Was passierte, als dieser Priester wegen der Missbrauchkrise seinen Kragen ablegen wollte

Pfarrer Jonathan J. Slavinskas
Pfr. Slavinskas

In einer emotionalen Nachricht auf Facebook hat ein Priester zugegeben, dass er sich aufgrund der Missbrauchsskandale schämte, den charakteristischen Priesterkragen zu tragen. Eine unglaubliche Erfahrung schenkte ihm aber wieder Frieden, auch mit seiner Berufung.

Es handelt sich um Pfarrer Jonathan Slavinskas, geboren am 25. Juni in Worcester, (Bundesstaat Massachusetts, USA) und am 2. Juni 2012 zum Priester geweiht. Derzeit ist er Pfarrer der katholischen Kirche St. Bernhard in der Pfarrei Unsere Lieben Frau von der Vorsehung.

In seinem Post in den sozialen Netzwerken vom 19. August schrieb der Pfarrer, dass er die ganze Woche lang "mit schwere Herzen herumging", und wütend und frustriert war aufgrund der Ergebnisse des Berichts zu den Missbräuchen in Pennsylvania und zur Situation von McCarrick (eines ehemaligen Kardinals)."

Er erinnerte sich daran, dass es in der Zeit, in der er Gymnasiast und später Student war, erstmals Skandale im Nordosten des Landes auftraten und dass er sich deswegen des "Schattens", bewusst war, der auf ihn fallen würde, falls er sich für das Priesteramt entscheiden sollte. Er machte trotzdem weiter und vertraute auf den Herrn.

"Ich betete beständig für die Opfer. Je mehr Nachrichten kommen, desto mehr zerreißt es mir das Herz. Der Priesterkragen stellt jetzt das Gegenteil von dem dar, was er sollte. Ich fragte mich, wie viele der Menschen, die meinen Kragen sehen würden, sich fragen würden: Ist der auch einer (ein sexueller Missbraucher)?"

Dann, in den vergangenen Tagen, als er vom Pfarrhaus in die Pfarrei umzog und während er Schulmaterialien an zahlreiche Jugendliche aus der Nachbarschaft verteilte, sagte er zu sich selbst: "Nimm den Priesterkragen ab."

Eine besondere Erfahrung, die er in ein Krankenhaus machte, schenkte ihm jedoch erneut Hoffnung und gab ihm den Wunsch zurück, den Kragen wieder mit Freude zu tragen.

"An diesem Morgen wollte ich den Priesterkragen nicht anziehen. Ich schämte mich. Ich war müde. Ich war wütend. Aber ich tat es doch. Dann besuchte ich kranke Gläubige im Krankenhaus. Ich ging an einer Frau vorbei, die vor einem Zimmer stand. Während ich auf den Fahrstuhl zuging, näherte sie sich mir von hinten und fragte mich, ob ich ein Priester sei. Ich bereitete mich auf den Schlag vor...", berichtete Pfarrer Slavinskas.

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"Als ich mich umdrehte und trotzdem 'ja' sagte, bat mich die Frau mit Tränen in den Augen, ob ich ihrem Bruder, der gerade an Krebs starb, die Krankensalbung spenden könnte."

Da kam Pfarrer Slavinskas ins Grübeln und sagte sich, dass nicht wichtig war, was er in den letzten Tagen über den Priesterkragen gedacht hatte, denn diese Frau "sah ihn als Zeichen der Hoffnung und der Gegenwart Christi." 

"Wenn ich mich entschieden hätte, ihn nicht zu tragen, hätte ihr Bruder die heilige Kommunion, die er brauchte, nicht empfangen und seine ganze Familie hätte keinen Trost erfahren können", erklärte er. 

Pfarrer Slavinskas erinnerte sich daran, dass es beim Kragen nicht darum geht, was er fühlt oder nicht, sondern dass es "um Jesus Christus geht", und darum, dass wir "uns bewusst sind, dass wir nicht allein auf dieser Welt gehen."

"Sicherlich bin ich nicht würdig, ihn zu tragen, aber ich merke, dass ich dazu berufen bin, ihn zu tragen. Nicht für mich, sondern für das Wohl der anderen. Wenn ich ihn anziehe, muss ich Gott bitten, ein heiliger Priester zu werden – eine Brücke und kein Hindernis", schrieb er. 

Nach dieser Erfahrung begann Pfarrer Slavinskas jeden Morgen um "ein tieferes Bewusstsein für die große Verantwortung und das Ausmaß dessen, was dieser Teil der Priesterkleidung bedeutet", zu beten.

Auch bat er das Volk Gottes um Verzeihung "für jeden Schmerz, den er verursacht hat, seit er den Priesterkragen trägt", und dafür, dass er vielleicht manchmal seine Pflicht "ein guter, heiliger, glaubensvoller Priester zu sein", vernachlässigt hatte.

"Ich bitte um Gebete der Vergebung und Stärkung", sagte er.

Am Ende entschuldigte er sich bei denen, die "von Mitgliedern der Kirche auf schrecklichste Weise verletzt wurden."

"Ich weiß nicht, was morgen kommen wird, aber ich weiß, dass ich den Priesterkragen tragen muss", erklärte Pfarrer Slavinskas, der daran erinnerte, dass sein Amt weitergeht, weil "es immer noch Seelen gibt, die Christus in seine Gegenwart und seinen Frieden ziehen möchte."

Und er schloss: "Bitte betet für mich."

Übersetzt von Susanne Finner.

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