Vatikanist Marco Politi: Nur 20 Prozent der Kurie "offen für den Papst"

Marco Politi
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Der bekannte Vatikanist Marco Politi hat erklärt, in der römischen Kurie seien nur "20 Prozent offen für den Papst", während zehn Prozent gegen ihn seien und 70 Prozent "auf den nächsten Papst" warten. Im Gespräch mit dem Podcast Himmelklar sagte Politi, man befinde sich "in der Abendzeit dieses Pontifikats, und man hat auch keine klare Idee davon, wie der nächste Papst sein soll und was seine Richtlinien sein sollen".

Papst Franziskus selbst fahre "manchmal einen Zickzack-Kurs", so der Journalist mit Blick auf seine Haltung zum deutschen "Synodalen Weg": "Einerseits sagt er, die deutschen Katholiken sollen vorangehen. Dann sagt er, man solle vorsichtig sein. Und dann kommt so ein Kommuniqué, das zweiseitig ist, denn es soll beruhigend sein für die Bremser und trotzdem ein kleines Signal sein für die Reformer."

"Franziskus bekommt viel Zustimmung innerhalb der Kirche, aber auch außerhalb der Kirche", sagte der Vatikanist. "Das liegt an seiner Linie einer Kirche, die nicht autoritär ist, sondern eine barmherzige Kirche ist, die sich um die Menschen kümmert und die sich auch um die soziale Ungerechtigkeit kümmert oder um die Auswirkungen des Umweltschadens auf die soziale Situation der Menschen."

"Wenn es aber darum geht, innerkirchlich Partei zu ergreifen, sind die Bremser, die Konservativen, viel stärker darin, von sich reden zu lassen als die Reformer", so Politi weiter. "Deswegen gibt es jetzt seit Jahren einen schwelenden Untergrund-Bürgerkrieg in der katholischen Kirche."

Bei der von Franziskus einberufenen mehrjährigen Weltsynode, die noch bis Herbst 2023 andauern soll, habe er "nichts Besonderes" gesehen, betonte Politi. Von einer "Mobilisation, wie es sie zu Zeiten vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab", könne nicht die Rede sein: "Damals gab es nicht nur die Bischöfe, damals gab es Theologen, Laien und Initiativen von Gruppen, die schon darüber nachdachten, wie die Reform der Liturgie aussehen soll. Sie dachten darüber nach, wie die Beziehungen zu den Juden aussehen und wie die Beziehungen zu den Schwestern und Brüdern der anderen christlichen Kirchen und zu den anderen Religionen sind. Da gab es eine große Vorarbeit."

Heute spreche man hingegen "sehr allgemein und sagt, man müsse auf die Gesellschaft hören, auch auf kirchenferne Kreise. Aber dann lese ich zum Beispiel ein Arbeitsdokument der Deutschen Bischofskonferenz, die ganz bestimmt auf deutsche Art gründlich arbeitet und sagt: Wir haben es nicht geschafft, in den Dialog zu kommen mit den Kirchenfernen. Und andererseits haben sich auch innerhalb der katholischen Gemeinschaft in Deutschland nicht so viele Leute mobilisiert, wie man erwarten konnte."

Insofern müsse man abwarten, "wie sich die Weltsynode aussprechen wird. Da ist die Frage, ob es einen Moment geben wird, wo sich das Feuer der Diskussion entfacht oder ob alles nur ein bürokratischer Prozess bleibt."

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