Mainzer Moraltheologe geht „Theologie des Leibes“ von Johannes Paul II. scharf an

Ehemann und Ehefrau
Jeremy Wong Weddings / Unsplash

Der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz hat scharfe Kritik an der von Papst Johannes Paul II. formulierten „Theologie des Leibes“ geübt. Im Rahmen eines Beitrags für die Herder Korrespondenz (aktuelle Ausgabe) schrieb er: „Die Theologie des Leibes von Johannes Paul II. ist eine exkludierende Theologie des heterosexuellen, zu Ehe und Familie berufenen Leibes.“

„Was in der Sexualität an menschlich Bedeutsamem erlebt werden kann, zählt nur, solange es im katholisch korrekten Rahmen bleibt“, fuhr Goertz fort. „Es gibt in dieser Theologie des Leibes keine wertvollen Erfahrungen des Leibes außerhalb des Korsetts der Tradition. Wer abweicht, ist moralisch zu belehren.“

Mit der „Theologie des Leibes“ sei man in der Lage, so der seit 2010 in Mainz lehrende Lehrstuhlinhaber für Moraltheologie, „das von der katholischen Lehre fernzuhalten, was sie seit gut 200 Jahren kulturell in Bedrängnis bringt: die Entdeckung der Freiheit und Gleichheit der Geschlechter und die Freisetzung der Sexualität der sich Liebenden vom sozialen Erwartungsdruck (standesgemäß, ehelich, reproduktiv).“

Demgegenüber forderte Goertz: „In erster Linie ist nicht auf den Leib und dessen Zweck oder Symbolik Rücksicht zu nehmen, sondern auf die Personen, die unmittelbar oder mittelbar betroffen sind.“

Dabei berief er sich auf die Pastoralkonstitution Gaudium et spes des Zweiten Vatikanischen Konzils, woraus seiner Ansicht nach folge: „Die einvernehmliche, wechselseitige, verantwortungsvoll praktizierte sexuelle Genussverschaffung gilt als sittlich unproblematisch, solange Würde und Rechte der anderen nicht unter die Räder kommen.“

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Der promovierte Philosoph Thorsten Paprotny, der gegenwärtig für CNA Deutsch eine Reihe von Betrachtungen zur „Theologie des Leibes“ verfasst, kommentierte vor diesem Hintergrund, Goertz beziehe sich zwar richtig, aber „in irreführender Weise“ auf Gaudium et spes 49.

„Es klingt, als ob die ‚Theologie des Leibes‘ nicht dem Menschenbild entspreche, das in der Pastoralkonstitution ausgedrückt ist“, erläuterte Paprotny auf Anfrage von CNA Deutsch. „Das Gegenteil ist der Fall. Johannes Paul II. wurde nicht müde, den Wert von Gaudium et spes zu betonen, besonders diese auch für die ‚Theologie des Leibes‘ zu berücksichtigen und fruchtbar zu machen.“

„Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Wertschätzung des Sakraments der Ehe selbstverständlich bekräftigt“, stellte Paprotny klar. „Wer also den Abschnitt 49 von Gaudium et spes sorgfältig liest“, werde sofort „an die ‚Theologie des Leibes‘ denken und nicht an eine relativistische, damit konzilswidrige Sexuallehre aus heutiger Zeit“.

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Konkret heißt es im Konzilstext: „Diese Liebe wird durch den eigentlichen Vollzug der Ehe in besonderer Weise ausgedrückt und verwirklicht. Jene Akte also, durch die die Eheleute innigst und lauter eins werden, sind von sittlicher Würde; sie bringen, wenn sie human vollzogen werden, jenes gegenseitige Übereignetsein zum Ausdruck und vertiefen es, durch das sich die Gatten gegenseitig in Freude und Dankbarkeit reich machen. Diese Liebe, die auf gegenseitige Treue gegründet und in besonderer Weise durch Christi Sakrament geheiligt ist, bedeutet unlösliche Treue, die in Glück und Unglück Leib und Seele umfaßt und darum unvereinbar ist mit jedem Ehebruch und jeder Ehescheidung. Wenn wirklich durch die gegenseitige und bedingungslose Liebe die gleiche personale Würde sowohl der Frau wie des Mannes anerkannt wird, wird auch die vom Herrn bestätigte Einheit der Ehe deutlich.“

Goertz hingegen schrieb, es falle ihm „schwer zu verstehen, was so unchristlich an einer Welt sein soll, die nicht länger, wenn sie auf die Geschlechter blickt, an genitale, sondern an personale Ergänzung denkt. Was ist so unsittlich an einer Kultur, die den geteilten sexuellen Genuss als Geschenk betrachtet, dankbar ist, wenn er gelingt, und ihn nicht ängstlich denen vorbehält, die es in den sicheren Hafen der Ehe geschafft und darin, wie vorgesehen, ihr Glück gefunden haben?“