Dublin, 24 August, 2018 / 3:16 PM
Graue Wolken hängen über Dublin. Was für das Wetter in Irland gilt, entspricht auch der Atmosphäre auf dem 9. Weltfamilientreffen, das in diesen Tagen in der irischen Hauptstadt stattfindet. Hin und wieder blitzt die Sonne durch, doch ein kaltes Lüftchen weht durch die Straßen und mitunter kommt es zu Regengüssen.
Es sollte ein großes internationales Fest der Familie werden. Die Gastgeber haben sich merklich ins Zeug gelegt, um den Gästen aus dem Ausland den Aufenthalt so erfreulich wie möglich zu gestalten. Der Empfang ist geprägt von warmer irischer Herzlichkeit, die Helfer sind außerordentlich locker und zuvorkommend. Und doch hatte sich bereits im Vorfeld der dunkle Schatten angekündigt, der über diesem Treffen liegt. Die Berichte aus den USA über die seit Jahren im großen Stil verübten Missbräuche sind das beherrschende Thema.
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Kardinal Wuerl, der auf dem Weltfamilientreffen sprechen sollte, sagte seine Teilnahme wenige Tage vor dem Treffen ab, nachdem gegen ihn Vorwürfe erhoben wurden, er habe bereits schon früh von den sexuellen Übergriffen während seiner Amtszeit als Bischof von Pittsburgh von 1988 bis 2006 gewusst und nicht gehandelt. Wuerl wurde 2006 der Nachfolger von Erzbischof Theodore McCarrick in Washington. Diesem wirft man unter anderem vor, Buben und junge Männer, darunter Seminaristen und junge Priester über Jahrzehnte sexuell genötigt und missbraucht zu haben.
Auch der ehemalige Bischof von Dallas, Kardinal Kevin Farell, steht in der Kritik. Als Leiter des Vatikanischen "Dikasterium für Laien, Familie und Leben" ist er der Organisator des Weltfamilientreffens. Farell war damals Weihbischof unter McCarrick. In einer Pressekonferenz am Mittwoch musste auch er sich wiederholt die Frage gefallen lassen, ob er wirklich nichts von den im 900-Seiten-starken Bericht erwähnten Vorfällen um McCarrick wusste.
Die tiefen Verletzungen, die Traumata, die Enttäuschung und eine sich steigernde Wut waren spürbar, als am Freitagmittag einige Missbrauchsopfer in einer Pressekonferenz über ihre Erfahrungen sprachen. Das Verlangen nach Gerechtigkeit ist groß, auch wenn in allen das Bewusstsein vorherrscht, dass manche Wunden wohl niemals heilen werden. Das Misstrauen gegenüber dem kirchlichen Apparat, der in der Aufarbeitung und Prävention so versagt hat, ist überdeutlich. Dagegen helfen auch all die Statistiken nicht, die beweisen, dass die Anzahl der Vorfälle in den letzten zehn Jahren aufgrund von neuen Sicherheitsmaßnahmen drastisch zurückgegangen sind.
Am Rande des Weltfamilientreffens sprach der Wiener Kardinal Christoph Schönborn über die Konsequenzen, die die jüngsten Enthüllungen seiner Meinung nach haben müssen: "Unsere erste Sorge darf nicht sein: Wie geht es dem Ruf der Kirche? Sondern: Wie geht es den Menschen, die betroffen sind?" Über diese "große, hässliche Wunde" sprach auch der langjährige Schweizer Jugendbischof Marian Eleganti. In einem Interview mit dem katholischen Fernsehsender EWTN forderte Eleganti eine objektive Kommission, die die Vorfälle untersuche: "Durch die Offenlegung der Wunde können die Ärzte dann nach Heilmitteln suchen. Das kann wehtun. Und diesen Prozess muss die Kirche durchstehen". Denn: "Man kann jetzt gar nicht genug ehrlich und wahrhaftig sein."
Die Hoffnung auf Heilung ist nicht unbegründet. Hier in Dublin zeigt die Weltkirche trotz der dunklen Wolke auch ihr junges und fröhliches Gesicht. Die Vorstellung des neuen Kinderkatechismus "YOUCAT for Kids" war ein voller Erfolg, das große Zelt der YOUCAT-Foundation ist jeden Tag erfüllt von fröhlichem Kinderlärm und Gewusel. Junge Familieneltern knien mit ihren Kindern über religiösen Malbüchern gebeugt auf dem Boden, Kleinkinder tapsen über den Spielteppich und ein Musical der "KISI-Kids" nebenan rührt sogar gestandene Männer zu Tränen.
All dies prallt in Dublin aufeinander: Auf der einen Seite das Versagen der Kirche in ihrer jüngeren Vergangenheit, die Sünden derer, die Hirten sein sollen, der Schmerz und das Misstrauen jener Menschen, die ihnen vertrauten. Doch auf der anderen Seite auch eine unerschütterliche Hoffnung, ein Vertrauen in die Zukunft der Kirche, die Liebe zu einem Gott, der selbst in diesen dunklen Momenten Seine Herde nicht verlässt.
(Die Geschichte geht unten weiter)
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Am Samstag wird Papst Franziskus in Dublin erwartet. Es ist der erste Papstbesuch in Irland seit 1979. Die Vorfreude ist dementsprechend groß, aber auch die Erwartungen. Franziskus hat angekündigt, sich mit Missbrauchsopfern treffen zu wollen und Konsequenzen zu ziehen. Das Zeichen, das von diesem Treffen ausgehen soll, ist klar: Wir lassen Euch nicht im Regen stehen.
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