Aachen - Montag, 21. August 2023, 11:30 Uhr.
Der Aachener Bischof Helmut Dieser hat der Enthüllung einer Gedenktafel für die Verfolgung von Homosexuellen in der Zeit des Nationalsozialismus beigewohnt, wie das Bistum am Freitag meldete.
Aus diesem Anlass sagte der Bischof: „Die Enthüllung der Gedenktafel, die an das Schicksal und die Verfolgung der Homosexuellen in der NS-Zeit erinnert, hat mich persönlich berührt. Sie zeigt die Vielschichtigkeit auf, mit der Menschen ab 1933 verfolgt und drangsaliert wurden.“
Sodann schlug Dieser einen Bogen zur heutigen Zeit: „Auch heute ist es wichtig, Flagge zu zeigen für eine offene Gesellschaft, in der Menschen leben können, wie es ihrer Identität entspricht. Dies begründet und vermehrt nicht nur das persönliche Lebensglück der Einzelnen, sondern auch das Gemeinwohl.“
Dieser gilt als einer der schärfsten bischöflichen Kritiker der überlieferten kirchlichen Sexualmoral. So sagte er im November 2022, die Lehre der Kirche sei „einfach unterkomplex“. Und weiter: „Der jetzige Stand der kirchlichen Lehre wird im Bereich der Sexualität des Menschen bestimmten Wirklichkeiten nicht gerecht.“
„Wir können doch nicht homosexuellen Menschen die Antwort geben, dass ihr Empfinden unnatürlich wäre und sie deshalb unbedingt enthaltsam leben müssten“, so Dieser. „Als Kirche müssen wir diese Fragen neu beantworten.“
Unter Berufung auf „die Wissenschaft“ sagte Dieser, Homosexualität sei „keine Panne, keine Krankheit, kein Ausdruck eines Defizits, übrigens auch keine Folge der Erbsünde“. Daher müsse gelten: „Die Welt ist bunt, und die Schöpfung ist vielfältig. Und dann darf ich auch im Bereich der Sexualität eine Vielfalt annehmen, die von Gott gewollt ist und nicht gegen den Schöpferwillen verstößt.“
„Gleichgeschlechtliches Empfinden und Lieben ist keine Verirrung, sondern eine Variante menschlicher Sexualität“, betonte der Bischof, der seit 2016 für das Bistum Aachen zuständig ist. Insofern könne man eine derartige Beziehung auch segnen, so Dieser. Die vatikanische Glaubenskongregation hatte noch im vergangenen Jahr ausdrücklich betont, die Kirche habe keine Vollmacht, eine solche Segnung vorzunehmen.
Der Katechismus der Katholischen Kirche (KKK 2357) fasst die biblisch begründete Lehre zur Homosexualität mit den Worten zusammen: „Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet, hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, ‚daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind‘. Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.“