Würzburg, 11 März, 2021 / 11:55 AM
Ein Drittel der Katholiken erwägt den Kirchenaustritt - außerdem kann sich etwa jedes vierte Mitglied der evangelischen Landeskirchen in Deutschland vorstellen, "bald aus der Kirche auszutreten".
Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des in Erfurt ansässigen Meinungsforschungsinstituts "INSA Consulere", die im Auftrag der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" und der evangelischen Nachrichtenagentur "Idea" durchgeführt wurde.
Von den Befragten, die der Katholischen Kirche angehören, überlegen 33 Prozent wegen der Missbrauchsfälle die Kirche zu verlassen, 44 Prozent lehnen das ab. 14 Prozent gaben " Weiß nicht" an, neun Prozent machten keine Angabe.
Bei den Protestanten denken 26 Prozent über einen Kirchenaustritt nach - auch wegen des Missbrauchsskandals innerhalb der Katholischen Kirche.
Insgesamt sehen Christen im Westen Deutschlands in dem Missbrauchsskandal deutlich häufiger einen Austrittsgrund als im Osten: Von den Angehörige der drei Konfessionen erwägen in den "alten Bundesländern" 30 Prozent den Austritt, in den "neuen Bundesländern" nur 17 Prozent.
Wie Medien berichteten, ist unter anderem auch der ehemalige Interventionsbeauftragte des Erzbistums Köln, Oliver Vogt (51), aus der Kirche ausgetreten. Vogt hatte am Mittwoch gegenüber der KNA einen entsprechenden Bericht des ZDF-Magazins Frontal 21 bestätigt. Er sei im Februar 2021 ausgetreten, erklärte Vogt. Dies habe mehrere Grunde, dazu gehöre aber auch der persönliche Umgang von ehemaligen und amtierenden verantwortlichen Personen im Erzbistum mit der Aufarbeitung von Missbrauch.
Missbrauchskrise als Grund für Rekord-Austrittswelle?
In der Vergangenheit hatten Recherchen von CNA Deutsch ergeben, dass die Missbrauchskrise nicht der einzige Grund für die steigenden Austrittszahlen ist. Im Jahr 2019 sind insgesamt 272.771 Katholiken aus ihrer Kirche ausgetreten, was einen neuen Negativ-Rekord darstellt. Die Zahlen für das Jahr 2020 werden erst im kommenden Sommer veröffentlicht.
Nach einer Studie des Bistums Osnabrück geben vor allem ältere Menschen den Umgang der Kirche mit der Missbrauchskrise als Grund für den Austritt an. Bei jüngeren Menschen sei vor allem die Zahlung der Kirchensteuer der entscheidende Anlass, um der Kirche den Rücken zu kehren.
Bislang ist in einem verbindlichen Dekret der deutschen Bischofskonferenz festgelegt, dass ein - wie auch immer begründeter - Kirchenaustritt automatisch die Tatstrafe der Exkommunikation nach sich zieht. Diese Regelung ist jedoch selbst bei Kirchenrechtlern höchst umstritten.
Ende März 2019 hatte der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke die Bischöfe aufgefordert, das Thema zu diskutieren.
"Wir, die deutschen Bischöfe, müssen uns dringend damit befassen, wie es mit der Kirchensteuer weitergehen kann und soll. Diese Diskussion vermisse ich. Denn die katholische, aber auch die evangelische Kirche sieht sich jedes Jahr mit einer großen Zahl von Kirchenaustritten konfrontiert."
Zudem führe die Überalterung und der Kindermangel – Hanke sprach von der "demografischen Entwicklung" – zu Konsequenzen.
"Spätestens in zehn Jahren werden die Kirchensteuereinnahmen einbrechen."
Deutschlandweit drohen den Bistümern weitere finanzielle Einbußen. Zum einen hat die Corona-Pandemie den Rückgang an Kirchensteuer-Einnahmen beschleunigt. Hauptgrund bleibt jedoch der Anstieg an Kirchenaustritten (lesen Sie hierzu die Analyse von CNA Deutsch).
Prognose: Bis 2060 halbiert sich Zahl der Christen in Deutschland
(Die Geschichte geht unten weiter)
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Düster sind auch die Prognosen in Hinblick auf die zukünftigen Zahlen: Bis zum Jahr 2060 soll sich die Zahl der Kirchensteuer zahlenden Christen in Deutschland halbieren, laut einer 2019 vorgestellten Prognose eines Projekts von Wissenschaftlern der Universität Freiburg.
Grund für den Einbruch sind auch hier vor allem hohe Austrittszahlen und weniger Taufen, aber auch der Mangel an Nachwuchs: Kindermangel und Überalterung in Deutschland allein bedeuten laut Prognose bis 2060 einen Rückgang von 21 Prozent - gut ein Fünftel also.
Andere Faktoren - etwa Austritte - bedeuten einen Rückgang von 28 Prozent - knapp ein Drittel der derzeitigen Mitgliedszahlen.
Insgesamt wird sich die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland demzufolge um 49 Prozent verringern - zumindest derer, die auch Kirchensteuer zahlen. Die finanziellen Auswirkungen sind bereits jetzt in den meisten Diözesen in Deutschland spürbar.
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