Abt von Solesmes spricht mit Papst Franziskus über die alte Liturgie

Abtei Saint-Pierre de Solesmes
Bautsch / Wikimedia (CC0)

Anlässlich einer Konferenz aller regierenden Äbte des Benediktinerordens in Rom wurde Abt Geoffroy Kemlin von Solesmes am 5. September von Papst Franziskus empfangen, mit dem er insbesondere auch über die Einschränkung der überlieferten Messe sprach. Der Papst hatte die alte Liturgie in seinem Motuproprio Traditionis custodes im Juli 2021 neu geregelt.

Das Thema ist für den Abt insbesondere deswegen wichtig, weil zu seinem Klosterverband mehrere Klöster gehören, die nicht der neuen Liturgie folgen, die im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils eingeführt wurde (Messbuch von Paul VI.). Vielmehr folgen diese Klöster der traditionellen Liturgie, die bis zur Liturgiereform allgemeine Gültigkeit besaß (tridentinische Liturgie): Clear Creek in den Vereinigten Staaten und in Frankreich die Klöster Fontgombault, Triors, Randol, Wisques und Donezan.

Abt Geoffroy Kemlin OSB wurde am 17. Mai 2022 zum neuen Abt der Benediktinerabtei von Solesmes und damit auch Abtpräses der Kongregation von Solesmes, der gegenwärtig 24 Mönchsklöster und 8 Nonnenklöster auf der ganzen Welt angehören, gewählt.

Nach dem Treffen mit dem Papst führte Aleteia ein Interview mit Abt Geoffroy, der betonte, dass diese Begegnung für ihn „ein sehr schöner Moment“ gewesen sei. Der Papst sei „sehr väterlich und brüderlich“ zu ihm gewesen.

Der Papst habe ihn zu einigen Punkten aufgeklärt, womit er ihn zufriedenstellen konnte: In Bezug auf die Situation der Kongregation von Solesmes war seine Antwort: „Ich bin 2.000 Kilometer von deinem Kloster entfernt. Du bist ein Mönch, und Unterscheidungsvermögen gehört zu den Mönchen. Ich sage nicht ‚ja‘ oder ‚nein‘ zu dir, aber ich lasse dich selbst erkennen und deine Entscheidung treffen.“

Abt Geoffroy Kemlin sagte dazu: „So fühle ich mich sehr frei und beruhigt. Bei meiner Entscheidung weiß ich, dass ich tun werde …“ Er habe das Treffen „beruhigt und gestärkt in meiner Rolle als Abt“ verlassen, „um Situationen zu erkennen. Dieses Vertrauen des Heiligen Vaters ist sehr bemerkenswert.“

Auf die Feststellung von Aleteia, anders als Benedikt XVI. scheine Papst Franziskus weiter von der benediktinischen Klostertradition entfernt zu sein, antwortete der Abt: „Natürlich hatte Benedikt XVI. eine offensichtliche Sensibilität für den heiligen Benedikt. Aber die Päpste sind Teil einer Linie und jeder bringt eine kleine Note mit ein. Es wäre ein grober Fehler, einen Papst hervorzuheben oder abzulehnen, weil er seinen Vorgängern nicht ähnelt.“

Aleteia fragte, ob die Krise der Kirche in der Welt womöglich die Klöster verschone, in denen es doch noch gutes monastisches Leben gäbe. Darauf antwortet Abt Geoffroy Kemlin:

Mehr in Europa

In Solesmes sind wir uns dieser Krise vielleicht weniger bewusst. Unser Gästehaus ist voll und wir haben sonntags viele Menschen in der Messe. Aber das hat nichts mit den 1960er-Jahren zu tun, als man sich anmelden musste, um zur Messe zu kommen. Man hat mir erzählt, dass die Warteschlange bis auf die Straße reichte. Wir beobachten zwar keinen Rückgang der Besucherzahlen im Gästehaus, aber einen Rückgang bei den Anmeldungen. Die Berufungskrise war in den 1970er-Jahren, als wir als „konservative“ Klöster wahrgenommen wurden, nicht wirklich spürbar. Wir haben die Schandtaten der Zeit nach dem Konzil nicht erlebt. Aber ab den 1990er-Jahren ging es bergab. Im Jahr 1995 gab es vielleicht 25 Novizen; heute sind es 4. Insgesamt sind wir derzeit 42 Brüder. Das ist eine große Zahl, aber vor etwa 40 Jahren waren wir etwa 100. Das beunruhigt mich nicht. In der Geschichte gibt es, wie wir wissen, Schwankungen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es zum Beispiel nur sehr wenige Novizen. Und wenn wir in Europa von dieser Krise betroffen sind, gilt das nicht für andere Regionen der Welt, wie Afrika, wo sie nicht mehr wissen, wohin mit den Kandidaten.

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