Auf "katholisch.de" wurde gestern ein Beitrag des Bischofs von Magdeburg, Gerhard Feige, unter dem Titel "Nachruf auf eine unsägliche Entwicklung" veröffentlicht. Darin zeigt sich der Bischof bestürzt über die Entscheidung des Heiligen Vaters, die Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz zur Kommunion konfessionsverschiedener Ehepaare nicht zu veröffentlichen und findet dafür deutliche Worte. Besonders hart geht er mit den Kritikern der Handreichung ins Gericht – namentlich dem Kölner Kardinal Woelki – denen er eine Doppelmoral und "handfeste Interessen und unschöne Methoden" vorwirft. Auf diese Einlassungen, die ein ganz besonderes Licht auf den Zustand der Deutschen Bischofskonferenz werfen, möchte ich hier aber nicht näher eingehen, sondern nur auf einige Punkte, die mir bedenkenswert erscheinen.

So behauptet der Magdeburger Bischof, durch die Entscheidung des Papstes seien Wunden neu aufgebrochen und Verbitterung und Resignation machten sich breit. Damit meint er ganz offenbar die konfessionsverschiedenen Ehen und Familien, denen er am Ende des Beitrags seine besondere Verbundenheit ausspricht. Diese Ehen – und damit auch die Ökumene – seien Opfer des ganzen Geschehens. Sie sollten sich nicht entmutigen lassen. Stimmt das wirklich?

Ich stamme selbst aus einer solchen Ehe, die seinerzeit – in den Sechzigern – noch Mischehe genannt wurde. Ich wurde evangelisch getauft und erzogen. Erst spät bin ich zum katholischen Glauben konvertiert. Meine Eltern hatten es damals sicher nicht leicht. Beide Pfarrer – evangelisch wie katholisch – waren gegen diese Ehe und da die Trauung dann schließlich in der evangelischen Kirche stattfand, nahmen einige katholische Verwandte nicht daran teil. Später, bei katholischen Familienfeiern, saß der evangelische Teil der Familie – also auch ich – bei der Wandlung hilflos in den Kirchenbänken und wusste nicht, ob er stehen oder sitzen sollte, bei dem, was da vorne am Altar geschah. Und da ich aus einer Stadt komme, in der Katholiken und Protestanten ungefähr gleich stark waren, konnte ich auch im meinem weiteren Umfeld diese Brüche erleben. Sie zu leugnen wäre unredlich und sicher sind auch Ehen an diesen Brüchen gescheitert – insbesondere dann, wenn Widerstände in den Familien bestehen blieben.

Was ich aber nie erlebt habe war, dass eine intakte Ehe deswegen scheiterte, weil der evangelische Ehepartner nicht zur Kommunion gehen durfte. Ich glaube auch nicht, dass meine Eltern oder die anderen mir bekannten konfessionsverschiedenen Ehepaare Opfer dieses Kommunionsverbotes waren. Man hat – wenn die Ehe ansonsten intakt war – zusammen gelebt, geliebt, gestritten und gelacht wie jede andere Familie auch.  

Jahrzehnte sind seitdem vergangen und Konfessionsunterscheide spielen weniger denn je eine Rolle. Warum also wird die Interkommunion heutzutage immer vehementer von katholischen und evangelischen Christen eingefordert? Der Gedanke liegt nahe, dass ihre selbsternannten Sprachrohre, die Theologen, nach Amoris Laetitia Morgenluft witterten und nun versuchen, ihre modernistische Messtheologie scheibchenweise durchzusetzen. Man kann ja auch kaum erwarten, dass sie bei den konfessionsverschiedenen Ehepaaren stehen bleiben.  

Allein das will ich nicht allen Bischöfen und vor allem nicht Bischof Feige unterstellen. Mir scheint es nämlich, dass es auf die Frage noch eine andere Antwort gibt. Sie lodert bei Bischof Feige zwischen den Zeilen seines Beitrages auf,  wenn er schreibt, dass die Zeit vorbei sei, wo man noch Regeln verstanden und beachtet hätte. Stattdessen suchten sich viele ihre eigenen Lösungen. Noch deutlicher wird er, wenn er schreibt: "Außerdem werden auf einmal Bedingungen zum Sakramentenempfang erhoben, die man gegenüber den eigenen Gläubigen gar nicht mehr durchzusetzen vermag." Wohl mehr unbewusst offenbart der Magdeburger Bischof damit die Hypothek einer Verkündigung, die seit Jahrzehnten nicht mehr die Glaubenssätze und vor allem die Schönheit der Kirche Jesu Christi in den Mittelpunkt stellt, sondern sich vielerorts nur noch verklausuliert ausdrückt, soziale und mitmenschliche Fragen in den Mittelpunkt stellt oder durch Bastelmessen und Pastoralteams die Christen aus den Messen vertreibt.

Kurzum, mir scheint, die katholischen Christen haben vergessen, was die Heilige Eucharistie ist: Die wirkliche, wahrhaftige und wesentliche Gegenwart Jesu Christi in den Gestalten von Brot und Wein. Und ebenso haben die evangelischen Christen vergessen, was sie eigentlich glauben und was das Abendmahl für sie bedeutet. Wenn beide es noch wüssten, niemals würden sie die Interkommunion fordern, sondern mit Respekt für den geliebten Gegenüber ihren Glauben mit allen Unterschieden praktizieren. Und das ist es auch, was sich Bischof Feige und seine Mitbrüder fragen lassen müssen.

Wäre es nicht besser, die Eheleute in ökumenischer Verbundenheit mit dem protestantischen Amtsbruder zu begleiten, zugleich aber die bestehenden Unterschiede nicht zu leugnen? Oder noch besser, den evangelischen Ehepartner von der Realpräsenz Christi in der Eucharistie und der Schönheit des katholischen Glaubens zu überzeugen und damit einen neuen Katholiken zu gewinnen? Über eine Handreichung, die das thematisiert, hätten wir uns wirklich freuen dürfen. So aber wird Bischof Feiges Nachruf auch ein Nachruf auf eine seit Jahrzehnten gescheiterte Verkündigung.

Dirk Weisbrod ist promovierter Informationswissenschaftler und lebt in Bonn. 2014 konvertierte er zum katholischen Glauben.

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