir vertrauen, sondern auf Christus und Seine Kirche. Der Papst ruft dazu auf, die fruchtlose und törichte kirchliche Selbstbeschäftigung zu beenden. Nicht Strukturreformen verleihen dem Glauben neue Schwungkraft, sondern nur die Bindung an den Herrn. Die Sendung der Kirche wurzele in Christus. Ein "wahrer Wandlungsprozess" entspringe der "ureigenen Dynamik der Evangelisierung der Kirche" und verlange eine "pastorale Bekehrung". Der "Primat der Evangelisierung" sei zurückzugewinnen: "Die so gelebte Evangelisierung ist keine Taktik kirchlicher Neupositionierung in der Welt von heute oder kein Akt der Eroberung, der Dominanz oder territorialen Erweiterung; sie ist keine »Retusche«, die die Kirche an den Zeitgeist anpasst, sie aber ihre Originalität und ihre prophetische Sendung verlieren lässt." Die Kirche solle "täglich treuer, verfügbarer, gewandter und transparenter" werden – sich auf Christus hin ausrichten, für ihn durchlässig sein. Die Kirche, das heißt: Jeder Weltchrist, jeder Kleriker, Sie und ich. Der "Sensus Ecclesiae" müsse täglich "in jeder Entscheidung" gegenwärtig sein. Wir sollen und dürfen die Kirche lieben: "Es geht um das Leben und das Fühlen mit der Kirche und in der Kirche, das uns in nicht wenigen Situationen auch Leiden in der Kirche und an der Kirche verursachen wird. Die Weltkirche lebt in und aus den Teilkirchen, so wie die Teilkirchen in und aus der Weltkirche leben und erblühen, falls sie von der Weltkirche getrennt wären, würden sie sich schwächen, verderben und sterben. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Gemeinschaft mit dem ganzen Leib der Kirche immer lebendig und wirksam zu erhalten." Wir Katholiken wüssten, so Papst Franziskus, dass "wir wesentlich Teil eines größeren Leibes sind, der uns beansprucht, der auf uns wartet und uns braucht, und den auch wir beanspruchen, erwarten und brauchen. Es ist die Freude, sich als Teil des heiligen und geduldigen treuen Volkes Gottes zu fühlen."

Wer sich ortskirchlich gewissermaßen selbst verzwergt, mag sich noch so groß, bedeutend und fortschrittlich fühlen. Eine Teilkirche, die sich von Rom und von der Kirche aller Zeiten und Orte emanzipieren möchte, schert aus der Weggemeinschaft aus, separiert sich vom "kirchlichen Wir" und begibt sich ins Schisma. Beste Absichten würden oft vorgegaukelt: Der Papst mahnt eindringlich, sich vor der "Versuchung durch den Vater der Lüge und der Trennung", vor dem "Meister der Spaltung" – also vor dem Teufel – zu hüten. Besinnen sollen wir uns auf den "Sensus Ecclesiae". Dieser erinnere an die "Schönheit des vielgestaltigen Angesichts der Kirche" und erlaube es, "in die Quellen der lebendigsten und vollsten Tradition einzutauchen". Die "Tradition" sei "berufen, das Feuer am Leben zu erhalten, statt lediglich die Asche zu bewahren". Die "Tradition" erlaube es, "allen Generationen, die erste Liebe mit Hilfe des Heiligen Geistes wieder zu entzünden". Der "Sensus Ecclesiae" bewahre vor "Eigenbrötelei und ideologischen Tendenzen": "Ein gesundes gemeinsames Auf-dem-Weg-Sein muss diese Überzeugung durchscheinen lassen in der Suche nach den Mechanismen, durch die alle Stimmen, insbesondere die der Einfachen und Kleinen, Raum und Gehör finden." Die Heiligkeit der Kirche, die "Lichtspur des Glaubens" (Benedikt XVI.) lebt fort und scheint auf in den einfach gläubigen Christen: "Das ist die Heiligkeit, die die Kirche vor jeder ideologischen, pseudo-wissenschaftlichen und manipulativen Reduktion schützt und immer bewahrt hat."

Papst Franziskus rät zu einer Vertiefung des Glaubens. Die "Gnade der Bekehrung" befreie vor der "Versuchung, in geschützten und bequemen Positionen zu verharren", und befreie von "Sklaverei, Trägheit und nebensächlichem Komfort". Wichtig sei, "hinauszugehen und, vor allem, anzubeten": "Denn in der Anbetung erfüllt der Mensch seine höchste Pflicht." Papst Franziskus bittet uns alle, hier und heute, in unserem Alltag, Zeugen des auferstandenen Herrn zu sein. Es ist, als wollte er uns sagen: Habt keine Angst vor Christus! Habt keine Angst vor der Freude des Evangeliums! Habt keine Angst davor, römisch-katholisch zu werden, zu sein und zu bleiben! Fürchtet euch nicht, der Kirche aller Zeiten und Orte anzugehören.

Jedem Katholiken in Deutschland sei dieser Brief unseres Papstes ans Herz gelegt. Wenn wir seine Worte lesen, spüren wir, warum der heilige Kirchenvater Ambrosius sagte: "Ubi Petrus, ibi ecclesia." Wir beten für Sie, lieber Papst Franziskus!

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