Jesuit und Gründer der katholischen Journalistenschule mit 95 Jahren gestorben

Pater Wolfgang Seibel wird von Thomas Gottschalk interviewt.
Screenshot von YouTube

Pater Wolfgang Seibel SJ, der Publizist und Mitinitiator der katholischen Journalistenschule ifp, ist am Sonntag in den frühen Morgenstunden im Alter von 95 Jahren in der Nähe von München gestorben.

Seibel wuchs als jüngstes von sechs Kindern im pfälzischen Hauenstein auf. 1944 wurde er im Alter von 16 Jahren kriegsbedingt als Luftwaffenhelfer eingezogen. Nach dem Krieg legte er 1947 am Kolleg St. Blasien das Abitur ab.

Anschließend trat Seibel in das Jesuitenseminar St. Georgen in Frankfurt ein. 1948 wechselte er an das Collegium Germanicum und studierte an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom weiter, wo er 1953 zum Priester geweiht wurde.

1955 wurde Seibel in die Redaktion der jesuitischen Monatszeitschrift „Stimmen der Zeit“ berufen, deren Chefredakteur er später wurde. Die Zeitschrift wurde, so der Theologe Karl Rahner, zu einer Plattform für den „kritischen Dialog“ nach dem Konzil.

Für Seibel hatte das Zweite Vatikanum große Bedeutung

Karl Rahner, der das Zweite Vatikanische Konzil maßgeblich geprägt hat, lebte einige Jahre mit Wolfgang Seibel in einer Kommunität. Für Seibel waren das Zweite Vatikanische Konzil und die Würzburger Synode von großer Bedeutung. Diese „Sternstunden“ der Kirchengeschichte, wie Seibel sie nannte, verteidigte er zeitlebens.

„Unter Tendenzen eines Rückbaus des Konzils unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI. litt er“, wie es in einem Nachruf der Jesuiten über ihn heißt.

Seibel „vereinte in seiner Person progressiven Konzilsgeist mit theologischem Fachwissen und journalistischer Kompetenz“, hielt Johanna Kempter in ihrer Diplomarbeit von 2010 fest.

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Mitinitiator des Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses

1968 wurde im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz das Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp) gegründet. Seibel war Mitinitiator und Leiter dieses Instituts.

Seine Absolventen sollten „im offenen Dialog nach der Wahrheit suchen“, „nie in der Pose des allwissenden Lehrmeisters auftreten“, sondern „mit allen anderen um die Lösung der Probleme ringen“, betonte Seibel bei seiner Verabschiedung 1991.

„Sie sollen gute, wenn möglich herausragende Journalisten werden, und wenn sie dann auch noch überzeugte Christen sind, hat das Institut seine Ziele voll erreicht“, so die Gründungsmaxime des damaligen Direktors.

Inzwischen haben insgesamt über 3.000 Absolventen die Ausbildung am ifp abgeschlossen.

Pater-Wolfgang-Seibel-Preis

Mit dem Pater-Wolfgang-Seibel-Preis zeichnet der Förderverein des ifp seit 2004 herausragende journalistische Nachwuchsarbeiten aus.

Als Leiter des ifp war Seibel immer wieder mit dem Vorwurf der Bischöfe konfrontiert, die Kirche züchte sich mit dem ifp ihre eigenen Kritiker heran. Dabei, so Seibel, sollten die Bischöfe für kritische Journalisten dankbar sein.

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Mit Leitartikeln wie „Die Stellung der Frau in der Kirche“ hatte Seibel schon vor 40 Jahren ähnliche Reformvorschläge aufgegriffen wie der Synodale Weg heute. Er befürwortete durchaus radikale Neuerungen.

„Pater Seibel hat die katholische Publizistik in Deutschland geprägt wie kaum ein zweiter“, sagte der Vorsitzende der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten Deutschlands (GKP), Joachim Frank, in einem Nachruf.