Vatikanstadt, 15 Oktober, 2019 / 6:20 AM
Der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kurienkardinal Kurt Koch, sprach am Montagabend über die Herausforderungen der Amazonas-Synode und die Bedeutung der Heiligsprechung von John Henry Newman für die Ökumene. Im Interview, das der katholische Fernsehsender EWTN.TV aufgezeichnet hat, äußerte er sich auch zu den Forderungen einiger Synodenteilnehmer, die sich für die Lockerung des Zölibats, die Einführung der Frauenweihe und die Zulassung von "Viri Probati" zum Priesteramt aussprechen.
Gerade bei den letzten Themen gäbe es keine klare Linie, "sondern verschiedene Meinungen": "Das sind natürlich Fragen, die die Menschen beschäftigen", so Koch, "ich würde aber nicht meinen, dass das in der Amazonas-Synode derart im Vordergrund ist wie das in Deutschland der Fall ist. Selbst wenn man nach Deutschland schaut, sind das nun wirklich nicht die tiefsten Probleme." Wenn man sich bei beispielsweise bei den evangelischen Kirchen umsehe, die weibliche Pastoren hätten und sich weder nach dem Papst noch nach der katholischen Sexualmoral richten müssten, stelle man fest, dass die Situation dort "nicht anders" sei:
"Das zeigt, man kann diese Fragen nicht auf die Seite schieben, weil sie von den Menschen ausgesprochen werden, aber das sind wirklich nicht die tiefsten Fragen und da muss man glaube ich auch in Deutschland tiefer bohren."
Ein großes Thema sei dagegen die zunehmende Verdrängung der Katholischen Kirche in den Amazonas-Gebieten durch die Freikirchen. "Es ist in der Tat so, dass nicht wenige Gläubige der katholischen Kirche zu den Pentekostalen gehen. Das hat natürlich verschiedene Gründe und die Kirche muss sich natürlich überlegen, warum das so ist."
Auf die Frage, wie schwer es den Synodenvätern falle einen Kompromiss zu finden, antwortete Kardinal Koch entschieden, dass es nicht deren Aufgabe sei einen Kompromiss zu finden, sondern einen Konsens: "Das ist der Unterschied zwischen Synodalität und parlamentarischen Verhandeln." Er erinnerte dabei an die Worte von Franziskus, der immer wieder betonte, dass die Synode kein Parlament sei, die über die Wahrheit per Abstimmung verfügen könne. Stattdessen hätten die Teilnehmer die Aufgabe auf den Heiligen Geist zu hören. Die Synode selbst hat keine Entscheidungsgewalt, sondern kann lediglich Vorschläge machen, über die dann der Heilige Vater entscheidet.
Angesprochen auf die Befürchtung, dass die Kirche in Deutschland einen Sonderweg gehen könnte, wenn viele der angestrebten Reformen nicht umgesetzt werden, warnte Koch: "Wenn ich in die Landschaft der Kirchen hineinschaue, dann muss ich sagen, dass diese Tendenz Probleme zu lösen indem man neue Kirchen gründet, ein typisches Phänomen im Weltprotestantismus ist." Der katholische Weg sei es stattdessen "unter dem Dach des Papsttums", auch wenn es dadurch immer wieder Spannungen gebe:
"Es ist einfacher sich abzuspalten und eine neue Kirche zu gründen. Ich halte den katholischen Weg für den besseren und ich hoffe, dass die Katholische Kirche auf diesem katholischen Weg bleibt im Gesamten der Universalkirche. Das andere hat meines Erachtens keine Zukunft."
Kardinal Koch erinnerte abschließend an den kürzlich heiliggesprochenen Kardinal John Henry Newman, der "ein leidenschaftlicher Sucher nach der Wahrheit" gewesen sei und auch heute noch gleichermaßen von den Anglikanern verehrt werde. Newman habe einen viel tieferen Begriff des Gewissens geprägt, das ihn immer die Stimme der objektiven Wahrheit gewesen sei. Er könne heute ein wichtiges Beispiel darin sein, "wie er objektive Wahrheit und subjektive Spiritualität versöhnt hat".
Das komplette Interview bei EWTN.TV:
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