Papst Franziskus hebt päpstliche Geheimhaltung bei Missbrauchsverfahren auf

Positive Reaktion aus Deutschland – Auch Verfahren wegen Kinderpornographie vom "Päpstlichen Geheimnis" entbunden

Papst Franziskus am 29. Mai 2019
Daniel Ibanez / CNA Deutsch

Papst Franziskus hat entschieden, dass das "Päpstliche Geheimnis" in Fällen aufgehoben wird, in denen Kleriker des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger oder volljähriger Schutzbefohlener bezichtigt werden, sowie in Fällen, in denen es um den Besitz von Kinderpornographie geht.

Mit der am heutigen 17. Dezember veröffentlichten Instruktion "Über Vertraulichkeit in rechtlichen Verfahren" werde das "päpstliche Geheimnis" in diesen Fällen mutmaßlicher sexueller Gewalt und Vertuschung aufgehoben, teilte Bischof Juan Ignacio Arrieta, Sekretär des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte mit. Damit gelte in Zukunft in diesen Fällen wieder das "normale" Persönlichkeitsrecht Beschuldigter und aller Beteiligter, präzisierte der Kirchenrechtler.

Die Anweisung tritt sofort in Kraft.

Die "päpstliche Geheimhaltung", auch manchmal "Papstgeheimnis" genannt, ist eine Vertraulichkeitsregel, die sensible Informationen über die Leitung der Weltkirche schützen soll. Im weltlichen Bereich würden vergleichbare Vorgänge als "vertraulich" oder "geheim" klassifiziert.

Auch Zeugen, mutmaßliche Opfer und die Person, die den Bericht einreicht, sind nicht an Schweigepflichten gebunden, heißt es in der neuen Instruktion.

Die Vorschriften beziehen sich auf "Vergehen gegen das sechste Gebot", wie sie in Artikel eins des Briefes von Papst Franziskus vom Mai 2019, Vos estis lux mundi, definiert sind, der sexuellen Missbrauch einer minderjährigen oder verletzlichen Person durch einen Kleriker oder eine geweihte Person bezeichnet.

Sie betrifft auch den in Artikel sechs der Normae de gravioribus delictis definierten Delikte, d.h. den Besitz, die Verbreitung oder den Erwerb von Pornografie durch einen Geistlichen.

In der Anweisung wird jedoch darauf hingewiesen, dass Informationen im Zusammenhang mit Fällen von Missbrauch von Minderjährigen oder schutzbedürftigen Personen und von Kinderpornographie weiterhin mit "Sicherheit, Integrität und Vertraulichkeit" gemäß Canon 471 des Codex des kanonischen Rechts behandelt werden sollten, "um den Ruf und die Privatsphäre aller beteiligten Personen zu schützen".

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Auch der Siegel des Beichtgeheimnisse bleibe intakt, betonte Arrieta.

Weitere Änderungen

Auf Antrag des Präfekts Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, sowie des Kardinalstaatssekretärs Pietro Parolin werden zudem – wie ebenfalls am heutigen Dienstag der Vatikan bekannt gab – einige Artikel im apostolischen Schreiben von Papst Johannes Paul II. mit Titel Sacramentorum Sanctitatis Tutela aktualisiert.

Das Schreiben behandelt die Vorschriften der Kirche zum Umgang mit als "schwerwiegend" klassifizierten Delikten. Diese unterstehen der Kongregation für die Glaubenslehre.

Die Änderungen, die 1. Januar 2020 in Kraft treten, verschärfen unter anderem die Definition von Kinderpornographie zu einem "schwerwiegenden Delikt" in allen Fällen, in denen Minderjährige betroffen sind.

Reaktion aus Deutschland

In einer ersten Reaktion begrüßte Bischof Stephan Ackermann von Trier die Entscheidung. Der Beauftragte der deutschen Bischofskonferenz für Fragen sexuellen Missbrauchs. "Die Instruktion ist der richtige Schritt in einem langen Prozess der Kirche, der von vielen Seiten als notwendig angesehen wurde. Beim Kinderschutzgipfel im Vatikan im Februar diesen Jahres ist das Thema von verschiedenen Seiten angesprochen worden."

Die heutige Entscheidung sei wichtig für eine größere Transparenz und für die verbesserte Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden, so Ackermann.

Hannah Brockhaus trug zur Bericherstattung bei.

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