Kirchliche Männerseelsorge beginnt „ganz bewusst“ nicht direkt mit Glaubensbekenntnis

Andreas Heek, Leiter der Kirchlichen Arbeitsstelle für Männerseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz
Screenshot von YouTube

In der kirchlichen Männerarbeit wird der direkte Bezug zu Jesus Christus offenbar bewusst hinausgezögert. Andreas Heek, der Leiter der Kirchlichen Arbeitsstelle für Männerseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), erklärte im Interview mit katholisch.de, man komme dort „ganz bewusst nicht so schnell mit der Frage nach Glauben an Jesus Christus und dem Glaubensbekenntnis“.

Heek sagte, man beschäftige sich „mit Männern ab ungefähr 30“ und spreche „zum Beispiel die Männer an, die Kinder haben und bringen sie und ihre Kinder zusammen“. Auf die Frage, wie in diesem Umfeld eine gesunde Spiritualität entstehen könne, sagte Heek, zwischen Männern entstehe oft „eine Schwingung, die ich als spirituell bezeichnen würde“. Was Männer als spirituelle Momente erfahren, „diktieren wir ihnen nicht“, vielmehr überlasse man es ihnen, „wie sie Dinge erleben“.

Durch solche Kommunikationsprozesse kämen Männer „meistens selbst darauf, dass das eine Tiefe hat, die plötzlich das übersteigt, was man vorher gedacht hätte“. Mit dieser Dimension gehe der Weg weiter.

Heek verwies auf die Mystiker und deren Rat, eine vermeintlich erkannte Glaubenswahrheit „links liegen“ zu lassen und weiterzugehen. In der Männerarbeit sei es ähnlich: „Wir bleiben nicht stehen bei einem Status Quo, wir ermutigen zum Weitergehen. Denn ein spiritueller Prozess ist nie abgeschlossen.“

Zur Debatte um wachsende Einsamkeit von Männern erklärte er, es gebe „eine Verunsicherung“, besonders durch soziale Medien, in denen „polarisierte und einseitige Männlichkeiten“ gesteigert würden. Dort finde „eine starke Retraditionalisierung der Männerrolle“ statt.

Auf die Frage, wie das zu Jesu Lehre passe, antwortete Heek: „Gar nicht. Das ist nicht die Männlichkeit, die Jesus Christus uns vorgelebt hat.“ Er erinnerte an Franz Alt, der vom „neuen Mann“ Jesu geschrieben habe, und beschrieb eine „sehr divers aufgestellte Form von Männlichkeit“.

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Jesus habe „geheilt, ermutigt, zugehört“ – alles, was „maskulinistisch orientierte Männlichkeitscoaches im Internet“ nicht empfehlen. Die angesprochene Retraditionalisierung knüpfe „nicht an die Botschaft Jesu an“, sondern an „die Tradition einer patriarchalen Kirche“, die wiederum auf „antiken Vorbildern von Männlichkeit“ beruhe.

Gefragt, ob solche Männer vor allem von in der Tradition verwurzelten Formen wie der überlieferten Liturge  angesprochen werden, sagte Heek: „Das kann sehr gut sein.“ Männer seien in ihrer Rolle vielfältig herausgefordert, sollten „sowohl gefühlvoll als auch stark sein“, und damit kämen manche nicht klar. Daher liege es nahe, sich in Sphären zu bewegen, „wo es eine vermeintliche Sicherheit gibt“. Diese Sicherheit sei jedoch „trügerisch“.

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Mit Blick auf die Situation in Deutschland nach Berichten aus den USA, wonach dort seit der Corona-Krise mehr Männer als Frauen in die Kirche gingen, sagte Heek, hierzulande gehe die Zahl der Gottesdienstbesucher „ganz allgemein zurück“.

Allerdings gebe es auch in Deutschland den Trend, „dass Frauen mit der Kirche tendenziell unzufriedener sind“. Frauen würden häufiger als Männer aus der Kirche austreten. Das habe „natürlich auch mit der Situation in der katholischen Kirche zu tun“.

Die fehlende Veränderung der Kirchenstruktur sei ein dauerhaftes Ärgernis: „Immer noch werden die höchsten Leitungsämter ausschließlich von Männern bekleidet.“ Das frustriere viele Frauen, und „junge Frauen, die feministisch denken, wollen sich das weder antun noch gefallen lassen“.