Wiesbaden - Mittwoch, 27. September 2023, 15:00 Uhr.
Bei der im Oktober anstehenden ersten Sitzung der Weltsynode zur Synodalität steht für Bischof Georg Bätzing die Frage im Raum: „Wie lernen wir eine veränderte Hermeneutik von weltkirchlicher Einheit?“ Gemeinsam mit den vier anderen Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), die an der Weltsynode teilnehmen, stand der DBK-Vorsitzende am Mittwochnachmittag zum Thema „Synodalität“ Rede und Antwort.
Die Einheit der Kirche lebe „in unterschiedlichen Kulturen, gesellschaftlichen Kontexten, Erfahrungen von Kirche-Sein, Vollmachten, die gegeben sind an Bischöfe und Bischofskonferenzen. Ich glaube, das wird – am Ende eines viel, viel längeren Weges, als wir ihn dieses Jahr oder nächstes Jahr gehen – stehen müssen: Gibt es ein neues Bild von Einheit, das Vielfalt – kulturell und gesellschaftlich – spiegelt und Vollmachten dezentralisiert, damit Entscheidungen getroffen werden können, die nicht überall in der Weltkirche dieselben sind und wo wir dennoch in der Substanz des Glaubens miteinander vereint sind?“
Synodalität und Zuhören, erklärte Bischof Felix Genn von Münster, müsse man „ein Leben lang lernen. Wir Bischöfe reden ja relativ viel, und ob wir jedes mal zuhören, das ist eine ganz andere Frage. Das ist schon eine Haltung, die man einüben muss.“
Angesprochen auf die Definition von Synodalität antwortete der Augsburger Bischof Bertram Meier mit zwei Bibelstellen, wonach Synode so viel bedeute wie „Reisegesellschaft“. Mit Blick auf die Begleitung des heiligen Paulus zeige sich auch die Konnotation von „Umkehr“, nämlich „zu Jesus“.
EWTN-Programmdirektor Martin Rothweiler stellte eine Frage zur Verunsicherung der Gläubigen dadurch, dass nach einem expliziten „Nein“ der römischen Glaubenskongregation – mit ausdrücklicher Billigung des Papstes – die deutschen Bischöfe trotzdem Segnungen homosexueller Verbindungen teilweise bereits erlauben oder wenigstens gemeinsam eine entsprechende Handreichung erarbeiten wollen.
Bischof Franz-Josef Overbeck von Essen antwortete: „Wir leben in einer Welt, die sich dynamisiert, und so dynamisiert sich auch die Kirche. Sie tut es auf weltkirchlicher Ebene. Sie tut es auf der Ebene in Deutschland und woanders auch, und auch vor Ort.“
Es sei „durchaus spannend zu sehen“, was derartige Themen bedeuten, „wenn wir sie nicht nur rechtlich und dogmatisch, sondern auch spirituell und pastoral betrachten“.
„Was bedeutet das für das Zueinander von Dogma und Recht und Pastoral und Spiritualität? Und das scheint mir genau die Form der Dynamisierung zu sein, auf die wir auch antworten müssen. Und von daher gibt es natürlich auf der einen Seite die irritierten Menschen. Es gibt aber auch die Menschen, die froh sind, dass Dynamisierung Freiheit bedeutet und damit nicht gleichzeitig herausfallen aus dem Leib der Kirche und aus ihrer Einheit.“
„Und genau dafür stehen wir ja auch ein als Ortskirchen bzw. wir als Bischöfe, deren Aufgabe es ist, das zu garantieren, aber gleichzeitig es auch zu ermöglichen“, ergänzte Overbeck.
Die Bischöfe Bätzing und Overbeck wurden im Rahmen der Pressekonferenz auch konkret angesprochen darauf, welche Argumente sie hören müssten, um ihre Position zu revidieren, wonach die überlieferte Lehre der Kirche zu Frauenordination oder Homosexualität geändert werden solle.
Der DBK-Vorsitzende sagte: „Die Frage kann ich nicht beantworten, will ich auch nicht beantworten weil sie sehr induktiv ist, die will ja schon die Antwort kennen.“
„Nein, ich glaube auch in der Frage der Frauenordination, und das haben wir dem Heiligen Vater ja auch vorgelegt, ist nicht das letzte Wort gesprochen, weil es weiterhin eine drängende Frage im Gottesvolk ist, unter den gesellschaftlichen Bedingungen unter denen wir leben“, so Bätzing.
Papst Johannes Paul II. hatte 1994 nachdrücklich erklärt, „daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“.
Für Bätzing gilt: „Es kann im Grunde keine geschlossenen Fragen geben, wenn sie auf dem Tisch liegen. Da muss sich die Kirche – und die Theologie beschäftigt sich lange damit – und dann eben auch das Lehramt damit befassen.“
Overbeck sagte seinerseits: „Die Frage der Orthodoxie hat immer auch mit Orthopraxie, aber auch mit der Redlichkeit des Denkens und des Argumentes zu tun. Und darum bemühe ich mich.“
„Gleichzeitig glaube ich“, so der Bischof, „angesichts der schon gerade benannten Dynamisierung von Welten, gilt das auch erst recht für das Denken und, ich betone es sehr, für das Leben des Glaubens in Freiheit. Wir, zumindest in unserer Gesellschaft, müssen hier den Lackmustest dafür bestehen, um zu zeigen, dass wir Zeuginnen und Zeugen des Evangelium sind.“
„Das ist das erste und vor allen Dingen das wichtigste, um das es geht, indem sich sowohl der sensus im Blick auf den Glauben als auch der sensus im Blick auf eine lebendige, vielgestaltige Kirche zeigt“, sagte Overbeck.
Bischof Stefan Oster SBD sprach über die Frage, ob synodale Prozesse besser öffentlich oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollen. Während die Weltsynode im Oktober nämlich der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, wurden alle Sitzungen des deutschen Synodalen Wegs live übertragen.
Er habe den Eindruck gehabt, so Oster, es sei beim Synodalen Weg „nicht einfach nur um die permanente Öffentlichkeit“ gegangen. Stattdessen sei „bewusst auch mit dem Thema Öffentlichkeit Druck ausgeübt worden. Wir haben jetzt auch in unserer Diskussion im Nachgang zum Synodalen Weg in einer intensiven Reflexion häufig gehört, das Mitbrüder sich massiv unter Druck gefühlt haben.“
„Ich bin tatsächlich auch der Meinung des Heiligen Vaters, dass, wenn es die innere Möglichkeit gibt, wirklich in Freiheit und auch ohne, sagen wir mal, Taktik und ohne Schielen auf politische Allianzen und ohne die Absicht, meine eigene Position durchzusetzen und den anderen nicht gleich damit zu schwächen – […] dann glaube ich auch, dass der Geist Gottes wirkt.“
Vor diesem Hintergrund „schaue ich auch mit einiger Skepsis auf das Thema, wie es beim Synodalen Weg gelaufen ist“, räumte Oster ein. Dort sei „mit der Veröffentlichung der Namen oder mit der Abweisung der Frage oder der Bitte um geheime Abstimmung oder mit der Auswertung der Enthaltungen und all solchen Dingen aus meiner Sicht sehr bewusst auch politischer Druck gemacht worden“.
Die fünf Diözesanbischöfe werden vom 4. bis zum 29. Oktober in Rom weilen, um dort an der ersten von zwei Sitzungen der Weltsynode teilzunehmen. Die zweite Sitzung findet in rund einem Jahr statt. Papst Franziskus hat verfügt, dass bei der ursprünglich von Papst Paul VI. als Bischofssynode konzipierten Veranstaltung erstmals auch zahlreiche Laien stimmberechtigt sind.
Noch bis Donnerstag sind die deutschen Bischöfen zu ihrer Vollversammlung in Wiesbaden. Die Veranstaltung findet in diesem Jahr dort statt, weil das Fuldaer Priesterseminar renoviert wird, wo sich die Bischofskonferenz sonst regelmäßig in jedem Herbst trifft.