Frankfurt: Gericht erlaubt Gebetsversammlungen vor Abtreibungsorganisation

Justitia (Illustration)
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Felix Böllmann, Rechtsanwalt und Menschenrechtsexperte bei ADF International.
Felix Böllmann, Rechtsanwalt und Menschenrechtsexperte bei ADF International.
ADF International
Pavica Vojnović, die Leiterin der „40 Tage für das Leben“- Gruppe in Pforzheim.
Pavica Vojnović, die Leiterin der „40 Tage für das Leben“- Gruppe in Pforzheim.
ADF International

Eine 40-Tage-für-das-Leben-Gebetsgruppe hat sich im Jahr 2020 rechtmäßig vor der Frankfurter Filiale der Abtreibungsorganisation Pro Familia versammelt – so entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main in einem am 16. Dezember veröffentlichten Urteil.

Die von der Stadt Frankfurt angeordneten räumlichen und zeitlichen Beschränkungen der Pro-Life-Versammlungen in der Nähe der Abtreibungsorganisation wurden für rechtswidrig befunden. Das Gericht bekräftigte das Recht auf freie Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit. Pavica Vojnović, Leiterin einer 40-Tage-für-das-Leben-Gruppe in Pforzheim, begrüßte die Entscheidung, nachdem sie kürzlich die Zulassung zur Berufung in ihrem Fall erhalten hatte, der ähnliche Rechtsfragen betrifft.

Felix Böllmann, Rechtsanwalt bei ADF International, einer Menschenrechtsorganisation, die Vojnovićs Fall unterstützt, sagte dazu: „Wir begrüßen die Entscheidung des Frankfurter Gerichts, die das Recht auf Rede-, Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit schützt. Menschen, die sich für den Schutz des Rechts auf Leben einsetzen, dürfen nicht daran gehindert werden, diese Freiheiten friedlich am Ort ihre Wahl auszuüben. Das Urteil sendet ein positives Signal. Wir hoffen, dass auch die mit ähnlichen Fällen, wie dem von Frau Vojnović, befassten Gerichte diesem Beispiel folgen werden.“

Ein positives Urteil für die Meinungsfreiheit

Die Entscheidung des Gerichts in Frankfurt ist ein positives Beispiel für weitere Fälle, in denen um das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit gerungen wird. In seiner Urteilsbegründung bekräftigte das Gericht, dass das Grundgesetz den Grundrechtsträgern das Recht garantiert, Ort, Zeit, Art und Inhalt ihrer Versammlung zu bestimmen. Das Argument der Stadt Frankfurt, Frauen dürften in der Öffentlichkeit nicht mit bestimmten Botschaften konfrontiert werden, wies das Gericht in aller Deutlichkeit zurück: „Für einen solchen Konfrontationsschutz vor nicht gewünschten anderen Ansichten besteht in der vorgegebenen Rechtsordnung kein Raum.“

Der Fall Pforzheim

Ende November hatte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim (Baden-Württemberg) entschieden, die Berufung im Verfahren gegen das Verbot stiller Gebetsversammlungen in der Nähe einer Abtreibungsorganisation in Pforzheim zuzulassen. Im Mai dieses Jahres hatte das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage von Pavica Vojnović auf Aufhebung der Beschränkungen für die Gebetswachen ihrer Gebetsgruppe abgewiesen. Vojnović, die Leiterin der „40 Tage für das Leben“- Gruppe in Pforzheim, Deutschland, hatte das Verbot unter Berufung auf das Recht auf Religions-, Versammlungs- und Redefreiheit angefochten. Ihrer Gruppe ist es derzeit untersagt, sich in Hör und Sichtweite einer Pro Familia-Abtreibungsberatungsstelle zum friedlichen Gebet zu versammeln. Experten begrüßten die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim, der eine rechtsstaatlich gebotene Sachverhaltsermittlung forderte.

„Es ist ermutigend, dass das Gericht die Berechtigung des Anliegens sieht. Wir hoffen, dass es diese Gelegenheit nutzen wird, um die Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit zu wahren. Mit der Abweisung der Klage hat die Vorinstanz diese Rechte als nachrangig klassifiziert, obwohl sie Grundlage jeder freien und fairen Demokratie sind. Dass die Pforzheimer Behörden selbst das stille Gebet in der Nähe der Abtreibungsberatungsstelle verboten hatten, ist nicht verhältnismäßig. Unabhängig davon, ob man Frau Vojnovićs Ansichten inhaltlich teilt oder nicht: Darüber, dass die Grundrechte auf Meinungs-, Religions- und Versammlungsfreiheit den Schutz des Grundgesetzes genießen, sollte Einigkeit bestehen“, sagte Böllmann.

Zensur des öffentlichen Gebetes

Pavica Vojnović, die Leiterin der Gebetsgruppe, war schockiert, als sie 2019 erfuhr, dass die örtliche Behörde ihrer Gruppe plötzlich die Auflage erteilte, ihre Gebetsmahnwachen außerhalb der Sicht- und Hörweite der Abtreibungsorganisation abzuhalten. Zweimal im Jahr hatten sich dort zuvor etwa 20 Menschen versammelt, um für Frauen zu beten, die eine Abtreibung erwägen. Ebenso beteten sie für ihre ungeborenen Kinder. Die Gebetsmahnwachen fanden 40 Tage lang statt – still und friedlich. Vojnović und ihre Gruppe hinderten niemanden daran, das Gebäude zu betreten, noch blockierten sie den Fußweg in der Umgebung. Dennoch gestattete die Gemeinde ihr nicht mehr, in der Nähe der Einrichtung zu beten.

Die Gebetsinitiativen verliefen durchgehend friedlich. Die Polizei beobachtete die Gebetsmahnwachen und konnte keine Verstöße gegen geltendes Recht feststellen; dennoch verlangte die Leitung der Abtreibungsberatungsstelle, dass die Gebetsmahnwachen außerhalb der Sicht- und Hörweite stattfinden oder ganz verboten werden sollten.

„Jedes Leben ist wertvoll und verdient Schutz. Ich bin traurig, dass wir daran gehindert werden, schutzbedürftige Frauen und ihre ungeborenen Kinder im Gebet zu unterstützen. Unsere Gesellschaft muss Müttern in schwierigen Situationen bessere Unterstützung bieten. Es geht hier um mehr als unsere Gruppe in Pforzheim, nämlich auch darum, ob „gebetsfreie-Zonen“ staatlich angeordnet werden dürfen, oder ob man im öffentlichen Raum unterschiedliche Meinungen vertreten darf. Deshalb möchten wir weitermachen“, so Pavica Vojnović, die mit Unterstützung der Menschenrechtsorganisation ADF International weiterhin vor Gericht um die Wiederherstellung ihrer Grundrechte auf Religions-, Versammlungs- und Redefreiheit kämpft.

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