Ukrainischer Großerzbischof beklagt Zermürbungstaktik und psychische Kriegsschäden

Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk mit einer Delegation von „Kirche in Not“
Kirche in Not

Das Oberhaupt der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, stellt im zweiten Kriegswinter eine tiefe Erschöpfung und Spaltung der Bevölkerung fest. „Der Krieg, den wir jetzt erleben, ist nicht mehr nur ein direkter Angriff, sondern ein Krieg der Erschöpfung.“ Diese Zermürbungstaktik sei Teil der psychologischen Kriegsführung, sagte Schewtschuk gegenüber einer Delegation des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN), die sich Anfang Dezember zu einem Solidaritätsbesuch in der Ukraine aufhielt.

„Unser Volk, unsere Familien sind durch die Kriegserfahrungen zerrissen“, erklärte der Großerzbischof. Es gäbe eine Trennung zwischen denjenigen, die das Land verlassen haben, und denjenigen, die geblieben sind, zwischen Soldaten an der Front und ihren evakuierten Ehefrauen, zwischen der Ost- und Westukraine.

Katastrophale Versorgungslage bei Strom und Heizung

Die Versorgungslage sei aktuell katastrophal, besonders im Hinblick auf die Energieversorgung. Schewtschuk führte aus, dass im vergangenen Jahr bereits über die Hälfte der Strominfrastruktur des Landes zerstört wurde. Aktuell seien schätzungsweise rund drei Viertel der Bevölkerung auf Generatoren angewiesen, um ihre Wohnungen heizen oder Stromanschlüsse nutzen zu können.

Laut dem Großerzbischof seien rund 80 Prozent der Menschen in der Ukraine körperlich oder seelisch verwundet. Die Kriegstraumata würden zu einem immer größeren Problem. Seine Kirche versuche, diese Menschen zu betreuen, aber auch viele Priester seien am Ende ihrer Kräfte. Viele Menschen in der Ukraine befürchteten, dass ihr Schicksal in Vergessenheit geraten könnte. „Insofern haben die Besuche und die Hilfe von Organisationen wie ,Kirche in Not’ eine therapeutische Wirkung für uns“, hob der Großerzbischof hervor. „Neben der humanitären Hilfe ist auch die menschliche Beziehung entscheidend.“

Über 15 Millionen Euro für die Ukraine

„Kirche in Not“ hat seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine mehr als 15 Millionen Euro für 600 Projekte bereitgestellt, um die Nothilfe der griechisch-katholischen und der römisch-katholischen Kirche zu unterstützen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf Heizungsprojekten in kirchlichen Flüchtlingsunterkünften, der Instandsetzung zerstörter Gebäude und den Kauf von Fahrzeugen, um Hilfsgüter in entlegene Gebiete transportieren zu können. „Kirche in Not“ unterstützt auch Schulungen zur Betreuung von traumatisierten Menschen sowie Ferienfreizeiten für Kinder aus dem Kriegsgebiet.

In der mehrheitlich orthodoxen Ukraine gehören nach Vorkriegsstand etwa vier Millionen Menschen der griechisch-katholischen Kirche an. Sie pflegt Ritus und Kirchenstruktur der Ostkirchen, steht aber in Einheit mit dem Papst. Die Zahl der Angehörigen der römisch-katholischen Kirche liegt bei unter einer Million.

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