Dogmatikerin Knop: Zu „dekretieren, was wahr und was falsch ist, führt nicht weiter“

Julia Knop
screenshot / YouTube / Ökumenische Akademie Gera Altenburg

Die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop, die prominent beim deutschen Synodalen Weg vertreten war, hat betont: „Zentral zu dekretieren, was wahr und was falsch ist, führt nicht weiter, erst recht nicht der Versuch, das machtvoll durchzusetzen. Man muss die Wahrheit nicht vor der Wirklichkeit schützen und Gott nicht vor dem Leben der Menschen.“

Im Gespräch mit katholisch.de sagte die Theologin, die auch Teil des Synodalen Ausschusses zur Verstetigung des Synodalen Wegs ist: „Papst Benedikt XVI. hatte die angebliche ‚Diktatur des Relativismus‘ zuerst konstruiert und dann bekämpft. Meines Erachtens stehen wir in der Kirche heute vor einer umgekehrten Herausforderung: Nicht eine ‚Diktatur des Relativismus‘ ist das Problem, sondern ein ‚Diktat der Wahrheit‘.“

„Gerade in den Religionen ist die Versuchung groß, vermeintlich eindeutige Positionen auch dann noch als wahr zu behaupten, wenn sie nicht mehr einleuchten oder die Wirklichkeit längst über sie hinweggegangen ist“, zeigte sich Knop überzeugt, um dann zu ergänzen: „Aber eine ‚Wahrheit‘, die sich nicht im Diskurs und im Leben bewährt, sondern autoritativ durchgesetzt werden muss, ist keine Heilszusage, sondern eine Kampfansage. Auch dann, wenn es um Gott geht.“

Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 1960er Jahren habe „ein Paradigmenwechsel eingesetzt. Wir verstehen heute das Verhältnis von Wahrheit und Sprache, Offenbarung und Dogma, Lehramt und Glauben anders. Wahrheit lässt sich nicht in Sätze bannen. Sie liegt in der Beziehung zu Gott. Und diese Beziehung, also der Glaube, ist unmittelbar und braucht keine lehramtliche Vermittlung.“

Zwar könne man in „der römisch-katholischen Binnenlogik“ nicht hinter das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit zurück. „Aber die Geschichte geht ja weiter“, so Knop. „Papst Franziskus macht manches einfach anders. Er folgt nicht dem autoritativen Muster lehramtlichen Sprechens des 19. Jahrhunderts, sondern redet in Interviews, bei fliegenden Pressekonferenzen, in Fußnoten, in persönlichen Briefen.“

Gefragt, wie man vor diesem Hintergrund noch zu einem Konsens kommen könne, was katholisch sei, sagte die Dogmatikerin: „Das wird nur diskursiv und partizipativ gehen. Man muss den Streit beherzt und intelligent führen. Was wahr, also sinnstiftend und lebensförderlich, ist, muss sich in der Auseinandersetzung und in der Realität bewähren. Und was verbindlich gelten soll, braucht das Commitment derer, die sich daran binden sollen. Das geht nicht mehr über autoritativ vorgetragene Lehren oder eindeutige Sätze.“

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