Fiducia Supplicans „kein Thema“ für die Weihnachtszeit, sagt uruguayischer Kardinal

Kardinal Daniel Sturla, Erzbischof von Montevideo (Uruguay)
Erzbistum Montevideo

Der Erzbischof von Montevideo hat gesagt, dass die Erklärung Fiducia Supplicans des vatikanischen Dikasteriums für die Glaubenslehre, die die Segnung homosexueller Paare erlaubt, „kein Thema ist, das man jetzt zu Weihnachten herausbringen sollte“, und zu Spaltungen in der Weltkirche führt.

Kardinal Daniel Sturla reiht sich damit in den wachsenden Chor kritischer Stimmen ein, die das Schreiben öffentlich ablehnen: Das Dokument sei „umstritten“ und stifte Verwirrung, stellte der Salesianer am 24. Dezember im Interview mit El País fest, einer spanischsprachigen Zeitung aus Uruguay. 

„Ich glaube nicht, dass es ein Thema ist, das man jetzt zu Weihnachten an die Öffentlichkeit bringen sollte. Es hat meine Aufmerksamkeit erregt, weil es ein kontroverses Thema ist und zu Spaltungen innerhalb der Kirche führt“, sagte der 64-jährige, der in dem am stärksten säkularisierten Land Lateinamerikas tätig ist, in dem Weihnachten seit 1919 nicht mehr offiziell gefeiert wird.

Sturla wörtlich: „Es ist klar, dass ein Priester alle Menschen segnet. Ich war gerade in einem Gefängnis und habe jeden gesegnet, der dort war. Wenn mich Menschen um meinen Segen bitten, gebe ich ihn immer. Ich erinnere mich, dass wir in einer Prozession in der St. Ignatius Pfarrei waren, als das Transsexuellengesetz diskutiert wurde, und einige Transsexuelle zu mir kamen und mich um meinen Segen baten, und ich habe sie gesegnet.“

Der Kardinal betont damit, was andere Bischöfe ebenfalls erklärt haben, die Fiduccia Supplicans ablehnen: Natürlich segnet die Kirche bereits alle Individuen, die einen Segen wünschen.

In dem Interview mit El País wies Sturla darauf hin, dass die Erklärung der Fiducia Supplicans „Verwirrung stiftet, weil sie sagt, dass man segnen kann, aber nicht durch einen Ritus. Kurz gesagt, was ich glaube, ist, dass Personen gesegnet werden können, aber solche Paare als Paare nicht.“

„Es ist ein Nein, aber ein Ja, und ein Ja, aber ein Nein. In demselben Dokument steht, dass es die Lehre der Kirche nicht ändert. In Anbetracht der mangelnden Klarheit des Dokuments verstehe ich es so, dass die bisherige Praxis der Kirche fortgesetzt werden muss, nämlich alle Personen zu segnen, die um einen Segen bitten, aber keine gleichgeschlechtlichen Paare zu segnen.“

„Wenn es darum geht, näher an die Menschen heranzukommen und den Homosexuellen das Gefühl zu geben, dass sie Teil der Kirche sind, ist das für mich in Ordnung. Denn die Kirche ist für alle da. Aber es gibt bestimmte Regeln. Sie segnen auch kein unverheiratetes Paar. Verbindungen, von denen die Kirche selbst sagt, dass sie nicht mit dem Plan Gottes übereinstimmen, können nicht gesegnet werden“, fuhr der Kardinal fort.

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Sturla erklärte auch, dass „es in der Kirche eine Hierarchie von Dokumenten gibt. Dies ist keine Verlautbarung des Papstes, die auf der Ebene eines Dogmas angesiedelt ist. Außerdem hat ein Dokument des Heiligen Stuhls vor zwei Jahren genau das Gegenteil gesagt.“

Worum es geht 

Die auf Italienisch geschriebene Erklärung des Vatikans mit dem lateinischen Titel Fiducia Supplicans wurde am 18. Dezember veröffentlicht und löste sofort eine weltweite Kontroverse und vehemente Debatten aus.

Der Text vermeidet einerseits, der bisherigen Lehre der Kirche zu widersprechen und räumt sogar ein, dass es keine liturgischen Segnungen homosexueller Verbindungen geben kann, wie sie etwa in Deutschland von Bischöfen betrieben werden.

Gleichzeitig wird im Dokument — hier der volle Wortlaut —  wörtlich die „spontane“ Segnungen für „gleichgeschlechtliche Paare“ eingeführt, die „keine Legitimation für ihren eigenen Status beanspruchen, sondern darum bitten, dass alles, was in ihrem Leben und in ihren Beziehungen wahr, gut und menschlich gültig ist, durch die Gegenwart des Heiligen Geistes bereichert, geheilt und erhöht wird.“

Der Erklärung zufolge ist dies „eine echte Weiterentwicklung dessen, was im Lehramt und in den offiziellen Texten der Kirche über Segnungen gesagt wurde.“

Paare ja, Verbindungen nein?

Bischöfe in aller Welt haben in den vergangenen Tagen die Möglichkeit der Segnung homosexueller Paare wie Verbindungen in ihrem Zuständigkeitsbereich ausgeschlossen — oder so vorsichtig das Schreiben aus Rom eingeordnet, dass eine Anwendung kaum möglich scheint. 

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Angesichts der kritischen Reaktionen hat der verantwortliche Glaubenspräfekt, Kardinal Victor „Tucho“ Fernandez, in spanischsprachigen Interviews gesagt, es werde gemäß seiner Erklärung zwar das Paar gesegnet, aber nicht die Verbindung zwischen den beiden. Deshalb ändere sein Vorstoß auch nicht die Lehre der Kirche. 

Kardinal Fernandez wörtlich: „Paare werden gesegnet. Die Verbindung wird nicht gesegnet, aus den Gründen, die in der Erklärung wiederholt über die wahre Bedeutung der christlichen Ehe und der sexuellen Beziehungen erläutert werden.“ 

Außerdem räumte der argentinische Kirchenmann mittlerweile ein, dass Bischöfe seinen Vorstoß nicht umsetzen müssen. 

Selbst wohlwollende Unterstützer geben zu: Dass plötzlich „spontane Segnungen“ von Paaren, aber nicht deren Beziehung, überhaupt in einer Weise möglich sein sollen, wie sie der Vorstoß von Papst Franziskus und Kardinal Fernandez beschreibt, ist fragwürdig. Immerhin hat Papst Franziskus eine Segnung homosexueller Paare im Jahr 2021 noch klar als unmöglich bestätigen lassen, im Einklang mit der bisherigen Lehre der Kirche.

Deutsche Bischöfe bekommen Besuch

Seit Veröffentlichung von Fiduccia Supplicans haben einige Bischöfe in Mittel- und Westeuropa den Vorstoß aus dem Vatikan begrüßt, darunter aus Deutschland.

In Deutschland werden jedoch bereits homosexuelle Verbindungen auf eine Weise gesegnet, die der Vatikan mit seinem Schreiben explizit weiter verbietet, aber der deutsche Synodale Weg fordert und umsetzen will: Als liturgische Handlungen. Genau darüber will der Leiter der Glaubensbehörde nun vor Ort in Deutschland mit den Bischöfen sprechen.  

Übersetzt und redigiert aus dem Original der CNA Deutsch-Partneragentur ACI Prensa.