Düsseldorf - Donnerstag, 9. Mai 2024, 9:00 Uhr.
Der Beauftrage der deutschen Bischöfe „für die queere Pastoral“ hat ausdrücklich betont: „In der Frage der Sexualmoral muss sich insgesamt in der katholischen Kirche etwas ändern.“ Konkret bedeute dies, so der Essener Weihbischof Ludger Schepers, „dass im Katechismus andere Dinge stehen müssen, als sie jetzt stehen“.
„Auf der einen Seite ist darin von irregulären Verhältnissen die Rede, andererseits heißt es, dass die Menschen nicht diskriminiert werden sollen“, beklagte sich Schepers im Gespräch mit der Rheinischen Post am Mittwoch. „Das wäre doch schon ein erster Schritt, wenn sich die Leute wenigstens daran halten würden, Menschen nicht zu diskriminieren.“
Im Katechismus der Katholischen Kirche heißt es (KKK 2358): „Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen haben tiefsitzende homosexuelle Tendenzen. Diese Neigung, die objektiv ungeordnet ist, stellt für die meisten von ihnen eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitgefühl und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen.“
Nichtsdestotrotz seien solche Personen „berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihres Verfaßtheit erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen“.
Die kirchliche Sexualmoral hänge „letzten Endes an der Frage der Bipolarität“, argumentierte Schepers. „Ob ich also die Auffassung vertrete, dass es nur zwei Kerne gibt, männlich und weiblich – und dann auch nichts anderes. Oder ob ich jetzt das Modell eines Ovals nehme, das ebenfalls zwei Kerne hat, aber bei dem es sehr wohl dazwischen etwas gibt. Dabei brauche ich noch nicht einmal die Vorstellung einer Polarität aufzugeben; aber ich würde doch wenigstens anerkennen, dass es auch etwas dazwischen gibt.“
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„Queeren Menschen das Menschsein abzusprechen, geht meines Erachtens gar nicht“, sagte der Weihbischof, ohne zu präzisieren, wer behauptet, dass Personen mit homosexuellen Neigungen keine Menschen seien. Stattdessen sagte Schepers: „Die kirchliche Lehre geht aber nach wie vor davon aus, dass es nur Mann und nur Frau gibt, in der Sprache des Alten Testaments: nur männlich und nur weiblich.“
Im Katechismus heißt es (KKK 2357): „Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet, hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, ‚daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind‘. Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.“
Diese biblisch und naturrechtlich begründete überlieferte Lehre der Kirche könne, so Schepers, „dann geändert werden, wenn die Kirche ein anderes Verständnis von Sexualität gewinnt. Dass Sexualität nämlich nicht nur dazu da ist, Nachkommenschaft zu zeugen. Und dass eine Liebesbeziehung nicht nur auf den Sexualakt beschränkt sein muss und darf, sondern eben auch viel mehr beinhaltet wie Zärtlichkeit und gegenseitige Verantwortung.“
Für den 71-jährigen Weihbischof, der 2008 von Papst Benedikt XVI. ernannt worden war, gilt: „Diese Position der Kirche führt zwangsläufig zu Distanz und Abwehr, weil sie den Menschen einfach nicht mehr verständlich zu machen ist. Dabei geht es nicht um eine Liberalität, die alles und jedes erlaubt. Sondern immer auch darum, ob es eine Verantwortung der Partner füreinander gibt.“
Zu diesem Themenkomplex gehöre auch „die Frage nach der Verantwortung für die wiederverheiratet Geschiedenen, die nach kirchlichem Verständnis ebenfalls in irregulären Beziehungen leben. Dass die Sexualität die Identität eines Menschen ausmacht, ist doch unstrittig, sodass wir damit als Seelsorger auch ganz persönlich umgehen müssen.“