24. Juli 2021
Ein exponentielles Wachstum an Abonnentenzahlen auf absehbare Zeit wird die „Bistumspresse Osnabrück“ – dazu gehören viele regionale Kirchenblätter, unter anderem die von mir sehr geschätzte „Kirchenzeitung für das Bistum Hildesheim“ (mein Lob gilt aber einzig dem stets lesenswerten Regionalteil für die Diözese) – nicht mehr erleben. Wer wissen möchte, warum, der lese in der neuesten Ausgabe nach, welche synodalen Fantasien über die katholische Sexualmoral widerspruchslos dargeboten werden, prominent vertreten vom Aachener Bischof Dr. Helmut Dieser und Frau Birgit Mock, der Führungsspitze des Forums „Leben in gelingenden Beziehungen“.
Kategorisch erklärt Bischof Dieser: „Der Synodale Weg basiert nicht auf einer Instrumentalisierung des Missbrauchs.“ Diese Meinung gibt es, davon abweichende Meinungen aber auch. In diesem Interview werben beide für eine zeitgeistliche Neuerfindung von der katholischen Sexualmoral. Das Naturrecht bleibt ebenso außen vor wie das christliche Menschenbild, die „Theologie des Leibes“ des hl. Johannes Pauls II. bleibt unverändert, die Enzyklika „Humanae vitae“ auch. Frau Mock erklärt: „Ich war am 10. Mai in einer Kirche in Hamm, in der Pfarrer Bernd Mönkebüscher Paare gesegnet hat. An der Tür hing eine große Regenbogenfahne. Was in der Kirche stattgefunden hat, war wirklich schön. Es waren homosexuelle und heterosexuelle Paare da, einige von ihnen vielleicht wiederverheiratet Geschiedene. Sie alle haben einen Zuspruch Gottes gehört in dieser Kirche. Es gab Rituale, die ihnen das so verdeutlicht haben, wie es Worte nicht können. Da sind so viele Tränen geflossen. Da war so viel Heil spürbar.“
Manchmal weinen auch Menschen, weil sie festzustellen meinen, dass einige Kleriker und Weltchristen sich von Gott abwenden. Aber Bischof Dr. Dieser widerspricht nicht, sondern ergänzt: „Wir sind am Beginn einer neuen Ära des Christlichen in unserer säkular geprägten Gesellschaft. Wir müssen es schaffen, Menschen zu zeigen, dass dieser Glaube ein Plus ins Leben bringt. Es ist unsere Aufgabe, jedem Menschen in unserer Gesellschaft das Evangelium zu verkünden. Können wir das? Noch längst nicht!“ Ja, das Evangelium gilt es zu verkündigen – nur auf welche Weise geschieht das heute? Es zeugt nicht von episkopaler Bescheidenheit und Klarsicht, den Anbruch einer neuen „Ära des Christlichen“ auszurufen – und dabei die Zustimmung zur Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte einfach so in eine subjektivistisch-protestantische „Gewissensentscheidung“ umzudeuten: „Das Heil der Seelen, der Zuspruch Gottes für die Menschen – das ist unser Kerngeschäft. Als Kirche sollen wir ein Zeichen dafür sein, dass Gott den Menschen liebt und annimmt. Wenn es darum bei der Segensfeier geht, ist es eine Gewissensentscheidung.“
Weiterhin führt Bischof Dr. Dieser aus: „Die Menschen haben das Evangelium verdient; der Dialog mit ihnen darf nicht daran scheitern, dass sie mal gehört haben, dass die Kirche Homosexuelle diskriminiert. Ich muss glaubhaft sagen können, dass das ein alter Hut ist. Ich möchte den Menschen endlich mit Freude sagen können, dass die Botschaft des Glaubens das Menschsein reich und tiefer macht. Ja sogar heilig macht.“ Wenn die Kirche Menschen – warum auch immer – diskriminieren würde, wäre das skandalös. Aber das tut sie nicht. Wer sich aber gegen die am 22. Februar 2021 von der Glaubenskongregation publizierte Erklärung stellt, der bezeugt nicht das Evangelium, sondern allein seinen persönlichen Dissens mit der Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte. In dieser Erklärung heißt es, es sei „nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt außerhalb einer unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau, die an sich für die Lebensweitergabe offen ist) einschließen, wie dies bei Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts der Fall ist.
Das Vorhandensein positiver Elemente – die in sich betrachtet dennoch zu schätzen und hervorzuheben sind – in solchen Beziehungen ist trotzdem nicht in der Lage, diese zu rechtfertigen und sie daher rechtmäßig zum Gegenstand einer kirchlichen Segnung zu machen, weil diese Elemente im Dienst einer Verbindung stehen, die nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordnet ist. Da die Segnungen für Personen in Beziehung zu den Sakramenten stehen, kann darüber hinaus die Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen nicht als zulässig angesehen werden, weil sie in gewisser Weise eine Nachahmung oder einen analogen Hinweis auf den Brautsegen darstellen würde … Die Erklärung der Unzulässigkeit von Segnungen der Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts ist daher weder eine ungerechte Diskriminierung noch enthält sie die Absicht, eine solche zu sein, sondern ruft die Wahrheit des liturgischen Ritus in Erinnerung und das, was dem Wesen der Sakramentalien zutiefst entspricht, so wie die Kirche sie versteht.“ Bischof Dr. Dieser hat auch recht, wenn er erklärt, dass die Menschen das Evangelium verdient haben.
Treffend kommentiert hat die synodalen Statements dieser Zeit Pater Engelbert Recktenwald in seinem lesenswerten Beitrag „Ist das noch die Kirche Christi?“. Dort schreibt er etwa: „Wenn zeitgenössische Theologen nun das Keuschheitsideal der Kirche, wie es sich in ihrer Sexuallehre und im priesterlichen Zölibat zeigt, für die Missbrauchsverbrechen verantwortlich machen, bestätigen sie den Mythos, sexueller Missbrauch sei etwas typisch Katholisches. Nebenbei machen sie damit die Täter zu Opfern des Systems: Der eigentlich Schuldige ist die Kirche. Und sie tun so, als ob die Kirche bloß die weltlichen Moralstandards zu übernehmen bräuchte, um mit dem Bösen in ihrer Mitte fertig zu werden. In Wirklichkeit ist es umgekehrt: Die Quelle ihrer Gesundung findet die Kirche in sich selbst, nämlich in dem, was Christus ihr gegeben hat.“ Einen Nachsatz aus aktuellem Anlass möchte ich noch in Dankbarkeit hinzufügen: Welch kostbarer Schatz ist doch das treue Apostolat der Petrusbruderschaft in dieser Zeit!
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