27 Januar, 2023 / 9:00 AM
Mit Argumentationstricks antwortet Bischof Georg Bätzing dem Papst. Allerdings ist seine Strategie durchschaubar. Deshalb überrascht es nicht, dass das römische Kirchenoberhaupt zunehmend deutlich reagiert.
Wie ein Nachhilfe-Lehrer oder ein Mensch, der an anderen vorbeiredet, hat sich Georg Bätzing, Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, schon seit längerer Zeit betätigt. Im Februar vor einem Jahr teilte der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, dem deutschen Amtskollegen die Sorgen mit, die in seinem Nachbarland hinsichtlich des Synodalen Weges entstanden waren. Als Datum nutzte er das Fest der Kathedra Petri. Er betrachte das bisherige Vorgehen des deutschen Synodalen Weges mit Sorge.
Die Antwort von Bischof Bätzing ging auf die aufgeworfenen Themen nicht ein. Vielmehr verbot er einen öffentlichen Diskurs über den Synodalen Weg, obwohl dieser selbst seine Plenumsberatungen und Beschlüsse veröffentlicht – sogar mehrsprachig. Der Synodale Weg mache sich „mitnichten“ von aktuellen Entwicklungen in der Psychologie und den Sozialwissenschaften abhängig, versicherte er.
Noch deutlicher wurde es beim Sorgen-Brief der Nordischen Bischofskonferenz, die sich ebenfalls zu Wort meldete. Die Bischöfe aus Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland erinnerten an die generelle Aufgabe aller Bischöfe, sich das durch die Kirche vermittelte depositum fidei ungemindert zu eigen zu machen. Unter Verweis auf dieses depositum fidei war im Jahr 1992 der Weltkatechismus erschienen, der das „hinterlegte Glaubensgut“ der Kirche wiedergibt. Sie wiesen darauf hin, vor den unveränderlichen Teilen der Lehre der Kirche Halt zu machen und mahnten, nicht „dem Zeitgeist nachzugehen“.
Bischof Georg Bätzing hat sich in seiner Antwort vom 28. März bemüht, „ein beruhigendes und befreiendes Wort (zu) sagen“. Die geäußerten Befürchtungen entsprächen „nicht den tatsächlichen Beratungen“. Diese Formulierung unterstellt den nordischen Bischöfen, dass sie falsch oder schlecht informiert waren. Bischof Georg Bätzung schrieb, dass ein einfaches „Weiter so“ die Kirche zerstöre. Wörtlich fügte er hinzu: „Dass es dabei gilt, sich das durch die Kirche vermittelte Depositum Fidei ungemindert zu eigen zu machen, wird von den auf dem Synodalen Weg ernsthaft Engagierten in keiner Weise angezweifelt.“
Dann lieferte er ausgerechnet in seiner Antwort eine Bestätigung für die vorgetragenen Sorgen: „Auf der Suche nach neuen Wegen“, so Bischof Bätzing in seiner Antwort, orientiere sich der Synodale Weg „an den zentralen Erkenntnisquellen des Glaubens: der Schrift und der Tradition, dem Lehramt und der Theologie sowie dem Glaubenssinn der Gläubigen und den Zeichen der Zeit“.
Hier erfolgte ein entscheidender Fehler. Bischof Bätzing zählte sechs Erkenntnisquellen des Glaubens auf, das Konzil nennt aber nur zwei, die eng zusammengehören: „Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift bilden den einen der Kirche überlassenen heiligen Schatz des Wortes Gottes“ (DV 10).
Die Reihe monatlicher Proteste aus dem Ausland setzte sich im April fort: Über 100 Bischöfe und Kardinäle aus den USA, Afrika, Kanada und Australien meldeten ihren Widerspruch an. Der deutsche Synodale Weg untergrabe die kirchliche Autorität „einschließlich der von Papst Franziskus, die christliche Anthropologie und Sexualmoral sowie das Vertrauen in die Heilige Schrift“, schrieben sie in einem gemeinsamen Brief. Der Synodale Weg sei mehr von „soziologischen Analysen und zeitgenössischen politischen Ideologien einschließlich der Genderideologie“ bestimmt, als vom Wort Gottes.
Er zerstöre durch einen falschen Begriff von Autonomie die christliche Idee von Freiheit, die „nach der Lehre der Kirche an die Wahrheit gebunden und auf das Gute und letztendlich auf die Glückseligkeit des Menschen hin geordnet“ sei.
Bischofs Bätzings Antwortbrief ordnete der in der Schweiz lehrende deutsche Theologe Martin Brüske so ein: „Geradezu notorisch wird das Offensichtliche geleugnet. Auf die erhobenen Vorwürfe geht Bischof Bätzing allenfalls pauschal ein. Dem Antwortschreiben fehlt es nicht an aggressiven Zügen.“
Martin Brüskes weitere Analyse: „Bischof Bätzing und die Initiatoren des deutschen Synodalen Weges möchten nicht gestört werden in einem Projekt, dessen Ergebnisse offenbar feststehen. Frauen sollen Priester werden. Laien wollen an der Macht teilhaben. Homosexualität soll moraltheologisch normalisiert werden. Was das mit der ursprünglichen Intention, Missbrauch aufzuklären, zu tun hat, müssen sich die Bischöfe weltweit weiter fragen. Von Bischof Bätzing ist offenbar keine Antwort zu erwarten.“
Abweichungen beträfen grundlegende Strukturen der Kirche (ihre sakramental-hierarchische Verfasstheit, Leitungs- und Lehrvollmacht des Bischofsamtes), Verfälschungen der kirchlichen Erkenntnislehre (Stichwort „Zeichen der Zeit“) und die Zerstörung der christlichen Anthropologie. „Diese Abweichungen markieren den Ausstieg aus der Einheit mit der Universalkirche.“
Ähnlich hat Bischof Bätzing jetzt auf den jüngsten Vatikanbrief reagiert, den Papst Franziskus mit höchster Autorität ausstattete und als seine eigene Weisung auswies, gegen die es keinen kirchenrechtlichen Widerspruch gibt. Auf dieses vom Papst unterstützte Schreiben der wichtigsten Kurienkardinäle antwortete der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz mit der belehrenden Bemerkung, die in dem Brief zum Ausdruck gebrachte Sorge sei nicht begründet, dass ein neues Gremium über der Bischofskonferenz stehen oder die Autorität der einzelnen Bischöfe aushebeln könnte.
Weiter schreibt Bischof Bätzing: „Niemand stellt die Autorität des Bischofsamtes infrage.“ Auch das klingt wie eine Ausrede bei einer Polizeikontrolle: „Ich bin aber nicht zu schnell gefahren!“ – Man möchte ihm zurufen: Die höchsten Autoritäten der Kirche haben aber das Gegenteil festgestellt! Bätzing hat kein Vetorecht, und er verkennt offensichtlich seine Kompetenzen sowie seine Stellung in der kirchlichen Hierarchie.
Dabei muss er es natürlich selbst wissen. Und deshalb erschüttert ein solches Verhalten die Glaubwürdigkeit des DBK-Vorsitzenden. Während der Vatikan offiziell verkündet, dass die Einführung eines Synodalen Rates mit dem katholischen Selbstverständnis unvereinbar ist, spricht der Limburger Bischof davon, der Synodale Ausschuss sei durch das römische Schreiben nicht infrage gestellt. Einziger Zweck des Synodalen Ausschusses ist es aber, den jetzt untersagten Synodalen Rat einzurichten.
Mit einem Trick möchte Bischof Bätzing die geplante Machtverteilung zwischen Bischof und gewählten Gremien retten. Durch eine „freiwillige Selbstverpflichtung“ soll der Bischof zusagen, die Gremienbeschlüsse auch (pauschal) umzusetzen. Formal, wenn auch nicht praktisch, hätte der Bischof dann das letzte Wort. Auch diese Strategie ist durchschaubar.
(Die Geschichte geht unten weiter)
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Ein Gremium als „Beratungs- und Beschlussorgan über wesentliche Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft“, das „Grundsatzentscheidungen“ trifft, kann dem Bischof die Entscheidungen nicht abnehmen. Denn durch die Weihe handelt es sich um ein höchstpersönliches Amt, das nicht an gewählte Gremien delegiert und dessen Verantwortung nicht abgegeben werden kann. Der durch Gremien und öffentliche Berichterstattung erzeugte Druck lässt sich auch schlecht in ein Wirken des Heiligen Geistes umdeuten.
Bischof Bätzings momentane Weigerung, die römische Weisung anzuerkennen, ist ein in der Substanz schismatischer Akt. Damit beschädigt er nicht nur sein Amt als Bischof von Limburg, sondern besonders auch als DBK-Vorsitzender.
Letztlich muss er jetzt dafür einstehen, dass er mit dem Synodalen Weg und den damit geweckten unrealistischen Erwartungen zu hoch gepokert hat. Lange wird er seine Realitätsverweigerung nicht durchhalten. Bislang zögern auch andere Bischöfe, ihm in seinem Sonderweg beizuspringen.
Papst Franziskus wird zunehmend deutlich: Er hat den deutschen Synodalen Weg am Mittwoch als „elitär“ verurteilt. Der Pontifex sagte, der deutsche synodale Prozess sei weder hilfreich noch seriös.
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