Freiburg - Donnerstag, 30. Mai 2024, 6:00 Uhr.
Konnte der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz die Satzung des Synodalen Ausschusses rechtsgültig annehmen? Dem Kirchenrechtler Heribert Hallermann zufolge ist genau das nicht möglich. Im Interview mit der Zeitschrift „Communio“ argumentiert er dafür, dass dieser Akt „rechtswidrig und somit ungültig“ war.
Noch am 16. Februar 2024 hatten drei Kurienkardinäle im Auftrag des Papstes den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) in einem Brief aufgefordert, die Satzung für den Synodalen Ausschuss nicht zu verabschieden. Daraufhin wurde das Thema von der Tagesordnung der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe gestrichen. Beim später tagenden „Ständigen Rat“ der Bischöfe wurde die Satzung am 22. April dennoch verabschiedet.
Der Frage, ob dies rechtsgültig war, ging die Zeitschrift „Communio“ in einem Interview mit Heribert Hallermann nach. Der Würzburger Kirchenrechtler war in jungen Jahren BDKJ-Landespräses und vor seiner Zeit als Professor für Kirchenrecht auch Mitarbeiter im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.
Hallermann wies im Interview darauf hin, bislang habe niemand die Frage beantworten können, auf welcher Grundlage der Beschluss erfolgte. Für ihn ist die Rechtslage eindeutig: „Weder im Kanon 455 des Kirchenrechts, der die Kompetenzen der Bischofskonferenz umschreibt, noch im diesbezüglichen Artikel 8 des Statuts der Deutschen Bischofskonferenz findet sich für einen solchen zustimmenden Beschluss irgendeine rechtliche Handhabe. Deswegen kommt der Brief der Kurie zu dem Schluss: Wenn eine solche Approbation erteilt wird, ist sie widerrechtlich und ungültig.“
Ein zweiter Einwand: Die Bischofskonferenz könne im weltlichen Bereich nicht als Rechtsträger fungieren. „Deswegen hat sie den VDD, den Verband der Diözesen Deutschlands, als Rechtsträger für den Bereich des weltlichen Rechts und der Finanzen geschaffen.“ Der VDD könne aber nur einstimmig entscheiden. Da vier Bischöfe den entsprechenden Vorschlag im VDD abgelehnt haben, sei kein gültiger Beschluss zustande gekommen. Und drittens stünde eine Approbation im Widerspruch zu den ausdrücklichen Weisungen des Heiligen Stuhls.
Nach Ansicht des Kirchenrechtlers ändert auch eine gemeinsame Presseerklärung daran nichts, die nach Konsultationen einer Gruppe von deutschen Bischöfen mit Kurienvertretern im Vatikan am 22. März 2024 herausgegeben wurde. Dass mögliche Beschlüsse über Formen der Synodalität in der Kirche in Deutschland Rom zur Approbation vorgelegt werden, sei selbstverständlich, betont Hallermann, und bedeute weiter nichts.
Denn gemäß Kanon 392 des Kirchenrechts sei jeder einzelne Bischof dazu verpflichtet, die Rechtsordnung der Kirche aktiv zu fördern, alle kirchlichen Gesetze zu befolgen und darauf zu achten, dass sich kein Missbrauch in die kirchliche Ordnung einschleiche. Und außerdem habe die Bischofskonferenz in solchen Fragen überhaupt keine Gesetzgebungskompetenz.
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Die gesamte Presseerklärung sei reine Lyrik ohne jede rechtliche Bedeutung, so Hallermann. Weder der Vorsitzende der Bischofskonferenz noch die Delegation, die in Rom anwesend war, könne irgendwelche verbindlichen Erklärungen für die Bischofskonferenz abgeben, weil es dazu keinen Konferenzbeschluss gebe.
Der Kirchenrechtler sprach auch das immer wieder vom Synodalen Weg betonte Prinzip des gemeinsamen Beratens und Entscheidens. Für Hallermann gilt: „Wer berät, entscheidet nicht.“ Solche Formen widersprechen der kirchlichen Rechtsordnung. Beides müsse auseinandergehalten werden.
Bei kirchliche Gruppen und Verbände, die nach dem Vereinigungsrecht strukturiert sind, oder bei Ordensgemeinschaften seien gemeinsame Entscheidungen durch Gremien möglich und üblich. „Wo sie nicht möglich sind, ist der Bereich des Verfassungsrechts und der Verfassungsstrukturen der Kirche, denn dort geht es um die Hirtensorge. Der Bischof trägt eine persönliche Verantwortung, die er nicht an irgendwelche Gremien abtreten kann.“
Dies sei eine Pflicht, die der Bischof bei der Übernahme dieses Amtes ausdrücklich verspreche. Er könne keineswegs darauf verzichten, die Rechtsordnung der Kirche einzuhalten. Das vom Synodalen Weg vorgesehene Konzept der „freiwilligen Selbstbindung“ laufe auf eine Anonymisierung von Verantwortung hinaus, „auf organisierte Verantwortungslosigkeit“, so der renommierte Kirchenrechtler.
Hallermann bestreitet – gemeinsam mit vier Diözesanbischöfen – die Rechtsauffassung, dass die Deutsche Bischofskonferenz Träger des Synodalen Ausschusses sei. Die Deutsche Bischofskonferenz könne eine Trägerschaft nur über den Verband der Diözesen Deutschlands übernehmen, was aber nicht geschah, weil es dazu keinen einstimmigen Haushaltsbeschluss gebe. „Wenn ein Verein die Finanzierung des Ausschusses übernimmt, dann ist nicht die Bischofskonferenz der Träger, sondern dieser Verein. Das müsste dann aber auch in der Satzung deutlich zum Ausdruck kommen.“
Seine eindeutige Schlussfolgerung: „Der Synodale Ausschuss existiert nicht, kann sich daher auch nicht konstituieren und erst recht nicht den an ihn verwiesenen Handlungstext ‚Gemeinsam beraten und entscheiden‘ und damit die Errichtung eines Synodalen Rates beschließen.“
Hallermann teilt die Auffassung von Papst Franziskus und den drei ranghöchsten Kurienkardinälen: „Die Einrichtung eines Synodalen Rates betrifft die Leitungsstrukturen in der Kirche, und die sind nun mal erschöpfend in der kirchlichen Rechtsordnung geregelt. Der Hinweis auf einen Prozess ‚sui generis‘ besagt vor diesem Hintergrund doch nur, dass man die geltende Rechtsordnung bewusst ignoriert.“