Soll Erzbischof Gänswein Nuntius in Litauen werden?

Erzbischof Georg Gänswein
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Erzbischof Georg Gänswein könnte möglicherweise Nuntius in Litauen werden, wie die italienische Tageszeitung Corriere della Sera am Samstag spekulierte. Am Donnerstag hatte die argentinische Tageszeitung La Nación zuerst berichtet, dass Papst Franziskus plane, den langjährigen Privatsekretär von Papst Benedikt XVI. zum Nuntius zu machen, dabei aber keine Details preisgegeben.

„Seit Wochen wird im Vatikan über die Ernennung des einstigen Privatsekretärs von Benedikt XVI. zum Nuntius gesprochen“, hieß es im Corriere della Sera. Der Pontifex habe „beschlossen, ein neues Kapitel aufzuschlagen“, nachdem er Gänswein in einem kürzlich veröffentlichten Buchinterview scharf kritisiert hatte.

Derzeit hat Gänswein keine offizielle Aufgabe in der Kirche. Er lebt in der Erzdiözese Freiburg, seiner Heimat, nachdem der Papst ihm gesagt hatte, er solle nicht in Rom bleiben. Als Nuntius wäre er Vertreter bzw. Botschafter des Papstes in einem bestimmten Land – im Falle von Litauen auch zuständig für Estland und Lettland.

Verhältnis von Gänswein und Franziskus

Seit Anfang 2020 war Gänswein von seinem Posten als Präfekt des Päpstlichen Hauses „beurlaubt“, so die offizielle Sprachregelung des Heiligen Stuhls.

Der 2013 zum Bischof geweihte Gänswein schrieb in seinen Erinnerungen mit dem Titel „Nichts als die Wahrheit“, Papst Franziskus habe ihm Ende Januar 2020 nach einer Reihe von Problemen im Zuge einer Buchveröffentlichung über den Zölibat von Papst Benedikt und Kardinal Robert Sarah gesagt: „Sie bleiben von jetzt an zu Hause. Sie begleiten Benedikt, der Sie braucht, und schirmen ihn ab.“

Der Erzbischof erwiderte damals, er könne die Entscheidung nicht verstehen, nehme sie aber „im Gehorsam“ an. Darauf habe der Pontifex geantwortet: „Das haben Sie gut gesagt. Ich weiß das, denn nach meiner persönlichen Erfahrung ist es eine gute Sache, etwas ‚gehorsam zu akzeptieren‘.“

Als erste Beobachter feststellten, dass Gänswein nicht mehr als Präfekt des Päpstlichen Hauses an verschiedenen Veranstaltungen des Papstes teilnahm, fragte er diesen, ob er wieder normal arbeiten könne. In schriftlicher Form erklärte Franziskus: „Lieber Bruder, vielen Dank für Ihren Brief. Für den Moment glaube ich, dass es besser ist, den Status quo aufrechtzuerhalten. Ich danke Ihnen für alles, was Sie für Papst Benedikt tun: Es soll ihm an nichts fehlen. Ich bete für Sie, tun Sie dies bitte auch für mich. Der Herr möge Sie segnen und die Gottesmutter Sie behüten. Brüderlich, Franziskus.“

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Da sich die Situation so nicht klärte, fragte auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. schriftlich bei Papst Franziskus an, ob er „mit einem väterlichen Gespräch“ für Klarheit bei Gänswein sorgen könne.

Der Privatsekretär schrieb in „Nichts als die Wahrheit“: „Ein paar Tage später bestellte mich der Papst zu einem Treffen nach Santa Marta, bei dem er mir bestätigte, dass sich nichts ändern würde. Keine weitere Reaktion zeitigte hingegen das neuerliche Gesuch des emeritierten Papstes am Ende seines Briefes vom 17. Februar: ‚Ich bitte Sie noch einmal demütig um ein Wort zu Erzbischof Gänswein.‘“

Etwa ein halbes Jahr später erklärte Gänswein in einem weiteren Gespräch, er habe seine Beurlaubung als Strafe aufgefasst, worauf Papst Franziskus betonte, so habe er es nicht gemeint. Dass die mediale Öffentlichkeit dies so interpretiere, sei kein Problem, sagte der Papst: „Es gibt viele, die gegen Sie und gegen mich schreiben, aber sie verdienen keine Beachtung.“ Danach habe Franziskus „einmal mehr von einigen seiner mühseligen Erfahrungen in Argentinien“ erzählt und gesagt, „es habe ihn jedes Mal reifen lassen, wenn man ihm Hindernisse in den Weg gelegt hätte“.

Papst Franziskus hatte Gänswein in dem kürzlich veröffentlichten Buchinterview „El Sucesor“ vorgeworfen, das Buch „Nichts als die Wahrheit“ habe „die Unwahrheit“ enthalten. Außerdem sei der Zeitpunkt der Buchveröffentlichung – der nicht in der Verantwortung von Gänswein lag, sondern vom Verlag festgelegt wurde –, kurz nach dem Tod von Benedikt XVI., ein „Mangel an Anstand und an Menschlichkeit“ gewesen.

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