Redaktion - Donnerstag, 22. Mai 2025, 15:30 Uhr.
Erzbischof Stefan Heße hat beim neunten katholischen Flüchtlingsgipfel eine Weiterentwicklung des Flüchtlingsschutzes in Deutschland gefordert und eindringlich vor einem Abbau der Humanität gewarnt. Die Veranstaltung mit rund 170 Fachleuten der kirchlichen Flüchtlingsarbeit fand am Mittwoch in Mainz statt.
Laut amtlicher Statistik wurden in Deutschland in den Jahren 2015 bis 2025 mindestens drei Millionen Asylanträge gestellt. Die Gesamtzahl der Abschiebungen in den Jahren 2014 bis 2024 beläuft sich hingegen nur auf 197.368. Zudem sind in den Jahren 2017 bis 2023 insgesamt 641.915 Personen im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland gekommen. Die Kosten für Sozialleistungen an die Asylbewerber werden sich nach der aktuellen Finanzplanung von 2023 bis 2028 auf 77,2 Milliarden Euro belaufen.
Beim diesjährigen Treffen unter dem Motto „Flüchtlingsschutz in Gefahr? – Ethische Orientierungen und praktische Antworten in schwierigen Zeiten“ diskutierten die Teilnehmer über aktuelle Gefahren für den Flüchtlingsschutz sowie praktische Handlungsansätze.
„Auch in schwierigen Zeiten lässt das kirchliche Engagement für Geflüchtete nicht nach, auch bei Gegenwind bleiben wir standhaft an der Seite der Schutzsuchenden!“, erklärte Heße zur Eröffnung des Gipfels.
In seiner Ansprache warnte er davor, die Rechte von Schutzsuchenden zu schwächen, und skizzierte Entwicklungen, die den Flüchtlingsschutz weltweit unter Druck setzen: „Autoritäre und rechtsextreme Tendenzen nehmen zu, internationale Verpflichtungen werden infrage gestellt, der Multilateralismus steckt in der Krise.“
Die Debatte um Flüchtlinge sei so zugespitzt, dass viele Menschen das Thema Migration für die größte Herausforderung hielten. Gerade aus Sicht der Engagierten sei aber klar, dass bestehende Probleme angegangen werden müssten, etwa durch eine deutlich verbesserte Unterstützung belasteter Kommunen.
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„Statt polarisierender Debatten und reflexartiger Rufe nach Restriktion brauchen wir ein demokratisches Ringen um die besten Lösungen. Dazu gehört aber auch, dass wir die vielen erfolgreichen Geschichten gelingender Integration stärker ins Bewusstsein rufen“, betonte Heße.
Der Hamburger Erzbischof kritisierte zudem die Aussetzung des Familiennachzugs und Zurückweisungen an den Grenzen, die im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vorgesehen sind.
In einem Interview mit SWR Aktuell hatte Heße bereits im Vorfeld des Gipfels betont: „Migration ist ein Markenzeichen unserer Zeit, vor dem wir nicht die Augen verschließen können, sondern Lösungen finden müssen.“
Mit „Alleingängen oder isolationistischen Ansätzen“ werde man die Migration „nicht wuppen können“. Eindringlich plädierte er für das universale Ethos der christlichen Nächstenliebe: „Eine Nationalisierung oder Provinzialisierung von Nächstenliebe ist uns nicht gestattet. Die Aufgabe besteht vielmehr darin, mit großer Beharrlichkeit an der Schaffung menschenwürdiger Lebensverhältnisse für alle mitzuwirken.“
Beim Flüchtlingsgipfel präsentierte die Deutsche Bischofskonferenz auch aktuelle Zahlen zur kirchlichen Flüchtlingshilfe: Seit 2014 wurden demnach insgesamt mindestens 1,182 Milliarden Euro für die katholische Flüchtlingshilfe in Deutschland und im Ausland bereitgestellt.
Allein 2024 haben die 27 (Erz-)Bistümer, die Militärseelsorge und die kirchlichen Hilfswerke 84,4 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe aufgewendet. Für die Anliegen von Geflüchteten engagierten sich rund 5.480 Hauptamtliche und 35.000 Ehrenamtliche.