Redaktion - Samstag, 23. Dezember 2023, 7:08 Uhr.
Der Präfekt des Glaubensdikasteriums beabsichtigt im Kontext der Kontroverse über Segensfeiern für homosexuelle Paare eine Reise nach Deutschland, um Gespräche mit den deutschen Bischöfen zu führen. Zudem werden führende Vertreter des Vatikans eine „Reise der Bekehrung und Vertiefung“ mit den deutschen Bischöfen antreten, um „alle notwendigen Klarstellungen vorzunehmen“.
Das sagte Kardinal Victor Manuel Fernandez in einem Interview in spanischer Sprache mit dem Portal „The Pillar“.
Auf die Frage, wie der Vatikan auf Bischofskonferenzen reagieren wird, die versuchen, die Segnungen homosexueller Verbindungen zu ritualisieren, wie dies in Deutschland der Fall ist, oder zu verbieten, wie in anderen Ländern bereits angekündigt, sagte der Präfekt der Glaubensbehörde: „wir erörtern diese Fragen derzeit mit den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen und mit Gruppen von Bischöfen, die das Dikasterium besuchen“.
„Bald wird eine Gruppe von Präfekten der Dikasterien eine Reise der Bekehrung und Vertiefung mit den deutschen Bischöfen beginnen und wir werden alle notwendigen Klarstellungen vornehmen“, so Fernandez weiter.
„Außerdem plane ich eine Reise nach Deutschland, um einige Gespräche zu führen, die ich für wichtig halte.“
Ist ein Paar keine Verbindung von zwei Personen?
Mit Blick auf die vehementen Reaktionen — bis hin zur klaren Absage mehrere Bischofskonferenzen — auf sein Schreiben sagte Fernandez: Er verstehe die Sorge von Bischöfen, wolle aber abwarten, bis diese Zeit hatten, über das Schreiben länger nachzudenken.
Ob diese Haltung die Kontroverse lösen kann, ist fragwürdig: Auch das Vorgänger-Dokument Amoris Laetitia, dessen Fußnoten für Furore sorgten und Fernandez als Ghostwriter für Papst Franziskus schrieb, wird bis heute völlig widersprüchlich interpretiert und in vielen Bistümern und Pfarreien der Weltkirche nicht angewendet. Andererseits rechtfertigen selbst-ernannte Reformer immer wieder heterodoxe Vorschläge mit Amoris Laetitia, auch und gerade im Umgang mit Homosexualität.
Droht dem neuen Vorstoß ein ähnliches Schicksal? Wie nervös man in Rom angesichts der vehementen Reaktion der Weltkirche ist, zeigen die Interviews von Fernandez zur Klärung seiner Aussagen; die Veröffentlichung von Fotos, die einen lächelnden Fernandez mit Papst Franziskus zeigen; und sogar eine Aufnahme der offiziellen Note, die zeigt, dass der Papst das kontroverse Schreiben unterzeichnet hat.
Fakt ist: Die auf Italienisch geschriebene Erklärung des Vatikans mit dem lateinischen Titel Fiducia Supplicans wurde am Montag veröffentlicht. Sie vermeidet einerseits, der bisherigen Lehre der Kirche zu widersprechen und räumt sogar ein, dass es keine liturgischen Segnungen homosexueller Verbindungen geben kann.
Der Text — hier der volle Wortlaut — erlaubt jedoch wörtlich „spontane“ Segnungen für „gleichgeschlechtliche Paare“, die „keine Legitimation für ihren eigenen Status beanspruchen, sondern darum bitten, dass alles, was in ihrem Leben und in ihren Beziehungen wahr, gut und menschlich gültig ist, durch die Gegenwart des Heiligen Geistes bereichert, geheilt und erhöht wird.“
Der Erklärung zufolge ist dies „eine echte Weiterentwicklung dessen, was im Lehramt und in den offiziellen Texten der Kirche über Segnungen gesagt wurde.“
In einem der neuen Interviews sagte Kardinal Fernandez, es werde zwar das Paar gesegnet, aber nicht die Verbindung zwischen den beiden. Deshalb ändere sein Vorstoß auch nicht die Lehre der Kirche.
Kardinal Fernandez wörtlich: „Paare werden gesegnet. Die Verbindung wird nicht gesegnet, aus den Gründen, die in der Erklärung wiederholt über die wahre Bedeutung der christlichen Ehe und der sexuellen Beziehungen erläutert werden.“
Das klingt nicht nur für einfache Katholiken unklar. Renommierte Theologen widersprechen der These: Helmut Hoping etwa bezeichnete in der Tagespost die Trennung von liturgischen und pastoralen Formen des Segens als „kunstvollen Trick“. Hier werde Kontinuität vorgetäuscht, wo es keine gebe, warnte Hoping.
Bischöfe und Priester lehnen Umsetzung ab
Bischöfe in allen Weltteilen haben in den vergangenen Tagen die Möglichkeit der Segnung homosexueller Paare in ihrem Zuständigkeitsbereich ausgeschlossen — oder so vorsichtig eingeordnet, dass eine Anwendung dort kaum möglich scheint.
Ein klares Nein kam vor allem aus Afrika, Asien, den katholischen Ostkirchen und aus Osteuropa; es sind die Bischofskonferenzen in Malawi, Sambia, Simbabwe und Kamerun, die eine Umsetzung von Fiducia Supplicans am deutlichsten untersagen und die Lehre der Kirche erneut bekräftigen. Die polnische Bischofskonferenz, die Erzdiözese Astana in Kasachstan, sowie die katholischen Ostkirchen lehnen ebenfalls jede Umsetzung ab.
In vielen weiteren Ländern und Erdteilen, etwa Australien, den Vereinigten Staaten, Großbritannien, den Philippinen, Ghana und Kenia mahnten Bischöfe zu großer Vorsicht im Umgang mit dem Dokument, um jegliche Verwirrung zu vermeiden, die dazu führen könnte, dass Menschen fälschlicherweise glauben, die Kirche erlaube homosexuelle Aktivitäten und Ehebruch.
Selbst wohlwollende Unterstützer geben zu: Dass plötzlich „spontane Segnungen“ überhaupt in einer Weise möglich sein sollen, wie sie der Vorstoß von Papst Franziskus und Kardinal Fernandez beschreibt, ist fragwürdig. Immerhin hat der gleiche Papst alle Segnungen homosexueller Paare im Jahr 2021 noch klar als unmöglich bestätigen lassen, im Einklang mit der bisherigen Lehre der Kirche.
Bislang haben einige Bischöfe in Mittel- und Westeuropa den Vorstoß aus dem Vatikan begrüßt, darunter aus Deutschland, Österreich und Belgien. Dort, vor allem in Deutschland, werden jedoch bereits homosexuelle Verbindungen auf eine Weise gesegnet, die der Vatikan mit seinem Schreiben explizit weiter verbietet, und der deutsche Synodale Weg aber fordert und umsetzen will: Als liturgische Handlungen. Genau darüber will der Leiter der Glaubensbehörde nun vor Ort in Deutschland mit den Bischöfen sprechen.