"Der Schafstall ist verwüstet" – Kardinal Sarah im Kloster Weltenburg

Neues Buch des afrikanischen Prälaten vorgestellt – Kardinal Gerhard Müller mit Laudatio: Sarah ist ein "Missionar", der "tröstet und stärkt"

ardinal Robert Sarah bei der Vorstellung seines Buches "Herr bleibe bei uns. Denn es will Abend werden" am 21. November 2019 im Kloster Weltenburg.
ardinal Robert Sarah bei der Vorstellung seines Buches "Herr bleibe bei uns. Denn es will Abend werden" am 21. November 2019 im Kloster Weltenburg.
Rudolf Gehrig / CNA Deutsch
Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Verleger Bernhard Müller (fe-Medienverlag) und Kardinal Robert Sarah bei der Buchvorstellung im Kloster Weltenburg.
Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Verleger Bernhard Müller (fe-Medienverlag) und Kardinal Robert Sarah bei der Buchvorstellung im Kloster Weltenburg.
Rudolf Gehrig / CNA Deutsch
Kardinal Müller vor Gästen bei der Buchpräsentation im Kloster Weltenburg.
Kardinal Müller vor Gästen bei der Buchpräsentation im Kloster Weltenburg.
Rudolf Gehrig / CNA Deutsch
Kardinal Gerhard Ludwig Müller.
Kardinal Gerhard Ludwig Müller.
Rudolf Gehrig / CNA Deutsch

Am Donnerstagabend hat der guineisische Kardinal Robert Sarah sein neues Buch "Herr bleibe bei uns. Denn es will Abend werden" im Kloster Weltenburg vorgestellt. Vor fast 300 Gästen und Medienvertretern sprach der Kardinal dabei über die gegenwärtige Krise der Kirche in Europa.

Der Präfekt für die Gottesdienstordnung und die Sakramentendisziplin rief die Gläubigen mehrfach dazu auf, wieder zur Wurzel in Jesus Christus zurückzukehren.

Kardinal Gerhard Ludwig Müller feierte zu Beginn der Veranstaltung in der Kapelle des Klosters ein Pontifikalamt. In seiner Predigt erinnerte Müller an den Gedenktag Unserer lieben Frau von Jerusalem (CNA Deutsch hat den vollen Wortlaut der Predigt dokumentiert).

Bei der anschließenden Buchvorstellung begrüßte der Chef des Fe-Medienverlags, Bernhard Müller, die beiden Kardinäle. Es sei ein gutes Zeichen für den kürzlich in Bochum bei einem Vortrag ausgeladenen Kardinal Müller, "wenn ihm die Leute hier die Bude einrennen". Mit Kardinal Robert Sarah wiederum verbindet Bernhard Müller "eine lange Geschichte". Sarah sei für ihn zudem "eine der wichtigsten und freimütigsten Stimmen in der Katholischen Kirche".

Anschließend ergriff Gerhard Ludwig Müller das Wort. Er begreife es als eine "schöne Fügung", so Müller, dass Kardinal Sarah sein Buch ausgerechnet "in diesem uralten Kloster vorstellt, fernab von allen Metropolen und der Gesprächskultur und dem Lärm ihrer neuen Talkshows". Der frühere Präfekt der Glaubenskongregation sagte, Sarah sei ein Missionar, der "tröste und stärke"; seine zentralen Themen seien nicht Umweltschutz, Migrationspolitik oder Machtpositionen für Laien. Stattdessen mache er immer wieder deutlich, dass die Kirche keine NGO ist, die sich die "Agenda glaubensfeindlicher Ideologien" zu eigen machen müsste.

"Mit seiner Klarheit, das muss ich kaum betonen, ist er inzwischen eine einsame Stimme in der Katholischen Kirche geworden, auch unter den Hirten. Lautstärker machen neben ihm kirchliche Dokumente und Reform-Programme von sich reden, die die Kirche wieder näher an die Menschen bringen wollen und dabei den Namen Gottes bewusst vermeiden."

"Mit Ihrem neuen Buch", so sagte Müller abschließend an Kardinal Sarah gewandt, "lassen Sie uns so getröstet und gestärkt zurück, wie damals der Herr die Jünger von Emmaus, als sie 'mit brennenden Herzen' zurück nach Jerusalem eilten, um Petrus und die Apostel und all ihre Brüder und Schwestern im Glauben zu stärken."

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Kardinal Robert Sarah dankte Müller. Sie beide, so der Buchautor, "teilen die gleichen Sorgen": "Diese Krise ist tief, nicht nur in Deutschland." Während die Menschheit Fortschritte in der Technik und der Medizin mache, würde die Beziehung zu Gott zu sehr vernachlässigt werden. "Wir sind sehr selbstzufrieden", mahnte er, "uns macht es keinen Kummer mehr, dass wir den Glauben verloren haben." Stattdessen rede man in der Kirche viel lieber über politische Themen. 

Noch deutlicher wird Sarah in seinem Buch "Herr bleibe bei uns. Denn es will Abend werden". Dort zeichnet er ein düsteres Bild von der Kirche im westlichen Europa:

"Die Kirche scheint vom Geist des Atheismus durchdrungen. Hirten lassen ihre Schafe im Stich. Der Schafstall ist verwüstet... Vor uns tut sich ein Weg auf, der ins Nichts zu führen scheint. Wir gehen weiter, ohne zu verstehen, ohne zu wissen, wohin. Doch ein Wanderer ist mit uns unterwegs. 'Worüber redet ihr auf eurem Weg miteinander', fragt er. Und wir erzählen ihm von unserer Traurigkeit, von unserer Angst, von unserer Enttäuschung. Dann ergreift er das Wort und tadelt unseren mangelnden Glauben: 'Ihr Unverständigen, deren Herz zu träge ist, um das alles zu glauben. Musste nicht Christus all das erleiden, um so in seiner Herrlichkeit gelangen?'"

Sarah wurde auch gefragt, was er vom sogenannten "synodalen Weg" in Deutschland halte. "Es ist nicht verboten, eine Synode abzuhalten", gab er zur Antwort, schließlich könne eine Synode helfen, den Glauben zu vertiefen. "Wenn eine Synode darauf abzielt, die Glaubenslehre zu verändern, dann ist es keine Synode mehr." Doch letztlich gebe es keinen Weg aus der Krise ohne Neuevangelisierung:

"Christus ist der einzige Retter. Es gibt keinen anderen."

Immer wieder kam die Frage auf, wie Laien auf die teilweise herrschenden Verwirrungen reagieren sollten. "Ihr müsst euren Bischöfen folgen", antwortete Kardinal Robert Sarah, allerdings mit einer klaren Bedingung: "Wenn jemand eine andere Lehre verkündet, dann folgt ihm nicht."

Gleichzeitig sei eine Kirchenspaltung keine gute Grundlage für die Evangelisierung. Christus ist der einzige Weg und die einzige Richtlinie, betonte der Kardinal. Sollte ein Bischof davon abweichen, seien erneut die Gläubigen in der Pflicht: "Ihr habt dann die Aufgabe, euren Bischöfen zu sagen: 'Was ihr da sagt, ist nicht richtig'!"

Zum Schluss erinnerte der Kardinal in Anlehnung an sein 2016 erschienenes Werk "Kraft der Stille" daran, dass der Mensch Gottes Stimme erst dann hören könne, wenn er lerne zu schweigen.

Kirchliche Mega-Events, die den Fokus auf das sinnliche Erfahren des Glaubens setzen, seien zwar nicht grundsätzlich abzulehnen, wenn diese aber das reine Gefühlsempfinden überbetonen sollten, könne dies den Weg zu Gott versperren. "Sind wir wirklich da, um Gott zuzuhören? Wir behaupten oft, dass es der Heilige Geist ist, der da wirkt." Und dann, nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: "Aber ich bin mir nicht sicher."

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