Redaktion - Dienstag, 13. Mai 2025, 15:30 Uhr.
Kardinal Jean-Claude Hollerich SJ, ein enger Mitarbeiter von Papst Franziskus und eine Schlüsselfigur bei der Weltsynode zur Synodalität, sieht in Papst Leo XIV. „eine Fortsetzung des Ansatzes von Franziskus“. Konkret bezog sich der Erzbischof von Luxemburg auf die Äußerung von Leo, „dass die Kirche für alle offen ist“.
Hollerich sprach am Samstag mit der italienischen Tageszeitung Avvenire, die der italienischen Bischofskonferenz gehört.
„Es gibt im Christentum einen messianischen Universalismus, demzufolge die Heilsbotschaft Jesu für die gesamte Menschheit bestimmt ist“, so der Kardinal. „Daher ist sie an alle gerichtet. Auch an Homosexuelle. Niemand kann behaupten, dass Christus am Kreuz für alle außer für Homosexuelle gestorben ist. Diskriminierung ist nicht christlich.“
Mit Blick auf die von Papst Franziskus ausdrücklich gutgeheißene vatikanische Erklärung Fiducia supplicans sagte Hollerich, er „spekuliere“, „dass der neue Papst sie vielleicht neu interpretiert, aber nicht abschafft. Unter anderem beabsichtigt die Kirche nicht, gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit der Ehe gleichzusetzen. Vielmehr wird in der Erklärung betont, dass jeder Mensch von Gott gesegnet ist.“
Kontroverse um Fiducia supplicans
Der Vatikan hatte 2021 noch festgehalten, die Kirche verfüge „weder über die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts im oben gemeinten Sinne zu segnen, noch kann sie über diese Vollmacht verfügen“. Auch diese Klarstellung war von Papst Franziskus gutgeheißen worden.
Weniger als drei Jahre später sah es – jetzt mit Kardinal Víctor Manuel Fernández an der Spitze des Dikasteriums für die Glaubenslehre – ganz anders aus. Fiducia supplicans hielt fest: „In dem hier umrissenen Horizont liegt die Möglichkeit der Segnung von Paaren in irregulären Situationen und von gleichgeschlechtlichen Paaren, deren Form von den kirchlichen Autoritäten nicht rituell festgelegt werden darf, um keine Verwechslung mit dem dem Ehesakrament eigenen Segen hervorzurufen.“
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Zahlreiche Bischöfe, besonders auf dem afrikanischen Kontinent, leisteten Ende 2023 und Anfang 2024 ausdrücklichen Widerstand und kündigten an, solcherlei „Segnungen“ in ihren Diözesen nicht durchzuführen.
Papst Franziskus sprach in einem Interview im Januar 2024 von „kleinen ideologischen Gruppen“, die „vehement protestieren“. Ein „Sonderfall“ seien hingegen „die Afrikaner: Für sie ist Homosexualität etwas ‚Hässliches‘ aus kultureller Sicht, sie tolerieren sie nicht.“
Traditionell argumentiert die Kirche, man könne die Sünde als solche nicht segnen. Eine homosexuelle Verbindung oder ein anderweitiges außereheliches Zusammenleben (im Sinne einer geschlechtlichen Beziehung) kann also nicht gesegnet werden. Die involvierten Personen selbst können jedoch selbstverständlich als Menschen – die wie alle anderen Menschen auch Sünder sind – einen Segen empfangen. Dies war bereits vor Fiducia supplicans die kirchliche Praxis und auch auf lehrmäßiger Ebene das katholische Verständnis.
Leo XIV. als „Mann des Gebets“
Über Papst Leo XIV. sagte Hollerich am Samstag, die Kardinäle hätten „einen Mann des Gebets gewählt, einen Jünger Jesu, einen Steuermann, der weiß, wie man die Kirche durch die Wellen der Geschichte führt. Die Tatsache, dass er amerikanischer Staatsbürger ist, ist ein Zufall.“
Leo sei keine Kopie von Papst Franziskus, „denn eine Kopie ist an sich schwach und nie so gut wie das Original. Leo XIV. wird also seinen eigenen Stil und seine eigenen Merkmale haben, aber in der Nachfolge von Franziskus. Natürlich haben wir ihn nicht gewählt, weil er weniger auffällig ist als sein Vorgänger.“
„Leo XIV. hat in seinem Ansatz einige Züge von Papst Benedikt“, betonte Hollerich vielmehr. „Und er will eine kirchliche Versöhnung, aber nicht durch äußere Elemente, wie sich manche Leute das vorstellen: zum Beispiel dadurch, ob er im Apostolischen Palast wohnt oder nicht, oder dadurch, was er anzieht. Er weiß, dass die Kirche nicht gleichbedeutend mit Uniformität ist.“