Vatikanstadt - Montag, 22. September 2025, 9:00 Uhr.
Vergebung ist grundlegend für die Tugend der Gerechtigkeit. Das unterstrich Papst Leo XIV. am Samstag vor Tausenden von Juristen, die sich in Rom zum Jubiläum der Mitarbeiter der Justiz versammelt hatten.
„Es ist die Kraft der Vergebung, die dem Gebot der Liebe eigen ist, die sich als konstitutives Element einer Gerechtigkeit herausstellt, die das Übernatürliche mit dem Menschlichen zu verbinden vermag“, sagte der Pontifex auf dem Petersplatz.
Leo, der einen Doktortitel im Fach Kirchenrecht hat, erklärte, dass die evangeliumsgemäße Tugend der Gerechtigkeit keine Ablenkung von der menschlichen Gerechtigkeit sei, sondern „sie hinterfragt und neu gestaltet: Sie provoziert sie, noch weiter zu gehen, weil sie sie zur Suche nach Versöhnung drängt.“
„Das Böse muss nicht nur bestraft, sondern auch wiedergutgemacht werden, und zu diesem Zweck ist ein tiefer Blick auf das Wohl des Einzelnen und das Gemeinwohl notwendig“, betonte er. „Dies ist eine mühsame Aufgabe, aber nicht unmöglich für diejenigen, die sich bewusst sind, dass sie einen anspruchsvolleren Dienst als andere leisten, und die sich zu einem untadeligen Leben verpflichtet haben.“
Schätzungsweise 20.000 Menschen aus 100 Ländern nahmen am Jubiläum der Mitarbeiter der Jusitz teil, das Teil des Heiligen Jahres 2025 ist. Unter den Pilgern war Samuel Alito, ein Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, der das Urteil formulierte, das 2022 nach fast 50 Jahren klarstellte, dass die Verfassung doch kein „Recht“ auf Abtreibung enthält, die bisherige Rechtsauslegung also faktisch als Fehlurteil einordnete.
Joshua McCaig, ein Rechtsanwalt und Gründungspräsident der katholischen Anwaltsvereinigung Catholic Bar Association, reiste mit einer Delegation von über 50 Juristen aus den USA zum Jubiläum nach Rom.
Er sagte gegenüber EWTN News, er hoffe, dass die Veranstaltung „für uns alle eine Gelegenheit sein wird, darüber nachzudenken, was wir noch mehr für das Gemeinwohl tun können“.
„Die katholische Kirche bringt Ressourcen, Hoffnung, Gemeinschaft und Werte mit, die in den Lehren Jesu Christi verankert sind, um allen Menschen – aber auch den Angehörigen der Rechtsberufe – zu helfen, ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, wie diese Welt sein sollte und welche Rolle wir in ihr spielen sollten”, sagte er.
Vor der Audienz beim Papst hielt Erzbischof Juan Ignacio Arrieta, der Sekretär des Dikasteriums für Gesetzestexte, einen Vortrag zum Thema „Iustitia Imago Dei: der Vollstrecker der Gerechtigkeit, Instrument der Hoffnung“.
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„Diejenigen, die in der Kirche Gerechtigkeit walten lassen, müssen auch Seelsorger sein“, sagte Arrieta gegenüber EWTN News. „Sie müssen die Gerechtigkeit achten, aber sie sind Seelsorger, die auch über das Wohl der Seelen wachen müssen.“
In seiner Botschaft betonte Papst Leo, dass die Funktion der Gerechtigkeit „sowohl für die geordnete Entwicklung der Gesellschaft unverzichtbar ist als auch als Kardinaltugend, die das Gewissen jedes Mannes und jeder Frau inspiriert und leitet“.
„Das Streben nach Gerechtigkeit erfordert daher die Fähigkeit, sie als eine Realität zu lieben, die nur durch ständige Aufmerksamkeit, radikale Uneigennützigkeit und gewissenhaftes Urteilsvermögen erreicht werden kann“, sagte er.
Leo merkte an, dass das Jubiläum der Mitarbeiter der Justiz auch eine Gelegenheit sei, über einen oft übersehenen Aspekt der Gerechtigkeit nachzudenken, nämlich die Tatsache, dass viele Länder und Menschen „nach Gerechtigkeit hungern und dürsten”, weil ihre Lebensbedingungen zutiefst ungerecht und unmenschlich sind.
Der Papst zitierte den heiligen Augustinus und bezeichnete die Worte des Heiligen als „zeitlose Wahrheiten”, die auf die aktuelle internationale Lage zutreffen.
„Ohne Gerechtigkeit“, zitierte der Papst, „kann der Staat nicht verwaltet werden; es ist unmöglich, in einem Staat, in dem es keine wahre Gerechtigkeit gibt, Recht zu haben. Eine Handlung, die nach dem Gesetz vollzogen wird, wird sicherlich nach der Gerechtigkeit vollzogen, und es ist unmöglich, eine Handlung nach dem Gesetz zu vollziehen, die gegen die Gerechtigkeit verstößt [...]. Ein Staat, in dem es keine Gerechtigkeit gibt, ist kein Staat. Gerechtigkeit ist in der Tat die Tugend, die jedem das Seine zuteilt. Daher ist es nicht die menschliche Gerechtigkeit, die den Menschen vom wahren Gott entfernt.“
„Mögen die herausfordernden Worte des heiligen Augustinus jeden von uns dazu inspirieren, stets nach besten Kräften Gerechtigkeit im Dienste der Menschen zu üben, mit unserem Blick auf Gott gerichtet, um Gerechtigkeit, Recht und die Würde der Menschen in vollem Umfang zu achten“, sagte Leo.
Übersetzt und redigiert aus dem Original von Catholic News Agency (CNA), der englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.





