Bischof Bätzing sieht in deutscher Abtreibungsgesetzgebung eine „kluge Balance“

Bischof Georg Bätzing
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Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), hat die gegenwärtige deutsche Abtreibungsgesetzgebung als „kluge Balance“ beschrieben. Derzeit werden durch Ausnahmen im Strafgesetzbuch mehr als 100.000 Kinder pro Jahr im Mutterleib getötet, obwohl Abtreibungen weiterhin grundsätzlich rechtswidrig sind.

Gleichzeitig sagte der DBK-Vorsitzende und Bischof von Limburg am Mittwoch im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen über die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf, eine SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, die noch vor wenigen Monaten von verfassungsrechtlich garantierter Menschenwürde erst ab der Geburt gesprochen hatte: „Diese Frau hat es nicht verdient, so beschädigt zu werden.“

Im Februar hatte Brosius-Gersdorf, die nach dem Willen der SPD Teil des Bundesverfassungsgerichts werden soll, bei einer Anhörung im Bundestag erklärt: „Meines Erachtens gibt es gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt.“

Die CDU/CSU-Fraktion, besonders und ausdrücklich auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), wollte am Freitag Brosius-Gersdorf als Kandidatin des Koalitionspartners SPD unterstützen. Zuvor hatte es bereits Hinweise gegeben, wonach eine signifikante Zahl von Abgeordneten von der Linie der Fraktion abweichen könnten. Schließlich wurde die Wahl von drei Richtern für das Bundesverfassungsgericht am Freitag von der Tagesordnung genommen, um zu vermeiden, dass der eine oder andere Kandidat nicht gewählt wird.

Selbst Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), die vor drei Jahren gefordert hatte, es sei „sicherzustellen, dass der medizinische Eingriff eines Schwangerschaftsabbruchs flächendeckend ermöglicht wird“, äußerte sich ablehnend zu Brosius-Gersdorf.

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„Dass eine Kandidatin für das Amt der Bundesverfassungsrichterin öffentlich erklärt, es gebe ‚gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt‘, beunruhigt mich sehr“, sagte Stetter-Karp letzte Woche auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Ich würde sie aufgrund dieser Position nicht wählen können.“

Es sei „inakzeptabel“, einem Menschen „in seinen neun Monaten im Mutterleib keine Menschenwürde zuzusprechen“, so die ZdK-Präsidentin außerdem.

Auch mehrere Bischöfe – Kardinal Rainer Maria Woelki von Köln sowie die Bischöfe Helmut Dieser von Aachen, Stefan Oster SDB von Passau und Rudolf Voderholzer von Regensburg – hatten sich im Vorfeld kritisch zu der Personalie geäußert. Von der DBK gab es keine offizielle Stellungnahme, wohl aber vom Katholischen Büro in Berlin als Schnittstelle zwischen Kirche und Bundespolitik.

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Die Wahl von Richtern für das Bundesverfassungsgericht ist nach Auffassung des DBK-Vorsitzenden „kein Thema für einen Kulturkampf. Wir können diesen Kulturkampf nicht gebrauchen. Es gibt zu viele Profiteure davon.“ Er selbst wolle sich „nicht zu der Kandidatin äußern, das ist Aufgabe der Politik“.

Bätzing sagte am Mittwoch mit Blick auf das strafrechtliche Verbot von Abtreibungen, das zahlreiche Ausnahmen und somit letztlich mehr als 100.000 vorgeburtliche Kindstötungen pro Jahr erlaubt: „Warum soll man den klaren Kompromiss, den es zur Abtreibungsfrage gibt, aufgeben und damit womöglich eine gesellschaftliche Spaltung riskieren?“