Redaktion - Donnerstag, 6. Februar 2025, 9:00 Uhr.
Die Pariser Staatsanwaltschaft hat mitgeteilt, man werde trotz schwerer Missbrauchsvorwürfe nicht gegen den als Armenpriester bekannten Abbé Pierre ermitteln, weil dieser nicht mehr lebt. Auch gegen andere Personen, die möglicherweise Missbrauch vertuscht haben, seien wegen Verjährung keine Ermittlungen möglich.
„Die Pariser Staatsanwaltschaft teilte mit, dass gegen den Geistlichen selbst nach dessen Tod 2007 nicht mehr ermittelt werden könne“, berichtete der ORF. „Die Straftat der ‚Nichtanzeige‘ sei verjährt, sodass auch hier keine Untersuchungen möglich seien.“
Zuvor hatten die französischen Bischöfe im Januar offiziell beantragt, dass die Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Untersuchung der Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Abbé Pierre einleitet.
Der Schritt folgte auf neun neue Anschuldigungen in einem neuen Bericht, der am 13. Januar veröffentlicht wurde. Erzbischof Éric de Moulins-Beaufort, der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, kündigte den formellen Antrag am 17. Januar in einem Radiointerview an und betonte die Notwendigkeit, weitere Opfer aufzudecken.
Abbé Pierre gründete 1949 die Emmaus-Bewegung in Paris. Vor den Anschuldigungen, wonach er eine Reihe von Personen sexuell missbraucht habe, galt er als eine der beliebtesten und bekanntesten Persönlichkeiten in der Kirche von Frankreich. Er war vor allem dafür bekannt, dass er sich für die Obdachlosen in Frankreich einsetzte und in den 1950er Jahren das Gesetz „Trève Hivernale“ (Winterruhe) einführte, das noch heute Mieter in den Wintermonaten vor Zwangsräumungen schützt.
Die Anschuldigungen gegen den Priester wurden erstmals im Jahr 2023 bekannt, als Emmaus Frankreich die Aussage einer Frau erhielt, die Abbé Pierre des sexuellen Missbrauchs beschuldigte. Weitere Zeugenaussagen wurden im Juli 2024 in einem unabhängigen Bericht veröffentlicht, der von Emmaus in Auftrag gegeben wurde. Die dokumentierten Anschuldigungen erstrecken sich über mehrere Jahrzehnte, von den 1950er bis in die 2000er Jahre, und zu den Opfern gehören Emmaus-Mitarbeiter, Freiwillige und junge Frauen aus dem Umfeld von Abbé Pierre.
Die französischen Bischöfe hatten im September 2023 die Akten über Abbé Pierre freigegeben. Diese Dokumente wären normalerweise bis 2082 im Nationalen Archivzentrum der Kirche von Frankreich versiegelt geblieben. Nun aber ist klar, dass aus juristischer Sicht des französischen Staates nichts in der Sache getan werden kann.