Wie Jesuiten in Bolivien sexuellen Missbrauch durch eigene Ordensmänner ignorierten

Foto von Pater Luis María Roma SJ in der Aula des Internats Juan XXIII. in Cochabamba (Bolivien), dem Ort, an dem ein anderer Jesuitenpater, Alfonso Pedrajas (Pater Pica), die meisten seiner Missbräuche an Minderjährigen begangen hat. Dieses Bild wurde dort im Oktober 2023 aufgenommen.
Andrés Henríquez / ACI Prensa

Der Jesuiten-Orden in Bolivien hat am 16. Juni öffentlich zugegeben, „fahrlässig, träge und ruchlos” gehandelt zu haben, was den Missbrauch durch Ordensmänner wie den verstorbenen Pater Luis María Roma betrifft.

Der Jesuitenpater führte – wie sein notorischer Ordensbruder „Padre Pica” – ein Tagebuch. Zudem hatte er Fotos und Videos von den indigenen Mädchen, die er sexuell missbrauchte.

In einer Erklärung hat die Gesellschaft Jesu in Bolivien am Sonntag „mit tiefem Bedauern“ festgestellt, dass die Handlungen derjenigen, die für den Umgang mit den Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zuständig waren und im Namen der Opfer handelten, „fahrlässig, nachlässig und ruchlos“ waren.

Die Jesuiten in Bolivien gaben zu, dass die Opfer nicht im Mittelpunkt des Interesses standen. In Zukunft sollen nun diejenigen, die auf diese Weise gehandelt haben, zur Rechenschaft gezogen werden.

Damit würden die Jesuiten auch dem Vorgehen der bolivianischen Justiz im Rahmen eines ordnungsgemäßen Verfahrens entsprechen.

Die Erklärung wurde einen Tag nach der Veröffentlichung eines neuen Berichts der spanischen Zeitung El País über Pater Luis María Roma herausgegeben. Roma soll „jahrzehntelang Hunderte indigener Mädchen in Bolivien missbraucht haben. Er fotografierte sie, nahm sie auf Video auf und hielt alles schriftlich fest”.

Durch die Enthüllungen in der Presse – und den wachsenden Druck der Behörden – geriet der Orden unter Druck und führte eine interne Untersuchung durch, die die Verbrechen und ihre Vertuschung bestätigte.

Die Ergebnisse der internen Untersuchung wurden nach Pater Romas Tod im Jahr 2019 in einer Schublade aufbewahrt und sind bis heute unveröffentlicht geblieben.

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Diese Vertuschung habe nun ein Ende: In ihrem Kommuniqué geben die Jesuiten zu, dass die derzeitigen Verantwortlichen der Regierung der Gesellschaft Jesu in Bolivien die moralische Verpflichtung haben, nicht so zu handeln, wie sie es in der Vergangenheit getan haben.

Man unterstütze nun auch die Staatsanwaltschaft in ihren Ermittlungen und habe eine Kommission eingerichtet.

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Im Mai 2023 wurden im Rahmen der Ermittlungen zum Missbrauch eines weiteren spanischen Jesuitenpaters, Alfonso Pedrajas – den notorischen „Padre Pica” – schwere Vorwürfe gegen Luis María Roma Padrosa und Monsignore Alejandro Mestre erhoben.

Die Anschuldigungen wurden vom ehemaligen Jesuitenprovinzial Osvaldo Chirveches vorgebracht, der angab, dass sie bereits untersucht worden seien und dass es nun an der Staatsanwaltschaft liege, einzugreifen.

Im Fall des Jesuiten Luis María Roma, der 66 Jahre lang Pater war, wurde im Jahr 2019, dem Jahr seines Todes, durch die Agentur Efe bereits ermittelt.

Die genaue Zahl der Kinder, die der Jesuit über Jahre missbrauchte, ist nicht bekannt. Pater Roma soll die Minderjährigen im Alter zwischen 7 und 12 Jahren in der Stadt Charagua im Osten Boliviens sexuell missbraucht haben. Fotografische Aufzeichnungen seiner Sexualverbrechen, die der Jesuitenpater anfertigte und sammelte, belegten sein Vorgehen.

Nach Angaben von Página Siete dauerte es vier Jahre, bis der Fall bei der Staatsanwaltschaft angezeigt wurde. Nicht nur der Orden hat versagt: Laut Página Siete „haben weder die Kirche noch der Staat eine öffentliche Untersuchung oder ein Gerichtsverfahren betrieben”.

Nach Abschluss der Untersuchung wurde der Bericht zusammen mit allen Unterlagen an die Generalkurie der Gesellschaft Jesu in Rom geschickt, um ihn dort zu studieren und um mit der Kongregation (jetzt Dikasterium) für die Glaubenslehre zu beraten.

Im September 2022 wurde die Plausibilität der Anschuldigungen festgestellt: Man gab zu, dass sie wohl zutreffend sind.

Wie viele weitere Kinder der Jesuit missbraucht hat, wird, wenn überhaupt, erst in Zukunft klarwerden: Pater Luis María Roma war zudem als Lehrer an der Schule San Calixto in La Paz, an der Schule San Clemente in Potosí sowie als Direktor des Tacata-Heims für Minderjährige in Cochabamba tätig.

Übersetzt und redigiert aus dem Original von ACI Prensa, der spanischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.