Kardinal Marx will „Realität der einen und doch auch pluralen Kirche“ ermöglichen

Kardinal Reinhard Marx
Deutsche Bischofskonferenz / Marko Orlovic

Kardinal Reinhard Marx hat es als wichtig für die Zukunft charakterisiert, „regionale und globale Institutionen auf den Weg zu bringen beziehungsweise zu verändern und zu reformieren, und so die Realität der einen und doch auch pluralen Kirche zu ermöglichen“.

„Hinderlich dabei war und ist eine falsch verstandene Sakralisierung von Strukturen und Institutionen, die sich selbst als unveränderlich erklären und sich quasi unverstellt und unmittelbar auf den Willen Gottes selbst beziehen“, erläuterte der Erzbischof von München und Freising in einem Beitrag für die Zeitschrift „Herder Korrespondenz“ (aktuelle Ausgabe).

Marx schrieb weiter: „Wenn man tatsächlich auch ‚die Moderne‘ als einen wichtigen Beitrag für eine positive, sich weiterentwickelnde Universalgeschichte der Menschheit sieht, dann gehört zu dieser Erneuerung der Institutionen auch ein erneuerter Respekt vor dem Subjekt, vor der Person und vor der Freiheit der Einzelnen. Wer wollte bezweifeln, dass dieser Freiheitsmoment nicht doch eine globale Bewegung ist und die Geschichte der Freiheit eine universale?“

„Im Horizont einer Moderne, die nicht auf eine westliche Denkweise beschränkt bleibt, ist also eine Kirche der Zukunft nur zu denken unter größerer Beteiligung aller mit stärkerer Klärung der Verantwortlichkeiten, mit besserer, transparenter Kommunikation von oben nach unten und von unten nach oben, eine globale, synodale Kirche eben, die im Entstehen ist“, so der Kardinal. „Eine rein klerikale Herrschaft, wie es can. 129 CIC suggeriert, wird das wohl nicht sein können; gefordert ist ein neues Miteinander.“

Kritik übte Marx an der Verwendung des Wortes „Weltkirche“ in innerkirchlichen Debatten. Der Begriff werde „in einer diffusen Weise gebraucht, er ist empirisch nicht gut fassbar und unterstützt die einfache Hypothese, dass manches, was im europäischen (nicht nur im deutschen!) Kontext diskussionswürdig sei, in anderen Teilen so nicht akzeptiert werde. Solche Rede erscheint mir doch sehr oberflächlich; sie hält keiner theologischen, erst recht nicht sozialwissenschaftlichen Analyse stand.“

Auch die traditionelle Lehre von der Kirche als „societas perfecta“, also als „vollkommene Gesellschaft“, lehnte Marx ab: „Gerade durch Erkenntnisse der Sozialwissenschaften ist mir früh klar geworden, wie stark die Selbstbehauptung, die Selbsterklärung, sozusagen das Idealbild der Kirche in der systematischen Theologie, im Kontrast steht zur empirisch fassbaren Realität des gelebten Glaubens, und zwar zu allen Zeiten. Die Vorstellung einer societas perfecta, die bis heute in manchen Köpfen festsitzt, ist ja eine Behauptung ohne fundamentum in re.“

Der Begriff der „societas perfecta“ verweist nicht darauf, dass alles in der Gesellschaft „perfekt“ läuft, sondern, wie Papst Leo XIII. ausführte, dass sie „durch Gottes gnädigen Ratschluss in sich und durch sich alles besitzt, was zu ihrem Bestand und ihrer Wirksamkeit erfordert wird“. Auch der Staat als solcher wird vor diesem Hintergrund als „societas perfecta“ beschrieben, ohne damit zu sagen, dass es konkret um einen gut funktionierenden Staat geht.

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