Seelsorger in der Schweiz müssen sich psychologischem Eignungstest unterziehen

Priesterkragen (Symbolbild)
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch

Ab Montag müssen sich alle künftigen Seelsorger in der Schweiz einem eintägigen psychologischen Eignungstest unterziehen, wie das Berner Pfarrblatt berichtete. Die Maßnahme gilt auch für ausländische Geistliche sowie für solche, die in anderen kirchlichen Strukturen ausgebildet wurden, beschloss die Schweizer Bischofskonferenz am 11. März per Dekret.

Der psychologische Eignungstest wurde als Reaktion auf eine Pilotstudie der Universität Zürich eingeführt. In dieser Studie wurden insgesamt 1.002 Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in der Schweiz identifiziert, die bis in das Jahr 1950 zurückreichen. Dabei wurden 510 Beschuldigte und 921 Betroffene erfasst. Wie viele der identifizierten Fälle gerichtlich bestätigt wurden, darüber liefert die Studie selbst keine genauen Zahlen. Die Täter sind zum Teil bereits verstorben, so dass eine gerichtliche Beurteilung nicht mehr möglich ist.

Der Eignungstest umfasst konkret psychologische Evaluationen zur Erfassung von „Basiskompetenzen, die für den Erwerb seelsorgerischer Fertigkeiten und eine erfolgreiche Berufsausübung erforderlich sind“. Anschließend folgen ein Fachgespräch mit Evaluations-Experten, eine forensisch-klinische Risikoanalyse und ein Abschlussgespräch mit dem Regens – dem Leiter der Ausbildung im Priesterseminar – oder dem zuständigen Diözesanbischof.

Während das Verfahren für angehende Seelsorger verbindlich ist, bleibt die Handhabung bei bestehendem Kirchenpersonal vage. Das Dekret sieht lediglich vor, dass bei schwerwiegenden Defiziten wie psychischen Instabilitäten oder affektiven Störungen Nachprüfungen „indiziert“ sein können. Wer solche Auffälligkeiten melden darf, wurde nicht geregelt. Gegen den Ablauf, die Durchführung oder Ergebnisse der Tests sind Einsprüche ausgeschlossen.

Andere Diözesen führen ähnliche psychologischen Eignungstests schon länger durch, zum Beispiel das Priesterseminar in Münster oder das Saint John Vianney Seminary in Denver in den USA, wie CNA Deutsch berichtete.

Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.

Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.

So wird im Rahmen des Bewerbungsverfahrens für Priesterkandidaten in Münster eine psychologische Begutachtung durch einen Facharzt für psychosomatische Medizin durchgeführt, um den aktuellen Stand der menschlichen Reifung des Bewerbers festzustellen.

Neben dieser Eingangsuntersuchung gibt es während der Ausbildung weitere psychologische Komponenten, wie eine psychologische Standortbestimmung im Centro Münster, freiwillige Einzelgespräche und in der zweiten Ausbildungsphase eine Selbsterfahrung, die von einem Facharzt begleitet wird und 40 Einheiten umfasst.

Auch das Saint John Vianney Seminary in Denver integriert psychologische Gutachten als obligatorischen Teil der Ausbildung, wie EWTN News In Depth berichtete. Ähnlich wie in Münster werden die Seminaristen dort nicht nur zu Beginn ihrer Ausbildung psychologisch untersucht, sondern auch während ihrer Zeit im Priesterseminar kontinuierlich betreut.

Mehr in Deutschland - Österreich - Schweiz

Psychologen begleiten die Kandidaten während ihrer Ausbildung, um persönliche und psychologische Herausforderungen wie Fragen der Keuschheit oder familiäre Probleme zu bewältigen. Analysen haben gezeigt, dass Missbrauchsfälle in den letzten Jahrzehnten wohl auch dadurch gesenkt wurden.