Redaktion - Mittwoch, 26. Februar 2025, 9:00 Uhr.
„Die teilnehmenden Staaten müssen die Situation anerkennen und sich verpflichten, die Geburtenrate zu erhöhen“, heißt es im jüngsten OSZE-Bericht der ÖVP-Abgeordneten Gudrun Kugler, Vizepräsidentin und Sonderbeauftragte der Parlamentarischen Versammlung der OSZE für demografischen Wandel und Sicherheit. Zur OSZE gehören 57 Teilnehmerstaaten aus Nordamerika, Europa und Zentralasien. Mitglieder sind alle europäischen Staaten (einschließlich Zypern).
Der neue Bericht trägt den Titel „Demografischer Wandel in der OSZE-Region: Analyse, Auswirkungen und mögliche Lösungen eines Megatrends, der die Gesellschaft verändert“ und fordert konkrete politische Maßnahmen, um dem demografischen Niedergang der westlichen Staaten zu begegnen.
Als Beispiel nennt der Bericht Deutschland, wo seit den 1970er Jahren mehr Menschen sterben als geboren werden. Dies führe langfristig zu einer Überalterung der Bevölkerung und einem Rückgang der Erwerbsbevölkerung, was erhebliche soziale und wirtschaftliche Herausforderungen mit sich bringe. Die anhaltend niedrige Geburtenrate habe zur Folge, dass jede Generation um etwa ein Drittel kleiner sei als die vorangegangene.
Im Jahr 2024 wird die Bevölkerungszahl in Deutschland bei einem Geburtendefizit von 310.000 bis 330.000 und einer Nettozuwanderung von rund 100.000 bei etwa 83,6 Millionen liegen. Ohne höhere Geburtenraten wird die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter bis 2040 voraussichtlich von 51,4 auf 41,9 Millionen zurückgehen, während die Zahl der Senioren bis Mitte der 2030er Jahre auf über 20 Millionen ansteigen dürfte. Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund wird bis 2040 auf 35 bis 45 Prozent steigen.
„Eine Gesellschaft ohne Kinder wird dekadent und giftig“, zitiert der Bericht eingangs den französischen Demograf Arsene Dumont zum Kapitel „Soziale Strukturen“. Dieser sprach schon im 19. Jahrhundert von einer „selbstschädigenden individualistischen Zivilisation“ in Frankreich.
Die österreichische Politikerin Kugler unterstrich bei einer Veranstaltung zur Vorstellung des Berichts: „Der demografische Wandel wird unsere Gesellschaften grundlegend verändern, und wir sind darauf nicht ausreichend vorbereitet. Sinkende Geburtenraten und eine alternde Bevölkerung setzen unsere wirtschaftlichen und sozialen Systeme enorm unter Druck. In Österreich beispielsweise wird es bis 2042 nur noch zwei erwerbsfähige Personen pro Pensionisten geben, was das Pensionssystem und den Arbeitsmarkt erheblich belasten wird.“
Als Lösung empfiehlt der OSZE-Bericht die „Schaffung einer familienfreundlichen Gesellschaft“ und fordert einen „umfassenden kulturellen Wandel“, der die „Familiengründung und deren langfristige Stabilität, die Kindererziehung und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützt“. Dazu gehöre auch die Förderung „einer positiven Einstellung zu Elternschaft, Ehe und Familienleben und die Betonung des Wertes stabiler Familienstrukturen“, so der Bericht weiter.
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Der OSZE-Bericht hebt zudem hervor, dass das Aufschieben der Elternschaft erhebliche Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat und mit Risiken wie Unfruchtbarkeit, komplizierten Schwangerschaften und einer höheren Fehlgeburtenrate einhergeht.
Diese Faktoren könnten weitere Geburten verhindern. Daher sei ein ganzheitlicher Ansatz notwendig, der medizinische, soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Zudem wird betont, dass stabile Ehen positive Effekte haben, darunter größere Familien, weniger Armut, besser gebildete Kinder und eine höhere Lebenserwartung.
Migration könne hingegen nur eine „vorübergehende“ Erleichterung bringen und führe zu „komplexen, unbeabsichtigten Folgen“. Zunächst nennt der Bericht die Herausforderungen bei der Integration von Menschen, wie beispielsweise die „Aufrechterhaltung des sozialen Zusammenhalts“ und mögliche Gefahren in Form von „Extremismus und Antisemitismus sowie steigende Kriminalität wie geschlechtsbezogene Gewalt“. Auch die Zuwanderer selbst werden älter und benötigen irgendwann Unterstützung. Die Zahl der älteren Menschen würde also langfristig nicht abnehmen.
„Demografischer Wandel ist nicht nur ein langfristiger Trend – er ist eine gegenwärtige Realität, die ein breites gesellschaftliches Bewusstsein und Engagement erfordert, einen kulturellen Wandel in der Einstellung zur Familiengründung sowie gezielte politische Maßnahmen“, betonte Kugler.
Papst Franziskus hat sich wiederholt zum demografischen Wandel in Europa geäußert. So sagte er etwa im Jahr 2022: „Immer weniger Kinder werden geboren, und das bedeutet, dass die Zukunft aller verarmt; Italien, Europa und der Westen verarmen in ihrer Zukunft.“
Der Pontifex sprach von einer neuen Armut, die „den Menschen in seinem größten Reichtum“ betreffe, nämlich „Leben in die Welt zu bringen, um für es zu sorgen; das Leben, das man erhalten hat, mit Liebe an andere weiterzugeben“.